Klimakompromiss der GroKo: Öko doch möglich

Weder Kohleausstieg noch ökologische Verkehrswende sind in Sicht. Doch der Klimakompromiss ist ein Anfang.

Die SPD Parteispitze auf dem Parteitag im Dezember

Ökologische Kurskorrektur der SPD? Olaf Scholz und Manuela Schwesig war das egal Foto: Emmanuele Contini/imago

Ein schrottreifer Diesel-Golf wird auch nach ein paar Tagen in der Werkstatt kein emmissionsfreier, smarter Elektroflitzer. Er fährt wieder, stinkt aber immer noch. So ist es auch mit dem Klimakompromiss zwischen Bund und Ländern, der am Montag bekannt wurde. Die Umweltverbände haben recht, wenn sie ihn als unzureichend kritisieren. Er verbessert das fahrlässig dürftige Maßnahmenpaket der Bundesregierung, reicht aber bei Weitem nicht aus.

Ein Einstiegspreis von 25 Euro pro Tonne Kohlendioxid, auf den sich VerhandlerInnen von Union, SPD und Grünen einigten, ist zu wenig, um die Klimaschutzziele zu erreichen, zu denen sich Deutschland verpflichtet hat. Erst bei 40 Euro steuern VerbraucherInnen und Wirtschaft um. Dennoch wäre es falsch, den Kompromiss in Gänze zu verdammen. Der nun beschlossene Preispfad kommt zumindest „in die Nähe dessen“, was die Wirtschaftsforschung als ökonomisch wirkungsvoll empfohlen hatte – so drückt es der angesehene Klimaökonom Ottmar Edenhofer aus. Anders gesagt: Ein solches Ergebnis kommt dabei heraus, wenn Furcht vor engagiertem Klimaschutz (Groko) auf moderaten, für die bürgerliche Mitte erträglichen Ehrgeiz (Grüne) trifft.

Der Schritt in die richtige Richtung ist deshalb ein Erfolg für die Grünen. Ihnen ist es zu verdanken, dass die deutsche Politik, die sich bisher vor allem durch Nichtbewältigung der Menschheitskrise Klimawandel hervortut, langsam umsteuert. Das Ganze wirkte wie ein Vorgeschmack auf schwarz-grüne Koalitionsverhandlungen. CDU-Ministerpräsidenten waren dem Vernehmen nach offener für die Erhöhung des CO2-Preises als die SozialdemokratInnen. Eine solche Koalition wäre in Sachen Klimaschutz progressiver als die ermattete Groko.

Auch ein anderes Detail ist bemerkenswert: Die ökologische Kurskorrektur, auf die die neuen SPD-ChefInnen Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans drängen und die der SPD-Parteitag neulich beschloss, spielte offenbar keine Rolle. So sollen sich zum Beispiel Manuela Schwesig und Olaf Scholz keinen Deut um die neue Linie geschert haben – und munter weiter blockiert haben. Ein Parteitagsbeschluss macht also noch keine ergrünte SPD. Das alte Denken ist zäh und sehr lebendig.

Ein zarter Anfang ist gemacht, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der Kohleausstieg ist nicht vollzogen, eine ökologische Verkehrswende nicht in Sicht, von einer Agrarwende ganz zu schweigen. Doch das Signal, das von dem Kompromiss ausgeht, ist ein positives: Druck wirkt. Die unwilligen Parteien haben sich auch deshalb bewegt, weil sie den Protest aus der Zivilgesellschaft gegen ihre Arbeitsverweigerung spürten.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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