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Jahrestag von Stalins SäuberungenBraucht Wladimir Putin einen neuerlichen „Großen Terror“?

Die Logik von 1937 lebt im Schatten des Kreml weiter. Von Stalins „Säuberungen“ bis zu Putins Repressionen.

Der russische Präsident Wladimir Putin im Kreml in Moskau, Russland, am Montag, dem 4. August 2025 Foto: Mikhail Metzel/Sputnik/Kremlin Pool Photo via AP

A m 5. August 1937 begannen in der Sowjetunion die blutigsten Säuberungen der Stalin-Ära. Sie dauerten bis November 1938 an. In der Publizistik wird diese Kampagne als „Großer Terror“ bezeichnet; im Volksmund als „1937“.

Dank der in den 1990er Jahren geöffneten Geheimarchive weiß man, dass es sich dabei um eine gigantische Repression handelte, die alle Regio­nen und sozialen Schichten erfasste: 1,7 Millionen Menschen wurden verhaftet, 700.000 davon erschossen. Die „Operationen“ 1937 waren sorgfältig geplant. In geheimen Befehlen des NKWD wurden Fristen für ihre Durchführung, zu „säubernde“ Kategorien, die Sollzahlen für Verhaftungen festgelegt.

Im Rahmen der „nationalen Operationen“ wurden Zehntausende wegen ihrer polnischen oder deutschen Herkunft verhaftet, 20.000 Frauen als Ehefrauen von „Vaterlandsverrätern“ in den Gulag geschickt, ihre Kinder in Waisenhäuser überführt. Urteile wurden im Schnellverfahren durch speziell gebildete „Troikas“ gefällt, während der Verhöre wurde systematisch Folter eingesetzt.

Selbst die Täter wurden zu Opfern

Der Terror verlief im Geheimen. Die sowjetischen Behörden verbreiteten Lügen über das Schicksal der Erschossenen. Es hieß, sie seien in die Lager „ohne Recht auf Briefverkehr“ gebracht worden. Später wurden falsche Sterbeurkunden ausgestellt, die Krankheiten im Gulag als Todesursache angaben.

Überall fanden Kundgebungen statt, die die Hinrichtung von „Volksfeinden“ forderten. Kinder sollten sich von verhafteten Eltern lossagen, Frauen von ihren Männern. „1937“ machte selbst die Täter zu Opfern: auch jene, die die Repressionen durchführten, wurden verurteilt. Jedoch nicht wegen der von ihnen verübten Verbrechen.

„1937“ stellte die Linken im Westen vor eine zynische Wahl zwischen Stalin und Hitler (ein markantes Beispiel ist das Buch „Moskau 1937 von Lion Feuchtwanger, der die Moskauer Prozesse rechtfertigte) und zwang sie, über die Schicksale politischer Emigranten zu schweigen, die in der Sowjetunion Zuflucht suchten und zu Opfern Stalins wurden.

Postmoderne Kopie des Stalinismus

Seither ist die Meinung zu „1937“ zu einem politischen Indikator geworden, der weniger über die Vergangenheit als vielmehr über die Gegenwart Auskunft gibt. In den früheren Jahren Putins gab es hier eine gewisse Ambivalenz. Man leugnete nicht, dass es den Massenterror gab, doch von der Verantwortung des Staates oder seines Hauptorganisators war kaum die Rede.

In der Folge sollte sich in der Politik immer deutlicher das unbewältigte Erbe von „1937“ zeigen – etwa in der Idee einer „feindlichen Umzingelung“, der Suche nach „Feinden“ im Ausland und einer „fünften Kolonne“ im Inneren.

Mit der Verschärfung der Repressionen und dem Ausbau des Sicherheitsapparates verschwand die Ambivalenz des Putin-Regimes. Es begann sich immer mehr als eine Art postmoderner Kopie des Stalinismus darzustellen. Die Debatte kam auf: Wo stehen wir, ist es noch 1934 oder bereits 1937?

Die Autorin

Irina Scherbakowa ist Vorsitzende der Organisation „Zukunft Memorial“.

