Känguru in Belgien verschwunden: Wolf unter Verdacht
Ein Wolf soll in Belgien ein Känguru gefressen haben. Die Beweislage ist jedoch bislang dünn. Was die Medien jetzt unbedingt beachten müssen.
BERLIN taz | Einer Meldung der Nachrichtenagentur AFP zufolge wird ein Wolf verdächtigt, ein in der flämischen Stadt Balen als Haustier gehaltenes Känguru gefressen zu haben. Die Agentur berichtet das in einer Meldung von Mittwochnacht mit Verweis auf einen „Wolfsexperten“. Dessen Einschätzung zufolge sei es wahrscheinlich, dass das aus einem Privatgarten verschwundene Beuteltier von einem Wolf als „Weihnachtsmahl“ verspeist worden sei. Ein zweites von den Privatleuten gehaltenes Känguru sei ins Ohr gebissen worden. Es sei jedoch bei „guter Gesundheit“.
Die Meldung der AFP ist leider ein klassisches Beispiel für problematische Verdachtsberichterstattung. Zwar dürfen Nachrichtenmedien bei Gewaltverbrechen über einen unbestätigten Verdacht berichten, aber zum Schutz des Tatverdächtigen – in diesem Falle des Wolfs – müssen sie dabei gewisse Sorgfaltspflichten einhalten.
Erstens muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln. Jedoch handelt es sich hier weder beim mutmaßlichen Täter (Wolf) noch beim mutmaßlichen Opfer (Känguru) um Personen des öffentlichen Lebens. Und da über den genauen Tatablauf nichts bekannt ist, kann auch das politische Gewicht der Tat selbst noch nicht beurteilt werden.
Beweislage äußerst dünn
Zweitens sind Spekulationen unzulässig. Für ein Tötungsdelikt braucht es handfeste Beweise. Doch die AFP-Meldung spricht lediglich davon, dass der als „Wolfexperte“ bezeichnete Herr am vermeintlichen Tatort Spuren von Wolfspfoten gefunden habe. „Also ist es ziemlich sicher, dass es ein Wolf war“, mutmaßt dieser dann. Es wäre wichtiger gewesen, eine zweite Quelle zu nennen – zumindest den Stand der polizeilichen Ermittlungen abzubilden.
Drittens muss sorgfältig recherchiert werden, insbesondere muss der Verdächtige Gelegenheit haben, seine Sicht zu schildern. Die AFP scheint den Wolf jedoch nicht einmal kontaktiert zu haben – und dass, obwohl sie ihn in der Meldung namentlich nennt: „Der Experte verdächtigte aber einen Wolf mit dem Namen August als Täter.“ Allein diese Namensnennung des mutmaßlichen Täters ist höchst fragwürdig.
Immerhin eine Bedingung für Verdachtsberichterstattung ist die AFP mit diesem Satz jedoch erfüllt: Es muss stets deutlich werden, dass der Verdächtige noch nicht verurteilt ist. Bis der Vorfall endgültig aufgeklärt ist, gilt die Unschuldsvermutung.
Leser*innenkommentare
Hans aus Jena
Das eigentliche Problem ist doch, dass ein Kängeruh in Belgien nicht seinen natürlichen Lebensraum hat (und wahrscheinlich gar nicht artgerecht gehalten werden konnte). Da hat der einheimische Wolf, sollte er denn gewesen sein, nur im Sinne des Naturschutzes eingriffen.
siri nihil
😂😂😂😂
Sonntagssegler
Noch ist doch gar nicht gesichert, das es sich um ein Verbrechen handelt.
Ohne Leiche kein Mörder.
Ich persönlich gehe davon aus, dass das Känguru verhungert ist, weil es kein Geld mitgenommen hatte und sich kein Whiskas kaufen konnte.
Jochen Laun
Im ersten Moment glaubt man, dass der Artikel ernst gemeint ist. Und das zeigt schon das Phänomen des bizarren Umgangs der Deutschen mit ihrem neuen Freund, dem Wolf.
Holger_0311
Das ist ja Artismus!
Die Täterin bzw. den Täter canis lupus zuzuschreiben ist eine Vorverurteilung, die zu diesem Zeitpunkt durch den Pressekodex sicherlich nicht gedeckt ist.
Benedikt Bräutigam
Ist das ein Scherz?
