Kleine Anfrage der CDU/CSU: Wie politisch darf ein Sportverein sein?
Die Modernisierung der Gemeinnützigkeit ist in der vergangenen Wahlperiode genauso versandet wie das Demokratiefördergesetz. Das rächt sich nun.
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Wenn eine Organisation als gemeinnützig gilt, muss sie weniger Steuern zahlen. Und auch Steuerzahler:innen können ihre Spenden an die Organisation absetzen. Welche Zwecke gemeinnützig sind, hat der Gesetzgeber in der Abgabenordnung aufgelistet, unter anderem Kultur, Sport, Wissenschaft, Brauchtumspflege, Umweltschutz, Hilfe für Flüchtlinge.
Auch politische Bildung ist gemeinnützig. Allerdings zählen politische Kampagnen nicht zur politischen Bildung, entschied der Bundesfinanzhof 2019 in einem Grundsatzurteil. Die globalisierungskritische NGO Attac hatte sich erfolglos gegen die Aberkennung ihrer Gemeinnützigkeit gewehrt. Das Urteil führte bei Nichtregierungsorganisationen zu großer Verunsicherung, auch wenn bisher die befürchtete breite Welle von Gemeinnützigkeits-Aberkennungen ausblieb.
Immerhin formulierte das Finanzministerium 2022 in einem Anwendungserlass zur Abgabenordnung, es sei „nicht zu beanstanden, wenn eine steuerbegünstigte Körperschaft außerhalb ihrer Satzungszwecke vereinzelt zu tagespolitischen Themen Stellung nimmt“. In Klammern fügte es ein: „z. B. ein Aufruf eines Sportvereins für Klimaschutz oder gegen Rassismus“. Eine gesetzliche Klarstellung in der Abgabenordnung kam aber nicht zustande. Darauf weist jetzt auch die CDU/CSU hin und stellt die Rechtmäßigkeit des Erlasses in Frage.
Gescheitert ist die Ampelkoalition auch mit dem sogenannten Demokratiefördergesetz. Initiativen gegen Rassismus und Extremismus sollten langfristige Förderzusagen erhalten und nicht jedes Jahr bangen müssen, ob die Förderung fortgeführt wird. Das Bundeskabinett beschloss im März 2023 zwar einen Gesetzentwurf, der aber trotz zunehmendem Antisemitismus versandete.
Die CDU/CSU postuliert, dass sich staatlich geförderte Projekte politisch neutral verhalten müssen. Das ist aber umstritten. Eigentlich gilt die vom Bundesverfassungsgericht postulierte Neutralitätspflicht nur für den Staat selbst. So darf die Bundesregierung nicht zu Anti-AfD-Demos aufrufen.
Allerdings hat der sächsische Landesrechnungshof in einem Sondergutachten Anfang 2024 die These aufgestellt, die Landesregierung dürfe ihre eigene Verpflichtung zur politischen Neutralität nicht dadurch umgehen, dass sie zivilgesellschaftliche Gruppen finanziert, die dann andere Parteien auf eine Art und Weise angreifen, die dem Ministerium selbst verboten ist. Ein Gegengutachten des Mainzer Rechtsprofessors Friedhelm Hufen kam dagegen zum Schluss, dass staatlich geförderte Projekte durchaus die AfD kritisieren dürfen.
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