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Journalisten auf Twitter und FacebookAb jetzt nur noch neutral

Die „New York Times“ erlässt Regeln für die Social Media Nutzung ihrer Mitarbeiter*innen: Sie sollen der Reputation des Blattes nicht schaden.

Tweets, Likes und Posts der Redakteur*innen sollen nicht als parteiisch gelesen werden können Foto: dpa

Vergangenen Freitag hat die New York Times ihre neuen Richtlinien für den Umgang mit Sozialen Medien veröffentlicht. Gerichtet sind sie an alle Journalist*innen der Zeitung, auch jene, die sich thematisch nicht mit Politik beschäftigen.

16 Punkte sind in Zusammenarbeit mit einigen Redakteur*innen entstanden. Sie sollen einen verantwortungsvollen Umgang mit Sozialen Medien fördern. Dazu zählt nicht nur ein Tweet bei Twitter, sondern auch ein Bild bei Instagram oder ein Like bei Facebook.

In Zeiten der „Lügenpresse“-Vorwürfe sollen die Tweets, Likes und Posts der Redakteur*innen nicht als parteiisch und voreingenommen gelesen werden können, um der Reputation der New York Times nicht zu schaden. Die Accounts seien niemals privat, sondern verwiesen immer auf das Medium, so heißt es in den Richtlinien.

Neben Tipps zum Umgang mit Hasskommentaren (nicht antworten) und dem Verlinken auf andere Medien (ein Thema nicht nur aus einer Perspektive beleuchten), sind es vor allem Vorschriften, was gepostet werden darf: Journalisten sollen nicht „parteiische Meinungen äußern, für politische Ansichten werben, Politiker*innen unterstützen oder beleidigende Kommentare posten“.

Vorgegaukelte Realität

Die Bedeutung der Sozialen Medien wächst für Journalist*innen. Sie können die Plattformen nutzen, um eine größere Reichweite für ihre Artikel zu erreichen, eine neue Leserschaft generieren, live berichten und in einen Austausch mit Leser*innen zu kommen. Ein sorgsamer Umgang ist definitiv wichtig, denn einige Menschen haben schon ihren Job wegen eines Tweets verloren.

Doch durch die Social-Media-Regeln der New York Times wird eine Objektivitiät vorgegaukelt, die es so gar nicht geben kann. Auch Journalist*innen gehen wählen, haben eine Lieblingsband und echauffieren sich (hoffentlich) über Nazis. Die wahre Kunst des Journalismus ist es ja trotz politischer Meinung und persönlicher Vorlieben kritisch zu hinterfragen und berichten.

Viele Leser*innen können nicht abstrahieren zwischen privaten Meinungen, wie einem Kommentar in der Zeitung oder einem Tweet bei Twitter, und dem Medium. Ehrlicher wäre es die Einstellung des Mediums und der Journalist*innen transparent zu machen, damit die Leser*innen die Veröffentlichung einordnen können.

In Deutschland haben Medienhäuser bisher keine Richtlinien veröffentlicht. Zur Verdeutlichung ihrer eigenen Meinung haben viele Nutzer*innen von Twitter in ihrer Bio ein „privat hier“ eingefügt.

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1 Kommentar

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  • Automechaniker haben auch gewisse Vorlieben. Was würden Sie denken, wenn nach der Inspektion die Kiste ein paar Zentimeter tiefer liegt und Nachts der Unterboden hellblau leuchtet, weils dem Mechaniker so besser gefällt. Ehrlich wär das ja - aber auch wünschenswert?

     

    Was viele Journalisten anscheinend nicht kapieren wollen: Der Leser will Informationen und die gut recherchiert. Seine Meinung will sich ein Leser selbst bilden, die will er nicht übergestülpt bekommen auch nicht beiläufig in Form von Interviewfragen die vermeintlich "kritisch" sein wollen...

     

    Macht Euren Job, verlässliche gut recherchierte Informationen zu liefern, das ist Eure Aufgabe, und den Rest könnt Ihr gerne nach Feierabend machen aber lasst mich damit in Frieden...

     

    Ich weiß schon: seine Meinung in einem Kommentar zum Besten geben oder von anderen abzuschreiben ist einfacher und macht vermutlich auch mehr Spass. Trotzdem ist Eure Aufgabe eine andere.