Heute werden nicht nur Oppositionelle verhaftet, sondern auch putintreue Staatsbeamte oder Unternehmer. Es wird Folter angewendet und es werden drakonische Strafen verhängt. Vor dem Hintergrund der schwächelnden Wirtschaft und des erfolglosen Krieges versucht Putin, sich als Nachahmer von Stalin zu inszenieren, um so seinen Namen mit Sieg und Kampf gegen „korrupte Eliten“ zu verbinden.

Wie einst Stalin lässt er sich in seiner Moskauer Kreml-Wohnung zeigen, wach bis tief in die Nacht, bescheiden Kefir trinkend. Dabei bemüht man sich, das Original zu rehabilitieren. In einem Gesetz von 1991 fehlt die Formulierung über den Massenterror. Und Sjuganows Kommunisten gehen aktuell noch weiter. Auf ihrem Parteitag beschlossen sie, Chruschtschows Rede vom 20. Parteitag, die „1937“ verurteilte, nicht anzuerkennen.

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26 Kommentare

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  • In einer Analyse zu d. Vorgängen zu Beginn des WK II u. zur Höhe d. Verluste der sowjet. Armee las ich einmal etwas über d. Zusammenhang mit der "Enthauptung d. Offizierskorps".



    "Am 11. Juni 1937 verurteilt ein geheim tagendes Militärtribunal Michail Tuchatschewski und acht weitere führende Kommandeure zum Tode, das Urteil wird im Morgengrauen des 12. Juni vollstreckt.



    Das Verfahren gegen die Militärführung löste eine Terrorwelle aus, durch die in den



    folgenden Wochen und Monaten hunderte weitere hohe Offiziere ihr Leben lassen mussten. Die Armee wurde gleichsam „enthauptet“. Parteichef Nikita Chruschtschow erklärte 1956 die Vorwürfe für unbewiesen, die Opfer wurden voll rehabilitiert."



    dlf.de



    Über Putin wiederum las ich, dass er eher andere Vorbilder habe, nicht aus d. Partei.



    "Wladimir Putins selbstherrlicher Vergleich mit Peter dem Großen ist betrügerische Geschichtsklitterung und zugleich Bedrohung für die baltischen Staaten sowie Schweden und Finnland



    Animiert durch Peter den Großen fühlt sich Wladimir Putin nicht zum ersten Mal. Es muss für ihn ein beseelender Anblick gewesen sein, als er in den 1990er Jahren in seinem Büro im Rathaus von St. Petersburg ein Porträt..."



    fr.de

  • Putin terrorisiert die Bevölkerung und das schon ziemlich lange. Er ist als ehemaliger Angehöriger des KGB darauf trainiert. Ob das bereits auf dem Niveau von Stalin passiert, kann ich nicht wirklich beurteilen, aber verglichen mit Deutschland oder Frankreich sind Grund- und Menschenrechte kaum noch vorhanden. Dagegen war es wahrscheinlich in der UdSSR unter Breschnew richtig gut ....

  • Ich sehe gewissen Widersprüche zwichen den Behauptungen im Kommentar und den überwiegenden belegbaren Fakten.

    Was ich meine:

    Artikel-Zitat:

    "Es begann sich immer mehr als eine Art postmoderner Kopie des Stalinismus darzustellen.



    ...



    Heute werden nicht nur Oppositionelle verhaftet, sondern auch putintreue Staatsbeamte oder Unternehmer"

    Atikel-Zitat:

    "Und Sjuganows Kommunisten gehen aktuell noch weiter. Auf ihrem Parteitag beschlossen sie, Chruschtschows Rede vom 20. Parteitag, die „1937“ verurteilte, nicht anzuerkennen."

    Zitat Putin 2010 bei Besuch der Gedenkstäte in Katyn:



    (Quelle Böll-Stifung)

    "Es gibt keinerlei Rechtfertigung für diese Verbrechen. Unser Land hat die Untaten des totalitären Regimes klar politisch, rechtlich und sittlich bewertet.“

    Die Fakten:

    Sjuganows Kommunisten sind die größte Oppositionspartei in Russland, Sjuganows war lange Opositionsführer im russ. Parlament.



    Es ist somit die Opposition, bzw. der größte Teil der Oppositon die Stalin rehabelitieren möchte.

