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Katar bestellt deutschen Botschafter einFaeser hatte die WM kritisert

In einem Interview hat Nancy Faeser gesagt, die WM wäre besser nicht an Katar vergeben worden. Nun wurde der deutsche Botschafter einbestellt.

Nach der Kritik von Nancy Faeser hat Katars Außenministerium den deutschen Botschafter einbestellt Foto: Christian Mang/Reuters

Doha/Berlin reuters/dpa | Katars Außenministerium hat am Freitag den deutschen Botschafter einbestellt und ihm eine Protestnote zu den Äußerungen von Innenministerin Nancy Faeser über die Fußball-WM 2022 in seinem Land übergeben. Die Ministerin hatte zuvor in einem ARD-Interview die Menschenrechtslage in Katar und die Vergabe der Weltmeisterschaft an das Land kritisiert. Im Auswärtigen Amt wurde die Einbestellung auf Anfrage bestätigt.

Ab dem 20. November findet in dem Golf-Staat die Weltmeisterschaft statt, die sowohl wegen des Termins Ende des Jahres als auch wegen Menschenrechtsvorwürfen gegen das Land umstritten ist. Beim Bau der Stadien starben zahlreiche Arbeiter.

Laut einer im Februar 2021 erschienenen Recherchen des Guardian starben seit 2011 mindestens 6.750 Arbeitsmigranten. Die Rechercheergebnisse umfasste nicht alle Herkunftsländer.

Kanzler Olaf Scholz hatte bei seinem Besuch in Katar von Fortschritten bei der Behandlungen der Beschäftigten gesprochen, auch wenn die Zustände in Katar nicht den deutschen entsprächen.

Kritik im ARD-Interview

Am 31. Oktober will Faeser zusammen mit der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Luise Amtsberg, den sportpolitischen Sprechern der Bundestagsfraktionen sowie einer DFB-Delegation um Präsident Bernd Neuendorf nach Katar reisen. Sie will sich nach Angaben des Innenministeriums mit Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft, sowie Innenminister Scheich al-Thani treffen.

Am Donnerstag hatte sie in der ARD gesagt auf die Frage der Vergabe der Weltmeisterschaft an Katar gesagt: „Es gibt Kriterien, an die sich gehalten werden muss und dann wäre es besser, dass das nicht in solche Staaten vergeben wird.“ Als Kriterien benannte sie die Einhaltung von Menschenrechten und Nachhaltigkeitsprinzipien.

In Katar wolle Feaser die Meinung der Zivilgesellschaft hören, ob Fortschritte erzielt worden seien und von ihrer Reise auch abhängig machen, ob sie sich Spiele der vom 20. November bis 18. Dezember dauernden WM anschaut. „Ehrlich gesagt hat man natürlich mehr Lust auf Fußball-Weltmeisterschaft, wenn sie im Sommer stattfindet und zu Abendzeiten“, sagte sie.

Der WM-Gastgeber steht regelmäßig wegen Menschenrechtsverstößen in der Kritik. Der Emir von Katar, Tamim Bin Hamad Al Thani, hatte in dieser Woche beklagt, das Land sehe sich einer beispiellosen Kampagne ausgesetzt, die noch kein Gastgeberland jemals erlebt habe.

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17 Kommentare

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  • Vielleicht sollte man erst mal vor der eigenen Haustüre kehren:

    Z.B.: Seit Bestehen der BRD ist für keinen der durch deutsche Polizisten verübten Morde jemals einer dieser Polizisten zur Rechenschaft gezogen worden.

    Aber lieber zeigt man natürlich auf die pösen, pösen Anderen: je schlechter die dastehen, desto besser wähnt man sich selber ...

  • Ich verstehe die Aufregung nicht. Im Namen des Fußballs ist doch alles erlaubt. Oder etwa nicht?



    Besoffene Pöbler in öffentlichen Verkehrsmitteln, nächtliche Ruhestörung, Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung sind da ja noch die harmlosen Dinge bei WM/EM. Wenn man die FIFA als mafiös und korrupt bezeichnet, liegt man vermutlich nicht wirklich falsch.