Linksman
AfD-Höcke war's:
Der hatte doch bei einer Rede Goebbels zitiert und verkündet, vor der Entscheidung zwischen Wolf oder Schaf zu stehen, dann lieber Wolf zu sein...
wirklich wahr?
Rüben und Möhren sind das richtige Stichwort.
Ich fordere nur noch vegane Wölfe auszuwildern, das ist im Hinblick auf den CO2-Abdruck des Wolfes (Und das sind ja immerhin 4) absolut angebracht....
Warum hat sich der Wolf eigentlich nicht schon vor 20 Jahren ausgebreitet? ...Ein Schelm wer da böses denkt
Winnetaz
Die Medien dürfen eigentlich nicht einmal verraten, dass es ein Wolf war. Ganz allgemein sollte von einem "Canis Lupus" berichtet werden. Wölfe und Haushunde sind ein und dieselbe Art. Dass es ein Wolf war, spielt doch keine Rolle und ordnet den Täter einer Rasse zu - reiner Rassismus und Schubladendenken! Als ob Haushunde nicht ebenso Raubtiere wären, die zu so einem Tötungsdelikt fähig wären! In Belgien sterben mit Sicherheit mehr Opfer durch Hunde als durch Wölfe!
schoenerrhein
Verstehe ich nicht, dies mit den Medien. Ist in erster Linie eine Aufgabe für das zuständige Labor. Und dann sehen wir weiter und können uns aufregen.
Außerdem ist noch nicht der 1.April. Kanguru in Belgien? Als Haustier gehalten - nicht zu glauben.
76530 (Profil gelöscht)
Gast
Werden Beiträge für "Die Wahrheit" nicht mehr gekennzeichnet?
Adam Weishaupt
@76530 (Profil gelöscht) Den Reaktionen nach zu urteilen, scheint eine Kennzeichnung tatsächlich erforderlich, bei vollständigem Fehlen der Antennen für Ironie und ausgeprägter Humorlosigkeit der Mehrzahl der Foristen.
Sonntagssegler
@76530 (Profil gelöscht) Ich warte noch auf meine gedruckte Verson, aber ich denke, der meint das ernst.
Nairam
Als diplomierter Wolfsexperte muss ich sagen, dass die Indizienlage erdrückend ist. Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass Wölfe durch die bunte, wild herumblickende Weihnachtsbeleuchtung in ihrer Aggressionslust bestärkt werden und dabei gerade zu dieser Jahreszeit nach exotischen Leckerbissen suchen.
Studien der Universität Kaliningrad haben darüberhinaus gezeigt, dass es unter Raubtieren zu einer Reinigungskampagne gekommen ist, die sich zum Ziele gesetzt hat, ausländische Lebewesen rucki-zucki vollständig zu entsorgen. Eben deshalb gibt es von dem belgischen Känguru ja auch keine Spur mehr.
05158 (Profil gelöscht)
Gast
Ein Taschenkrebs und ein Känguruh
Ein Taschenkrebs und ein Känguruh,
Die wollten sich ehelichen.
Das Standesamt gab es nicht zu,
Weil beide einander nicht glichen.
Da riefen sie zornig: "Verflucht und verdammt
Sei dieser Bürokratismus!"
Und hingen sich auf vor dem Standesamt
An einem Türmechanismus
61321 (Profil gelöscht)
Gast
Jetzt reichts! Wenn an Weihnachten nicht mal mehr unsere Kangurus sicher sind, stehen wir kurz vor der animalischen Anarchie. Wir hatten ein Gentleman's Agreement, hier und da mal ein Schaf oder einen Hornochsen.
Il faut immédiatement les abattre. Tous et sans clémence!
90118 (Profil gelöscht)
Gast
ist das satire?
es gibt also ein mögliches "Tötungsdelikt" im falle des verzehres eines fluchttieres durch ein raubtier.
was fressen raubtiere denn sonst so, möhren und rote beete?
"Was die Medien jetzt unbedingt beachten müssen." und selbst?
Elroy Banks
Der Nachweis von DNA-Spuren an den Überresten oder dem verletzten Känguru sollte rasch Klarheit bringen, ob es sich bei dem Raubtier um einen Wolf oder um einen Golden Retriever handelt.
Erst dachte ich bei dieser Meldung an einen verfrühten Aprilscherz und man wolle damit den widerlichen Verdacht im Fall des Fussball-Nationalspielers Christoph Metzelder wieder aufwärmen. Andere Quellen scheinen den Vorfall aber zu bestätigen.