    Artikel-Zitat:

    "Vor dem Hintergrund der schwächelnden Wirtschaft "

    Die Fakten (Weltbank-Statistik:



    Wirschaftswachstum 2023: +4,1%



    Wirschaftswachstum 2024: +4,1%



    Wirschaftswachstum 2025: +2,5%

  • Und die Herren Mützenich und Stegner sowie die Kommunistin Wagenknecht können nicht genug Vaseline bunkern und Kreide fressen um diesen faschistischen Staat und seinen potentiellen Kriegsverbrechern zu huldigen.

    • @Oleg Fedotov:

      Es steht Ihnen frei zu belegen, wo die Genannten Russland „gehuldigt“ haben (zumal Wagenknecht ja schon seit geraumer Zeit Marx durch Ludwig Erhart ersetzt hat). Die Treffen mit Vertretern Russlands (an denen wiederum nicht Wagenknecht beteiligt war, sondern auch CDU-Politiker, was Sie hier elegant unterschlagen) waren auch keine Sympathiebekundungen, sondern ein vermutlich mit Regierungskreisen koordinierter Versuch, Gesprächskanäle zu pflegen, die gerade in konfliktreichen Zeiten nötig sind (es ist ermüdend, das immer wieder zu erklären, aber Diplomatie gibt es nicht, weil sich Staaten so gern haben, sondern gerade, weil das nicht der Fall ist).

      • @O.F.:

        Zitat: "[...] aber Diplomatie gibt es nicht" [...]

        Stimmt, das liegt daran, dass ein gewisser Wladimir Putin jeglichen Versch zu Verhandlungen und Diplomatie konsequent ablehnt, mit wem sollen da also Ihrer Meinung nach Verhandlungen stattfinden, wenn nur die sich gegen den Völkermord verteidigende Ukraine dazu bereit ist?

        Der einzige der den Krieg sofort beenden könnte ist übrigens Putin und der braucht den Krieg, um seine Macht zu erhalten.

      • @O.F.:

        Ich finde ea auch falsch, Wagenknecht als "Kommunistin" zu bezeichnen, meiner Meinung nach würden die Begriffe "Putinistin" oder "Stalinistin" besser passen.

      • @O.F.:

        Es ist nicht zu leugnen, dass Leute, die die Aufhebung der Sanktionen und gar eine Wiederaufnahme der Gaslieferungen sowie den Stopp der Unterstützung der Ukraine fordern, Russland sehr, sehr nützlich sind (und für Deutschland sehr schädlich). Das können auch Sie nicht bestreiten, und das ist mit "huldigen" gemeint. Sie wissen das, also warum fangen Sie jetzt diese semantische Erbsenzählerei an?

        Der zweite Abschnitt: reine Spekulation. Im übrigen ist es doch wohl eher RUSSLAND, das sich hier Gesprächskanäle offenhalten müsste. Wo sind denn die russischen Wagenknechts, Mützenichs, Platzecks, Krahs, Moosdorfs, O.F.s?

        • @Suryo:

          Wer mit Wirtschaftsstatistiken vertaut ist sieht das die Rezession in Deutschland zeitlich 1 zu 1 mit den Sanktionen und vor allem dem Verzicht auf russisches Gas korreliert.

          Wirschaftswachstum 2021: +3,9%

          Wirschaftswachstum 2022: +1,8%

          Wirschaftswachstum 2023: -0,9%

          Wirschaftswachstum 2024: -0,5%







          Wirschaftswachstum 2025: +/- 0,X%



          (Prognosen unterscheiden sich)

          Tatsächlich haben "wir" größere Probleme mit den Sanktionen als Russland.

          P.S.: Das russiche Gas kauft jetzt China



          --> und hatte 2024 über +5% Wirtschaftswachstum

          P.P.S.: Bei uns kommt der Kohleausstieg nicht oder langsamer voran -- weil das Gas für den Kohleersatz fehlt.

          • @Jörg Heinrich:

            Das alles sind wichtige Punkte - ich fürchte bloß, dass man in Kreisen, für die der Konflikt mit Russland eine quasireligiöse Bedeutung hat, mit Zahlen wenig erreicht. Sie sehen ja selbst in diesem Recht gesitteten Forum, wie mit Begriffen wie "Verräter" um sich geworfen wird. Wer sich im Kamp gegen das Böse wähnt, ist für politische Argumente nicht ansprechbar - und im Grunde nicht mehr diskursfähig (was ja voraussetzt, dass man Dissens für grundsätzlich legitim hält). Dass das der Demokratie in Deutschland mehr schadet als die angeblich wieder vor der Tür stehenden Russen, wird übersehen...