    Katar ist die Spitze des Kommerzballeisberge, der bei vielen so eine Art Heiligenstatus hat. Bloss nicht daran rühren, das wäre Blasphemie.

  • Banal.

    Katar ist ein Staat, der Terroristen unterstützt hat, der eine sehr dubiose Außenpolitik betreibt, der Europa islamisieren will.

    Vor allem: Katar unterdrück die legtimen Interessen von Arbeitnehmerinnen auf ganzer Linie. Es gibt in diesem Land für 90 Prozent der Arbeitskräfte keine Möglichkeit, einen Streik durchzuführen, einer Gewerkschaft beizutreten oder überhaupt mit einem Arbeitgeber ein Thema zu besprechen. Es ist ein klassischer Sklavenhalterstaat. Ein Land ohne Arbeitnehmerrechte.



    Ausländerrecht ist dort Arbeitnehmerrecht. Wer nicht pariiert, kommt direkt in Abschiebehaft. Es ist wenig bekannt, wie es den Abgeschobenen oder den Menschen in solcher Abschiebehaft ergeht. Katarische Behörden sind intransparent bis unter die Decke, weil das Land einer Gruppe gehört, die von den Staatsbürgern einen durchaus hohen Anteil bilden. Und das wird genutzt, um zu unterdrücken.

    Dann gibt es noch private Menschen, die es toll finden, Geld an Gruppen in Syrien zu geben, damit die dort kämpfen. Katar hat viel zur Militarisierung des Konflikts in Syrien beigetragen, weil das von der Regierung positiv gesehen wird. Ähnlich verhält es sich mit den Taliban, auch sie haben ihre Führsprecher in Katar. Dass die Taliban ethnische Minderheiten aufreiben, töten, vertreiben und Afghanistan ethnisch-religiös reinigen, finden sie in Katar gut.

    So ein Land darf nicht international zum Ort von Sportereignissen werden, die nur das übertunchen sollen, was ich hier oben geschrieben habe.

  • Sport ist Mord, habe ich seinerzeit meinem Sportlehrer als in dieser Hinsicht völlig unambitionierter Schüler entgegengeschleudert … hätte ich damals ahnen können, dass das mit Blick auf die Fußball-WM in Katar absolut zutrifft?

  • Sagt der Scheich zum Emir, jetzt zahl'n wir und dann gehn wir, sagt der Emir zum Scheich: Gehn wir lieber gleich.

  • Sagt der Scheich zum Emir, jetzt zahl'n wir und dann gehn wir, sagt der Emir zum Scheich: Gehn wir lieber gleich.

  • Faeser? ...find ich gut!



    Ich glaube, ich werde mir einfach mal KEIN Spiel anschauen.

    • @Philippo1000:

      Ja, das ist das Gebot der Stunde!



      Boykott!

      • @Andreas_2020:

        Klar Boykott- bei mindestens 6.000 Toten - Arbeitern durch die Bauarbeiten laut Welt. Da kann keine Freude am Fußball mehr aufkommen. Da wäre ein zuschauen einfach nur schäbig..



        Wirklich sehr traurig 😢

  • Ich befürchte die Welt schaut doch kritiklos zu, wenn die WM gestartet ist. Die vielen "ich schau nicht zu "- Boykotte werden sich in Luft auflösen, wenn die Mannschaften kicken. Ich hoffe auf wenig Zuschauer-Resonanz, damit schlechte Einschaltzahlen und enttäuschte Sponsoren. Nur so funktioniert es. Nur so kann auch den Funktionären klar gemacht werden, dass man uns nicht jeden Mist vorsetzen kann. Aber wie gesagt, der Wille und das Fleisch...

  • Will der Emir gegenüber dem deutschen Botschafterler Besserung geloben oder was soll die Einbestellung ?



    Tja, da sollte der Emir mal ganz fix die Zustände bezüglich der Einhaltung der Menschenrechte zum positiven ändern.



    Die Weltbevölkerung schaut ebend nicht mehr Kritiklos zu , wenn in Staaten wie z. B. Katar massiv gegen Menschenrechte verstoßen wird !



