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Juso-Chefin zum Gasgeschäft mit RusslandAbsage an Nord Stream 2

Jessica Rosenthal fordert im taz-Interview das Aus der Gaspipeline. Ex-Kanzler Schröder ist für sie nur noch ein Interessenvertreter Russlands.

Jessica Rosenthal, hier beim Bundeskongress der Jusos im November Foto: dpa

Berlin taz | Die Juso-Vorsitzende Jessica Rosenthal hat ein Aus für die Gaspipeline Nord Stream2 gefordert. „Wenn Russland weiter so auftritt, wie es das gerade tut, kann Nord Stream 2 nicht in Betrieb gehen“, sagt die SPD Politikerin der taz. „Die Bundesregierung sollte, unabhängig von den Genehmigungsverfahren, klarmachen, dass sie in der aktuellen Lage nicht gewillt ist, dieses Projekt weiter voranzutreiben.“ Das faktische Aus für Nord Stream 2 solle gelten, solange Russland als Aggressor gegen die Ukraine auftrete.

Die Gaspipeline Nord Stream 2 in der Ostsee ist fertiggestellt, aber nicht in Betrieb. Durch sie sollen jährlich etwa 55 Milliarden Kubikmeter Gas von Russland nach Deutschland fließen.

Bislang hatte SPD-Chef Lars Klingbeil erklärt, auch Nord Stream 2 werde zu den möglichen Sanktionen gehören, falls Russland die Ukraine militärisch angreift. Rosenthal, SPD Bundestagsabgeordnete, geht nun weit über diese Formel hinaus. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hatte Anfang Januar noch ein Ende der Debatte um Nord Stream 2 gefordert.

Kritik an Ex-Kanzler Schröder

Rosenthal kritisierte auch den einstigen SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder scharf, der jüngst die Ukraine aufgefordert hatte, das Säbelrasseln einzustellen. Gerhard Schröder äußert sich nicht als Funktionär der SPD. Er trägt keine Verantwortung mehr in der Partei – und das ist auch gut so“, sagte Rosenthal im taz-Interview. Und weiter: „Gerhard Schröder redet als Interessenvertreter Russlands – und als nichts anderes. Das muss man klar so benennen“.

Am Freitag war bekannt geworden, dass Schröder vom russischen Staatskonzern Gazprom als Kandidat für die Wahl in den Aufsichtsrat nominiert wurde. Schröder soll am 30. Juni auf der Jahreshauptversammlung in Sankt Petersburg gewählt werden. Schröder ist bereits Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Nord Stream AG und Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft.

Das Interview mit Jessica Rosenthal erscheint in ganzer Länge in der Montagsausgabe der taz sowie auf taz.de.

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8 Kommentare

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  • Ihre Kritik an Goldkettchen-Gerd trifft voll zu! Bei mir erweckt er nur noch Verachtung! Und ich schäme mich, dass ich den wahren raffgierigen Charakter von dem Typen nicht schon erkannte, als ich bei seiner Partei einst bei der Kanzlerkandidat 'Schröder' machte.

    Glaubt der etwa an eine 'Freundschaft' des Zaren? Der nutzt ihn doch nur als willfährigste Marionette für seine machtgierigen Interessen. Und Gerdchen lässt sich bezahlen. Vor wenigen Jahren wurde das Vermögen des aus nicht vermögendem Hause Stammenden in seriösen Medien schon auf über 400 Mio. geschätzt. Das dürfte sich jetzt vermehrt haben.

  • Ein Aus der Gaspipeline, nachdem sie gebaut wurde... so ein ökologischer und ökonomischer Irrsinn...

  • Bravo, Jessica Rosenthal ... die klare Abgrenzung vom "Genossen der Bosse" war mehr als überfällig, die eindeutige Positionierung zu NS2 und gegenüber Putin ebenso. Da die Jusos innerhalb der neuen SPD-Bundestagsfraktion schon eine gewisse "Macht" bilden, kann dieses Statement von der Parteiführung nicht so einfach ignoriert werden.



    Auch dürfte es schwer fallen, die bisherige eindeutig uneindeutige Position der SPD gegenüber Russland und seiner aggressiven Außenpolitik weiter mit dem Hinweis auf die Entspannungspolitik Brandts in den Siebzigerjahren zu legitimieren ... dessen Verdienste werden ja nicht geschmälert, wenn sich die Sozialdemokraten in dieser Frage umorientieren, im Gegenteil kann der Vorstoß Rosenthals bewirken, dass sich die gute alte Tante SPD aussenpolitisch endlich mal wieder "auf der Hoehe der Zeit" bewegen kann und den Entwicklungen nicht immer bloss hinterhecheln muss (wie in der Adenauer-Aera bzgl. der Wiederbewaffnung und der Westbindung).