            • @O.F.:

              Wie würden Sie denn jemanden bezeichnen, der dem Feind seines Landes hilft?

              Wie immer versuchen Sie sich kräftig am derailing. Wenn man Ihnen eindeutige Beweise liefert, verabschieden Sie sich aus der Diskussion.

              Wann nehmen Sie zB mal zur Kenntnis, dass es gerade die russische Regierung ist, die sich in einem Kampf gegen das Böse wähnt und ihr Volk seit Jahren gegen uns aufhetzt? Die russisch-orthodoxe Kirche bezeichnet den Kampf gegen die Ukraine UND den Westen als “heiligen Krieg”.

            • @O.F.:

              Das Argument ist also "Wirtschaftswachstum über Menschenrechte"? Ich sehe keine Diskursunfähigkeit, nur Menschen die mit dieser Prioritätensetzung nicht einverstanden sind.

              Wären Sie bereit, ein wenig Ihres Wohlstandes zu opfern um Menschenleben zu retten? Unabhängig von der effektiven Umsetzung, einfach rein in der Theorie. Ich, für meinen Teil, bin es.

              Vielleicht schwächelt unsere Wirtschaft ein wenig. Wir leben, global gesehen, immer noch in fast pervers luxuriösen Verhältnissen. Derweil stirbt die ukrainische Bevölkerung bei der Verteidigung ihrer Heimat gegen einen genozidalen Kriegstreiber. Angesichts dessen verstehe ich gut, dass nicht alle einverstanden sind wenn man Wirtschaftswachstum und Kohleausstieg als die grösseren Probleme sieht.

              • @Teds:

                Die Diskursunfähigkeit besteht dann, wenn man einen Konflikt als Endkampf gegen das absolut Boese versteht, in dem man keine Kompromisse mehr machen kann und jeder Schritt in diese Richtung Verrat ist. Das ist ein im Kern religiöses Denken, das kein Spielraum für Diskussionen mehr lässt. Und genau diese sind durchaus notwendig: natürlich kann und muss ein Staat auch seine eigenen wirtschaftlichen Interessen berücksichtigen (gerade dann, wenn ein langfristiger Schaden droht) – Deutschland macht das sonst auch. Zumal es ja zwischen „die Ukraine unter den Bus werfen“ und „bis zum Endsieg kämpfen (lassen)“ durchaus Nuancen gibt.

                • @O.F.:

                  Dem stimme ich zu, habe die Kommentare hier vielleicht einfach weniger drastisch interpretiert.



                  Dass ein wirtschaftlich ruiniertes Land auch nicht mehr viel zur Verteidigung humanistischer Werte beitragen kann, ist natürlich klar. Ebenso wie es auf der anderen Seite klar ist, dass ein solches Verteidigen nie kostenlos sein wird.



                  Ich sehe die Gesamtlage vielleicht derzeit einfach weniger dramatisch. Und bin auch kein grosser Fan des Wirtschaftswachstums als Generalindikator. Dass das Wachstum in Russland nicht nachhaltig und nicht produktiv ist, ist ja offensichtlich (Parabel vom zerbrochenen Fenster, usw.). Und, um etwas pessimistischer zu schliessen :) mit schwachem Wirtschaftswachstum werden sich alle westliche Demokratien meiner Prognose nach noch sehr lange und noch sehr viel stärker befassen müssen als jetzt, was aber viel weniger mit Russlandsanktionen zu tun hat als einer allgemeinen und absehbaren Sackgasse, in welche unser globales Wirtschaftssystem zwangsläufig laufen muss.

                • @O.F.:

                  Die Terminologie von "Endkampf", "Endsieg" und dem "absolut Bösen" ist ausschließlich die Ihrige. Ich kenne keinen ernstzunehmenden Politiker, zu dessen Wortschaft das gehören würde. Aber lieber arbeitet man sich an einem selbstgebastelten Popanz ab. Und es hat ja auch System, der Gegenseite ein bestimmtes Vokabular und damit Weltbild zu unterstellen.