    Läuft dann bald alles besser, dann gibt's auch weniger Kritik.

    • @Alex_der_Wunderer:

      Vielleicht erinnern Sie sich an die Abhängigkeiten von den Golfstaaten?

      Die Zeit, in denen Europa den Ton angab, sind vorbei.

      • @rero:

        Europa hat mal den Ton angegebenen ?



        Wann denn ? Gegenüber wem denn ?

      • @rero:

        Die Golfstaaten befinden sich ja gleich in mehrfacher Hinsicht in einer Komfortzone, die es ihnen erlaubt, auf Demokratie-Standards und Menschenrechte zu pfeifen … einmal aufgrund der wirtschaftlichen Verquickungen mit dem globalen Norden - was Sie ja schon erwähnten -, zum anderen wegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit bestimmter Länder des globalen Südens, die den Golfstaaten als unbegrenztes Arbeitskräftereservoir zur Verfügung stehen. Ein Aufmucken ist daher aus beiden Richtungen nicht zu erwarten, also können die Scheichs und Emirs munter weitermachen wie bisher.



        Neogrüne Baerbocksche Menschenrechts-Kraftmeierei mit entsprechenderAndrohung von Konsequenzen haben daher nur Putin-Russland, China und die ihnen assoziierten Schurkenstaaten wie aktuell der Iran zu befürchten.



        Soll ich’s noch mal und immer wieder wiederholen? Westliche Doppelstandards … und deshalb kann der Kampf gegen die Feinde der Demokratie nicht gewonnen werden.

        • @Abdurchdiemitte:

          Ich halte das Argument der Doppelstandards für zu billig.

          Der Punkt ist, dass eben die deutsche oder die europäische Außenpolitik kaum noch die Macht hat, massiv Einfluss auszuüben.

          Das funktioniert nur noch als konzertierte Aktion in besonderen Fällen, wie etwa der Einmarsch in ein anderes Land.

          Da gelten schon etwa die gleichen Standards.

          Mehr kann man nicht durchsetzen.

          Die Verhältnisse haben sich geändert. Das ist Dekolonisation.

          Mit Kampf gegen die Feinde der Demokratie ist eben nichts mehr.

          In welcher Weltregion hat man denn Europa oder Deutschland noch als Vorbild?

          Die meisten Länder außerhalb Europas nehmen Deutschland wie die EU als schwach und dekadent war.

          Putins Meinung dürfte da recht verbreitet sein.

          Auch die Katarer werden das in etwa so sehen.

          • @rero:

            Man könnte fast annehmen, Sie meinen den Katarern ist es egal, wie die Gastarbeiter für die Bauarbeiten in Katar, untergebracht sind und mit wenig Verdienst abgespeist wurden. In etwa so, wie bei uns die Tönnis Leiharbeiter, wo Herr Gabriel und unsere Regierung ja wohl mit mindestens 300 Augen weggesehen haben ? Bin mir etwas unsicher, aber vielleicht...

          • @rero:

            Haben Sie sich schon einmal gefragt, wieso Europa und Deutschland in der Welt als so schwach wahrgenommen werden? Wenn es so ist, hat das vielleicht mit der (beinahe) bedingungslosen Unterordnung gegenüber dem geopolitischen Konzept des Transatlantizismus zu tun? Nur eine Frage.



            Klar sind Europa und besonders Deutschland bisher gut damit gefahren und haben davon profitiert … aber es zeichnen sich erste Risse ab und Trump ist das Menetekel an der Wand.



            Äthiopien, Jemen, aber auch Armenien/Berg-Karabach … Kriege, die im Westen keine Wurst interessieren, passen halt (trotz Hunderttausender Toter allein im Jemen: de.m.wikipedia.org...m_Jemen_seit_2015) nicht ins aktuelle Konfliktschema und es besteht keine Aussicht - anders als in der Ukraine -, sich mit Ruhm zu bekleckern.



            Oder es sollte offen ausgesprochen werden, dass es auch in der Ukraine in erster Linie um geostrategische Interessen geht … das wäre ehrlicher.