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Klimabewegung besetzt HochschuleWer ernst nimmt, muss ernst machen

Adefunmi Olanigan
Kommentar von Adefunmi Olanigan

Seit Dienstag werden in Berlin und deutschlandweit Hochschulen besetzt. Die Universitäten müssen über Publicity Stunts hinaus handeln.

Hier wird Klimakrise gelehrt: Besetzter Hörsaal an der HU Foto: taz

A uf die Besetzung von Universitätsräumen hat die Hochschulleitung zwei Möglichkeiten zu reagieren: Mit Polizeigewalt die Studierenden abführen – oder das Gespräch suchen. Seit Dienstag haben Studierende ihre Schlafsäcke im Emil-Fischer Hörsaal der Humboldt Universität (HU) ausgebreitet. Kein Einzelfall: Deutschlandweit wurden diese Woche Hochschulen von der Gruppe End Fossil: Occupy und ihren Bündnispartnern besetzt.

Mit einem eigenen Lehrprogramm wollen die Studierenden noch bis mindestens Samstag den Saal belegen – solange gestattet es das Rektorat bislang. Sowohl von den Universitäten als auch von der Politik fordern sie stärkere Bemühungen gegen die Klimakrise.

Reden ist silber, Handeln ist gold

Kommen Hochschulrektorate den Ak­ti­vis­t*in­nen entgegen, ist das ehrenswert. Anders als an einer Münchner Universität lässt sich die HU auf Gespräche mit den Studierenden ein: Die Hochschulleitung will sie ernst nehmen. Die Sorgen der eigenen Studierenden anzuerkennen, ist absolut notwendig für Universitäten. Sie sind ein demokratischer Raum, in dem auch Studierende eine Stimme haben. Allzu oft wird die studentische Meinung übergangen.

Nicht über alle Forderungen können die Universitäten entscheiden. Einen Schuldenschnitt für den globalen Süden oder „RWE enteignen“ ist Aufgabe des Bundes. Doch die Hochschulen müssen ins Handeln kommen; sie müssen die Studierenden nicht nur ernst nehmen, sondern selbst ernst machen.

Auch die Uni kann in Klimafragen was tun

Ak­ti­vis­t*in­nen mit einem Satz wie: „Grundsätzlich ist euer Engagement wichtig“ abzuspeisen, reicht nicht aus. In Klimafragen ist die HU vielen anderen Universitäten voraus, es gibt ein Nachhaltigkeitsbüro, eine Ringvorlesung zu Nachhaltigkeit und ein Konzeptpapier für „eine strukturelle Verankerung von Nachhaltigkeit“. Die Be­set­ze­r*in­nen der HU fordern dieses umzusetzen.

Ein wichtiger Schritt der Humboldt Universität wäre jetzt, einen konkreten Zeitplan zu erstellen, der in regelmäßigen Treffen erarbeitet wird. Damit könnte der Mikrokosmos Uni, Vorbild sein für die Aushandlungsprozesse auch auf Landes- oder Bundesebene.

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Adefunmi Olanigan
Volontärin
Seit April 2023 taz Panter Volontärin. Vorher Biochemie studiert. Schreibt gerne über Wissenschaft, Gesundheit und soziale Ungleichheit. Aktuell im Berlin Ressort.
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9 Kommentare

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  • Die Universitäten machen ihren Job insbesondere in Forschung und Lehre, im übrigen genau für zu diesem Thema. Besser und nachhaltiger als alle Hörsaalbesetzer und Nachhaltigkeitsbüros es tun. Beispiel: www.ceec.uni-jena....forschungsprojekte

    • @Hans aus Jena:

      So isset!

  • Eine Woche später:



    deutschlandweit Unis besetzt? Wenn ja, scheint das unter strikter Geheimhaltung zu verlaufen.

    Davon ab, es gibt sogar Unis, da ist das Nachhaltigkeitsbüro nicht eine studentische Initiative, sondern wird von der Uni getragen.



    Aber was ist der output? Empfehlungen zum Standby Abschalten, Druckerpapier sparen, Heizungen runter, E-Räder für Dienstwege etc. Braucht s dafür ein Büro? Die wirklichen Brocken, Isolierung von Gebäuden, neue Heizungsformen - das kann eh keine Uni selber tragen.

  • Die Unis und Schulen haben Inder Pandemie genug gelitten , jetzt wo der Betrieb so langsam wieder voll läuft die Unis zu blockieren ist völlig daneben ! Aber was kann man von der LG erwarten, Bäume fällen , Kunst beschmieren das wird sicher dem Klima helfen… Vor allem bringt es die Bürger gegen die Klimaschützer auf , das ist gut wenn man die Mitte der gesellschaft erreichen will!! (Ironie aus)

  • Mir scheint, hier zieht sich die LG in die eigene Blase zurück. Junge belehren Junge, nachdem ihnen die "Alten" reihenweise den ...finger ob ihrer Nervigkeit zeigen. Jetzt stört man den regelrechten Lehrbetrieb, nachdem die Störungen des Berufsverkehrs ohne gewünschte Wirkung geblieben sind. Und welchen Nutzen hat das Ganze jetzt substanziell für den Klimaschutz?

    • @Trabantus:

      Weiß nicht wie das jetzt so ist, aber mit dem Heizungsflat im Studentenwohnen war bei vielen die Heizung immer auf max, würde es zu warm kippte man das Fenster. Sehe da also schon Potential:D

    • @Trabantus:

      Der Sinn ist nach wie vor der gleiche und dieser ist auch nicht so schwer zu verstehen: es geht darum, dass politische und nicht-politische Institutionen endlich ihren Pflichten zum Klimaschutz nachkommt. Und auch im Artikel ist es sehr schön beschrieben: "Damit könnte der Mikrokosmos Uni, Vorbild sein für die Aushandlungsprozesse auch auf Landes- oder Bundesebene."



      Man muss nur wollen.

      • @AlexMasterP:

        Wissen Sie, ich ignoriere weder den Klimawandel, noch bestreite ich den Sinn des Klimaschutzes. Nur erschließt sich mir nicht der Sinn der Störung z.B. des regulären Lehrbetriebes. Mit dem Begriff Mikrokosmos ist die Wirksamkeit solchen Treibens wunderbar bildhaft beschrieben.

  • Na also. Es geht doch! Und es ist nur richtig und gut, dass die Unis endlich mit einbezogen werden. Hoffentlich sind die auch wirklich an dem Thema interessiert und machen das Ganze nicht zu einer Show ohne Konsequenzen , so wie manche Partei das praktiziert. Gell Volker??