                  Und was die religiösen Elemente angeht: Die finden sich wohl eher bei jenen, die beharrlich ignorieren, was da regelmäßig aus Moskau kommt. Ansonsten könnten nämlich ihre in Stahlbeton gegossenen antiwestlichen Feindbilder ins Wanken geraten. Das Wiederkäuen russischer Propagandanarrative, wie wir es ja nun seit Jahren von Wagenknecht und ihrer skurrilen Gefolgschaft kennen, fällt nun wahrlich nicht unter den Begriff der "Diskursfähigkeit".

                  • @Schalamow:

                    Nun habe ich nicht geschrieben, dass andere Foristen dieses Vokabular benutzen, sondern dass sie in diesen Bahnen denken (das ist ein Unterschied!). Und was die Unterstellungen angeht: Wagenknecht z.B. argumentiert eher nationalistisch, indem sie auf deutsche Interessen verweist - das kann man immer noch politisch falsch oder eben einfach unrealistisch finden, sollte dann aber eben bessere Einwände vorweisen als der immer selbe Propaganda-Vorwurf, mit dem jede Kritik am Zeitenwende-Habitus niedergebügelt wird (so viel zum Thema "Feindbilder", hüstel. Genau das ist eben der Unterschied zwischen einem demokratischen Diskurs und dem von mir kritisierten und von Ihnen illustrierten politischen Manichäismus.

                    • @O.F.:

                      Sagt derjenige, der sein eigenes manichäisches Weltbild mit klaren Feindbildern ("die Mitte", "der Westen") in nahezu jeden seiner Kommentare einbaut. Aber gut, das Nötige dazu bei Matthäus 7, Vers 3-5.



                      Was Ihre absichtsvolle Verdrehung Wagenknechtscher Argumentationsmuster angeht: Ihr in Dauerschleife vorgetragener zentraler Vorwurf war eben nicht die Selbstschädigung deutscher Interessen (das war allenfalls eine auf breitere Wählerzustimmung zielende Zugabe), sondern die angeblichen russischen Sicherheitsinteressen, die unterm Strich auch irgendwie den Überfall auf die Ukraine verständlich erscheinen lassen sollten. Hauptschuldiger ist in diesen Erzählungen immer der Westen, mit der Wahrheit hat sie es dabei nie genau genommen. Und die Gegenargumente von Leuten, die von der Materie wirklich etwas verstehen, haben Frau Wagenknecht ja schon aus Prinzip nie interessiert. Aber klar, Kritik an Wagenknecht kann natürlich nur Propaganda sein, da ist sich die "Junge Welt"- und "Nachdenkseiten"-Gemeinde einig. Mit der Forderung nach "besseren Einwänden" wird nur kaschiert, dass gar keine Einwände gewünscht werden. Das ist dann aber nur noch die Simulation von Diskurs.

                      • @Schalamow:

                        Vielleicht lesen Sie noch einmal, was ich geschrieben habe: meine Kritik am Konzept der „Mitte“ hat nicht auf eine Delegitimation bestimmter Positionen abgezielt, sondern darauf, dass darauf, diese Kategorie als solche in Frage zu stellen (und „der Westen“ ist ohnehin kein innerdeutscher Diskursteilnehmer). Den Unterschied zwischen einem Plädoyer für das Recht auf Dissens und einer Feinderklärung nach Innen kann und sollte man verstehen. Es frustriert mich zunehmend, Diskussionen über Positionen zu führen, die ich gar nicht vertrete – manchmal kann man die eigenen Denkschablonen hinter sich lassen und einfach zuhören, was andere meinen. Das gilt übrigens auch für Wagenknecht: dass Sie auf russische Sicherheitsinteressen hinweist, hat nichts mit einer Nähe zu Putin zu tun, sondern ist außenpolitisches Minimum. Kritisieren kann man das immer noch – aber dann bitte inhaltlich; ihr faktenfrei eine besondere Nähe zu Russland zu unterstellen, ist kein Argument, sondern eine Diffamierung.

          • @Jörg Heinrich:

            Wer Russland wieder Milliarden zahlen will, will, dass Russland seinen Krieg weiterführt und gibt ihm die Mittel, irgendwann auch Deutschland anzugreifen.