    Die wirklichen programmatischen Herausforderungen stehen aber noch an: wie können neue diplomatische Konfliktlösungsstrategien, neue europäische Sicherheitsarchitekturen aussehen, jenseits der jetzt um sich greifenden bellizistischen und dichotomischen Lösungsansätze in der Außenpolitik (die ja nie wirklich gute Lösungen gebracht haben, siehe Syrien) ... das gilt nicht nur in den Beziehungen zu Russland. Also klare Kante ohne die Tür zuzuschlagen ... in schwierigen Zeiten eine lohnende Aufgabe für die deutsche Sozialdemokratie.

  • Sieh' an, sieh' an. Die Jusos auf einer Linie mit Pentagon und Ayn Rand. Transatlantischer geht es nicht.

  • Nordstream I und II sind für sich schlecht, weil sie in der hochbefahrenen Ostsee



    (mit Sondermüll-Schiffen, Atommüllfriedhöfen, Versenkungsgebieten für Chemiewaffen, Munition, Bomben, Schiffwracks mit vollen Tanks, Atom-U-Booten mit Interkontinentalraketen und leichter Zugänglichkeit für viele Terrororganisationen, Mafia, feindlichen Staaten, unterirdische Gas-und Ölstätten) Großkatastrophen provozieren, die auch anliegende Atomkraftwerke und sogar das Endlager Finnlands



    zerstören könnte. Diese Pipeline ist ebenso wie der BER und Stuttgart 21 ein Akt Dummheit der Regierung Merkel. Zumal selbst die Ukrainer einen Terrorangriff



    auf Nordstream 1 und 2 angekündigt haben.



    Eine Pipeline hat in Betrieb genommen die Detonationskraft von 8 Hiroshima-Atombomben.



    Nordstream 1 und 2 muss in jedem Fall geschlossen werden!



    Nordstream 1 und 2 taugt nicht als Erpressungsmittel. Die Dinger sind in jedem Fall unverantwortlich.

    Ein Krieg um Tschernobyl könnte auch apokalyptisch sein. Putin und die EU müssen sich gegenseitig beruhigen. Die EU sollte eine kostenlose Pipeline durch die Ukraine ziehen lassen und Russland für das Unsinnsprojekt Nordstream 1 und 2 entschädigen.



    Die Sicherheit der Pipeline durch die Ukraine sollte durch die EU oder die UN garantiert werden. Weiterhin sollte der Gastransport über LNG-Schiffe redundant erfolgen und den Schiffswerken in Mecklenburg-Vorpommern neue Nischenproduktionen hierfür ermöglicht werden.



    Die Pipelines wirken deindustrialisierend.



    Deeskaliert, macht den Frieden für alle Seiten attraktiv!

  • Da kann man ja direkt Hoffnung haben, dass auch die SPD einmal endlich in der Nach-Schröder-Ära ankommt und sich ihrer antifaschistischen Geschichte besinnt.

  • "Gerhard Schröder ist der Agent einer feindseligen Macht." (Anne Applebaum)

    Der demokratische US-Kongressabgeordnete Tom Lantos hat dem früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder "politische Prostitution" vorgeworfen...Lantos sagte weiter, er würde Schröder gern einen "politischen Prostituierten" nennen, "jetzt, da er von Putin dicke Schecks kassiert. Aber die Prostituierten in meinem Wahlbezirk fühlen sich beleidigt." www.tagesspiegel.d...on-vor/869586.html

  • Einverstanden, aber was machen wir mit Nordstream l und der Ukraine- Pipeline, aus deren Löchern des Methan auf unerklärliche Weise immer wieder verschwindet wenn in der Ukraine mal Gas gebraucht wird. Durch Belarus und Polen läuft auch noch so ein marodes Rohr. Andersherum, warum liefert Norwegen nicht einfach mehr Gas oder erhöht die Fördermenge zu in etwa den gleichen Preis wie Gazprom? Sollen doch die Ukrainer , Polen und Tschechen gucken wie sie an das Gas kommen, wir zahlen einfach 50% mehr als diese Bananenrepubliken. Zur Not nehmen wir auch Atom oder Braunkohlestrom von diesen Ländern ab.