Jair Lapid besucht Emirate: Von Jerusalem nach Abu Dhabi
Israels Außenminister hat erstmals offiziell die Emirate besucht. Während die Normalisierung vorangeht, stockt sie in anderen Abraham-Staaten.
Lapid twitterte zu diesem historischen Anlass sogar auf Arabisch: „Wir schreiben Geschichte“, schrieb er. „Stolz, den Staat Israel in den Vereinigten Arabischen Emiraten zu vertreten. Danke für den herzlichen Empfang.“ Am Mittwoch besuchte er dann noch den israelischen Pavillon auf dem Gelände der Weltausstellung Expo in Dubai, die im Oktober eröffnen soll.
Damit erntet Israels neue Regierung jetzt die Früchte dessen, was das Duo Netanjahu/Trump gepflanzt hat. Letztes Jahr hatten die Emirate und Israel nach US-Vermittlung in einer pompösen Inszenierung im Weißen Haus eine Normalisierung ihrer Beziehungen verkündet. Auch Bahrain, Marokko und Sudan erkannten den jüdischen Staat an und kündigten an, Beziehungen zu Israel aufzunehmen.
Im Fall der Emirate ist die Normalisierung am weitesten fortgeschritten: So gibt es mittlerweile direkte Flüge zwischen den Ländern. Israelische Popstars haben die Emirate besucht und mehr als 200.000 israelische Urlauber*innen sind bereits an den Golf gereist.
Mehrere Handels- und Kooperationsabkommen wurden unterzeichnet und die Emirate haben die Gründung eines 10 Milliarden US-Dollar schweren Investitionsfonds bekanntgegeben. Das Geld soll in Sektoren fließen wie Energie, Wasser, Raumfahrt, Gesundheitswesen und Agrartechnologie.
Bennett blieb zu Hause
Dass Lapid und nicht Israels neuer Premier Naftali Bennett den Antrittsbesuch am Golf machte, dürfte derweil kein Zufall sein: Der Hardliner Bennett befürwortet ohne Wenn und Aber die israelische Siedlungspolitik im palästinensischen Westjordanland.
Einer Zweistaatenlösung mit den Palästinenser*innen hat er schon vor Jahren ein Absage erteilt. Ein Besuch Bennetts wäre in den Emiraten wie auch in anderen arabischen Ländern wohl auf scharfe Kritik gestoßen.
Mit ihrer neuen Israelpolitik waren die Emirate von der Linie arabischer Staaten abgerückt, Israel nicht anzuerkennen, solange der Nahostkonflikt nicht gelöst ist. Im Gegenzug hatte Israel vergangenes Jahr angekündigt, die geplante Annexion von Teilen des besetzten Westjordanland auszusetzen.
Weniger weit als im Fall der Emirate ist indes die Annäherung zwischen Israel und den anderen drei arabischen Unterzeichnerstaaten der sogenannten Abraham-Abkommen. Zwar ernannte Bahrains König am Dienstag Khaled Yousef al-Jalahmah offiziell zum ersten bahrainischen Vertreter in Israel. Eine Botschaft in Tel Aviv allerdings gibt es noch nicht.
Biden bleibt bei Trumps Westsahara-Position
Im Falle Marokkos hatte die Trump-Regierung einen umstrittenen Deal eingefädelt und im Gegenzug zu Marokkos Anerkennung Israels die marokkanische Souveränität über die Westsahara anerkannt.
Damit vollzogen die USA eine international nur wenig beachtete Kehrtwende, indem sie den Anspruch einer Besatzungsmacht auf ein ehemals kolonisiertes Gebiet anerkannten. Die Biden-Administration hat diesen Schritt bislang nicht rückgängig gemacht, obwohl dies nach Ansicht von Expert*innen durchaus möglich wäre.
Im Marokkos Hauptstadt Rabat hat Israel ein Verbindungsbüro wiedereröffnet. Vollwertige Botschaften sind für einen späteren Zeitpunkt geplant. Allerdings regt sich gegen die Normalisierung Widerstand in Politik und Bevölkerung. Die moderat-islamistische JDP, Teil der marokkanischen Regierungskoalition, forderte während des Gazakriegs im Mai, das israelische Verbindungsbüro wieder zu schließen.
Auch in Sudan, dem letzten Abraham-Land, kommt der Normalisierungsprozess nur langsam voran. Ein erster Schritt ist aber gemacht: So beschloss die Führung des Landes die Aufhebung eines Gesetzes, das diplomatische Beziehungen zu Israel sowie geschäftliche Beziehungen nach Israel wie auch den Import israelischer Produkte verbietet.
Jedoch ist die Annäherung innerhalb der Führung in Khartum umstritten. Sudan wird derzeit von einer zivil-militärischen Interimsführung regiert. Während das Militär die Beziehungen zu Israel ausbauen möchte, gibt es auf ziviler Seite Vorbehalte. Außenministerin Mariam al-Mahdi etwa war gegen die Abschaffung des Boykottgesetzes. Gleichzeitig regt sich Unmut, dass Israels Sicherheitsorgane vor allem mit den Militärs in Sudan kooperieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?