Joe Bidens Besuch in Kyjiw: Klare Worte

Bei seinem Besuch in Kyjiw formulierte Biden auch für China und die europäischen Nato-Länder deutliche Botschaften.

Joe Biden schüttelt Wlodomyr Selenski die Hand vor Flaggen der USA und der Ukraine

Natürlich ist das Symbolpolitik, aber ein starkes Symbol Foto: Ukrainian Presidential Press/ap

Natürlich ist es Symbolpolitik, wenn US-Präsident Joe Biden am Montag, für die Öffentlichkeit überraschend, in der ukrainischen Hauptstadt auftaucht, den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski herzlich umarmt und noch ein paar Lieferzusagen für weitere Waffen mitbringt. Aber es ist eben auch ein starkes Symbol.

Es soll zeigen: Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich komplett verrechnet, wenn er darauf setzt, der Westen werde die Ukraine irgendwann denn doch aufgeben. Ganz im Gegenteil, so die Botschaft: Der Westen, die USA gehen politisch „all-in“ bei der Unterstützung des sich verteidigenden, angegriffenen Staates.

Genau das, davon ist zumindest die Allianz der Ukraine-Unterstützerstaaten überzeugt, ist die einzige Möglichkeit, den Krieg irgendwann zu einem Ende zu bringen. Ein imperialistischer Diktator, der glaubt, gewinnen zu können, wird weder aufgeben noch verhandeln. Und solange nicht eins von beidem passiert, geht der Krieg weiter. Also muss Putin dieser Glaube genommen werden.

Und auf diesem Weg wiegt Bidens Besuch vermutlich stärker als die paar Leopard-Panzer, die irgendwann einmal geliefert werden. Das aber auch nur im Verbund mit genau jenen Lieferungen von Panzern und anderen Waffen. In Kriegszeiten ist diese Mischung letztlich, was „Friedensfreund*innen“ am vergangenen Wochenende in München und am kommenden in Berlin immer fordern: Diplomatie.

Aber auch wenn Bidens Botschaft aus Kyjiw vor allem an Wladimir Putin gerichtet ist: Der russische Präsident ist nicht der einzige Adressat. Angesprochen sind ebenso die europäischen Nato-Länder, China – und die US-Öffentlichkeit.

An die Europäer gerichtet lässt Biden kundtun: Okay, wir haben verstanden, ihr könnt es nicht. Erst drängt ihr Olaf Scholz, Leoparden zu liefern, dann lasst ihr ihn im Regen stehen. Schämt euch. Dann halt wir.

An Chinas Führung geht die Message: Wir haben schon einen Konflikt, aber wenn ihr jetzt tatsächlich noch Waffen an Russland liefert, wird es ernst. Überlegt euch das zweimal.

Und an die eigene Bevölkerung, von der Biden aller Wahrscheinlichkeit nach im nächsten Jahr als Präsident wiedergewählt werden will: Ja, ich bin alt, aber agil und energisch – und wie man sich als Chef der US-Regierung auf der Weltbühne politisch bewegt, habe ich in vielen Jahrzehnten nun wirklich gelernt. Trust me.

Niemand kann wissen, ob die Strategie am Ende funktioniert, einen gerechten Frieden durch militärische und politische Stärke zu erzwingen. Nur: Eine bessere hat gerade niemand.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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