Kanzlerkandidatur von CDU/CSU: Die nackte Angst geht um

Wer wird's? Trotz Konkurrenz betonen Laschet und Söder ihre Gemeinsamkeiten. Doch für die Union gibt es in der K-Frage keine gute Lösung mehr.

Armin Laschet und Markus Söder mit Maske im Flur nebeneinander

Beide wären ein Risiko: Kanzlerkandidat-Kandidaten Armin Laschet und Markus Söder am Sonntag Foto: Michael Kappeler / dpa

Egal, ob es am Ende Armin Laschet wird, was nach wie vor wahrscheinlicher ist, oder ob Markus Söder seine nach langem Zögern erklärten Ambitionen in eine Kanzlerkandidatur ummünzen kann: Für die Union gibt es keinen guten Weg mehr aus dem Dilemma, das die K-Frage aufwirft. Dafür ist die Lage zu verfahren.

Es gehört zum Spiel, dass beide Interessenten nun das Gemeinsame betonen. Inhaltlich gebe es große Übereinstimmungen, säuselt Laschet. Es werde keine Entscheidung „auf Biegen und Brechen“ geben, fügt Söder hinzu. Und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betont, dass die Union mit den beiden „zwei herausragende Optionen“ habe.

Zwei herausragende Optionen? Armin Laschets Standing in der Bevölkerung ist so brüchig wie eine durchschnittliche Autobahnbrücke in Nordrhein-Westfalen. Eine aktuelle Umfrage bescheinigt seiner NRW-CDU massive Einbrüche. Nur jeder vierte Wahlberechtigte in NRW ist mit seiner Arbeit als Ministerpräsident zufrieden – oder hält ihn für einen guten Kanzlerkandidaten. Laschet ist kein Zugpferd, sondern ein Risiko. Hebt die Union ihn auf den Schild, könnte sie das das Kanzleramt kosten, auf das sie in ihrer Selbstwahrnehmung ein gottgegebenes Anrecht hat.

Und Markus Söder wäre keinesfalls der Retter in der Not, als der er sich anbietet und vielen Christdemokraten plausibel erscheint. Sein Corona-Management in Bayern ist Mittelmaß, nur schafft er es, dies mit vermeintlicher Entschiedenheit besser zu überspielen als andere. Sein Werben für mehr Klimaschutz wird durch fehlende Taten konterkariert. Und ob ein Franke im Norddeutschen Tiefland wirklich zieht, ist eine aus Sicht der CDU bestürzend offene Wette.

Beide hätten eine verunsicherte Union hinter sich

Die zwei Kanzlerkandidaten aus der CSU in der bundesdeutschen Geschichte, Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber, scheiterten 1980 und 2002 bekanntlich. Was in Bayern funktioniert, funktioniert im Rest der Republik noch lange nicht.

Auch hätten beide eine verunsicherte Union hinter sich, die kaum noch weiß, wofür sie steht. Ein Kandidat Laschet müsste mit der Hypothek leben, dass selbst die eigenen Leute an ihm zweifeln. Und ein Kandidat – und möglicher Kanzler – Söder wäre eine dauerhafte Demütigung für die CDU, die es mit ihrem Selbstbild nicht vereinbaren kann, sich dem Chef der kleinen Schwester unterzuordnen. Ebenso würde er das Geschäftsmodell der CSU beenden, immer ein bisschen Opposition in der Regierung zu spielen. Beides dürfte für unschöne Effekte sorgen.

Wenn Laschet und Söder nun eine baldige Einigung versprechen, kann das nicht übertünchen, welches Chaos in der Union herrschte. Abgeordnete machten im Alleingang ihre Präferenz öffentlich, die Fraktion pochte auf ihr Mitspracherecht, CDU-Granden mahnten zu mehr Tempo. In der Union geht die nackte Angst um. Denn beide Lösungen sind mit etwas verbunden, was CDU und CSU hassen: einem sehr realen Risiko zu verlieren.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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