Käthe-Kollwitz-Museum in Berlin: Zum Geburtstag der Rausschmiss

2017 wird der 150. Geburtstag von Käthe Kollwitz groß gefeiert. Im Kollwitz-Museum in Charlottenburg ist die Stimmung aber schlecht: Es soll umziehen.

Skulptur von Kollwitz

Wurde auch schon mit Spätzle bedacht: Skulptur von Käthe Kollwitz in Prenzlauer Berg Foto: dpa

Das Käthe-Kollwitz-Museum in Charlottenburg zeigt derzeit eine Sonderausstellung zum 150. Geburtstag der bedeutenden Künstlerin. Ihr Titel: „Käthe Kollwitz und ihre Freunde“. Ob Bernd Schultz noch zu den Freunden von Käthe Kollwitz gehört, ist fraglich geworden.

Schultz, Jahrgang 1941, der sich als Chef des benachbarten Ak­tions­hauses Villa Grisebach weitgehend zurückgezogen hat, ist Vermieter jener Stadtvilla aus dem Jahr 1871 in der Fasanenstraße, in der das Kollwitz-Museum seit 1986 residiert. Und die „Stiftung Bernd Schultz in Erinnerung an Hans Pels-Leusden“ – jenen Kunsthändler, aus dessen Kollwitz-Sammlung die Bestände des Museum stammen – hat mit der Immobilie offenbar andere Pläne: Ein Exilmuseum soll entstehen; das Kollwitzmuseum soll dafür in ein anderes Exil gehen. Geschenke zum 150. Geburtstag stellt man sich anders vor.

Für ein museales Konzept hat sich Schultz mit Christoph Stölzl zusammengetan, dem Ex-Chef des Deutschen Historischen Museums (DHM). Das neue Museum soll sich den vielen Emigranten widmen, die nach 1933 Deutschland und insbesondere das spezielle kulturelle Biotop des „Berliner Westens“ verlassen mussten.

Rings um den nahen Kurfürstendamm gab es einen enormen Exodus. Denn: „Hier lebten das fortschrittliche, moderne bürgerliche Judentum und andere antiwilhelminische Kräfte, Rechtsanwälte, Galeristen, Literaten, Künstler“, erklärte Stölzl gegenüber der Berliner Morgenpost.

Im gleichen Interview von Mitte Juli betonte Bernd Schultz die besondere Lage des Bauensembles von Villa Grisebach, Kollwitz-Museum und Literaturhaus: „Schräg gegenüber wohnte Heinrich Mann, an der Ecke zum Kurfürstendamm hat Joseph Roth seinen Roman ‚Radetzkymarsch‘ geschrieben, und, und, und.“

Porträt von Kollwitz

Undatierte Archivbilder zeigen Käthe Kollwitz und ihre Plastik „Pieta“ Foto: dpa

Käthe Kollwitz scheint in dieser Perspektive eher in die proletarischen Bezirke im Osten Berlins zu passen, die in den Motiven der Künstlerin eine so dominierende Rolle spielen. Gewohnt hatte Kollwitz ja auch in Prenzlauer Berg, genauer an dem Platz, der heute ihren Namen trägt. Schultz hat dem Kollwitz-Museum auch schon ein vermeintlich passenderes Ausweisquartier angeboten. Es liegt in Neukölln, direkt an der Karl-Marx-Straße. „Ungeeignet“, befand die Leiterin des Kollwitz-Museums Iris Berndt.

Käthe Kollwitz, 1867 in Königsberg geboren, kam 1886 zum ersten Mal nach Berlin. Sie besuchte die Damenakademie des Vereins der Berliner Künstlerinnen. Nach einem Jahr ging sie nach Königsberg zurück, um an der Kunstakademie zu studieren.

Frisch verheiratet kam sie 1891 wieder nach Berlin. Mit ihrem Ehemann bezog sie eine Wohnung in der Weißenburger Straße in Prenzlauer Berg – damals ein Arbeiterviertel –, direkt am heute nach ihr benannten Platz.

Die Teilnahme an der Großen Berliner Kunstausstellung 1898 machte Kollwitz schließlich bekannt. Sie zeigte ihren Radierzyklus „Der Weberaufstand“.

1936 wurden die Werke von Kollwitz als „Entartete Kunst“ von den Nationalsozialisten aus Ausstellungen entfernt. Sieben Jahre später floh sie vor dem Bombenkrieg aufs Land.

Ihre letzte Ruhe fand sie trotzdem in Berlin. Sie hat ein Ehrengrab der Stadt auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde. (rko)

Der drohende Rauswurf aus der Fasanenstraße und die Abschiebung in die proletarische Provinz von Neukölln, einen Ort ohne Kollwitz-Bezug, führten zur Demission von Leiterin Berndt. Sie hat einen Aufhebungsvertrag mit Wirkung zum 13. Juli unterschrieben.

Berndt will Ihre Entscheidung durchaus als Protest verstanden wissen. In der Per­spektive der 49-jährigen gebürtigen Ostdeutschen wird dem Kollwitz-Museum vom Westberliner Klüngel einer Generation 70+ übel mitgespielt. Zu ihrem Amtsantritt 2014 hatte man Berndt angeblich versprochen, dass das Kollwitz-Museum mindestens 15 Jahre Bestandssicherheit habe. Alles andere hätte für die Museumsplanung auch keinen Sinn ergeben, etwa wenn man an die Einwerbung von Drittmitteln denkt.

Immerhin: Noch sind die Würfel nicht gefallen. Iris Berndt meint sogar, die anvisierte Lösung Neukölln sei vom Tisch. Und auch die Kündigung des sich sonst automatisch verlängernden Mietvertrags aus dem Jahr 1986 hat Bernd Schultz bislang noch nicht ausgesprochen. Zeit bleibt dafür bis Oktober.

Das Angebot für ein Ausweichquartier: das proletarische Neukölln, direkt an der Karl-Marx-Straße, ohne jeden Bezug zu Kollwitz

Die Öffentlichkeit hätte also noch Gelegenheit, sich in den Fall einzumischen. Die Konstruktion als privates Museum – Träger ist der Verein Käthe-Kollwitz-Museum Berlin und grafische Sammlung Hans Pels-Leusden – mit nur etwa einem Viertel öffentlicher Finanzierung ist ja allein der Tatsache geschuldet, dass man im Westberlin zu Mauerzeiten der stark vom Osten vereinnahmten Künstlerin kein Museum einrichten wollte. Dabei war dem Land Berlin der Nachlass der Künstlerin durch die Nachfahren angeboten worden. Doch das Land lehnte ab.

Der jetzige Kultursenator Lederer (Linke) zeigte sich übrigens als Eröffnungsredner zur aktuellen Jubiläumsausstellung des Museum als Kollwitz-Fan. Er versuche zu vermitteln. Im Grunde wäre es nicht nur eine Art von Wiedergutmachung, sondern die beste aller Lösungen, wenn das Land zumindest eine eigene Immobilie für das Kollwitz-Museum zur Verfügung stellen würde. Dann am besten mit Bezug zur Künstlerin. Herr Lederer, übernehmen Sie!

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