            Das ist eigentlich schon Landesverrat.

            • @Suryo:

              Btr. Zitat:

              "... dass Russland seinen Krieg weiterführt und gibt ihm die Mittel, irgendwann auch Deutschland anzugreifen."

              Laut Prof. Mersheimer gibt es für Russland keine rationalen oder indeologischen Grund irgendwelche NATO-Staaten anzugreifen.

              Davon abgesehen hätte Russland gar nicht die nötige Menge an Bodentruppen um Deutschland nach Angriff und Krieg zu besetzten,

              Abgeleitet aus der US-Aufwertung der "gescheiterten" Besetzung des Iraks die zu dem Schluss gekommen ist dass man ca. 2 Millionen Truppen Besatzungsmacht für 40 Millionen Einwohner des besetzten Staats braucht.



              --> bräuchte Russland 4 Millionen Bodentruppen um Deutschland zu besetzte.



              --> Somit 4 mal mehr Truppen als Russland heute hat.



              --> Und eine Anzahl von Truppen die Russland nur aufstellen kann wenn es sich dafür wirtschaftlich ruiniert

              Das "Gerede" von möglichen Angriffen Russlands gegen Nato-Staaten sind reine Behauptungen.

              Die Tatsache das Russland eine "Wirtschafts-Wachstums-Poltik" (Wachstum 2023 und 2024 gut +4%) höher priorisiert als einen schnellen militärischen Sieg in der Ukraine "um jeden Preis" zeigt wie unplausibel diese Behauptung ist.

              • @Jörg Heinrich:

                Russland hat genügend Raketen, um Deutschland zu bombardieren.

              • @Jörg Heinrich:

                Es gab für Russland auch keinen rationalen Grund, die Ukraine anzugreifen. Sie hatten auch nicht die nötige Menge an Bodentruppen, um die gesamte Ukraine zu besetzen. Trotzdem haben die den Angriff gestartet.

                Der Angriff auf die Ukraine war bis fast zu dem Zeitpunkt, als er begann, ebenso nur Gerede, welches sogar fachkundige Experten für übertrieben gehalten hatten.

                Putin hat sich dermassen absolut von Realität und Rationalität verabschiedet, dass man mit solchen Rechnungen sehr wenig über die effektiven Handlungen vorhersagen kann. Russland agiert nicht rational, und für Putin ist das Wohlergehen seiner Bevölkerung wenn überhaupt eine, dann höchstens die allerletzte Priorität.

                Dazu passt auch die "Wirtschafts-Wachstums-Politik", die als Kriegswirtschaft natürlich in keiner Weise mit einer Politik vergelichbar ist, die eine Wirtschaft tatsächlich aufbauen und zukunftsfähig machen würde. Dieses Wachstum auf dem Papier ist eine reine Ressourcenvernichtung ohne Gegenwert, die irgedwann nicht mehr aufgeht.

                • @Teds:

                  Zitat:

                  "Es gab für Russland auch keinen rationalen Grund, die Ukraine anzugreifen. "

                  Wirklich ?

                  Zitat Aussage der OSCE-Berichte vom 18.02.2022 bis 23.02.2022 (ich haber steht die OSCE-Berichte gelesen):

                  "1500 Explosionen = Atillerieschläge täglich.

                  Das entscheidende Detail:

                  Der Krieg ist gemessen an den Kriegshandlungen selbst Tage vor dem russiche Einmasch ausgebrochen und damit wurde die Umsetzung von Minsk-2 unmöglich.

                  Das war aus russische Prespektiver der Kriegsgrund.

                  Wer mir nicht glaubt.

                  Die OSCE-Bericht der OSCE-SMM sind alle öffentllich, einfach OSCE-Hompeage "googlen" SSM-Berichter anwählen und nach den Berichten vom 18.02.2022 bis 23.02.2022 suche.

                  • @Jörg Heinrich:

                    Russland begann seinen Krieg gegen die Ukraine im Jahre 2014.

              • @Jörg Heinrich:

                Es snd eigentlich zu viele Punkte, bei denen sie falsch malen um adäquat zu antworten.

                1) Was ist mit den Manövern gegen EU-Infrastruktur z.B. in der Ostsee? Was mit den Cyberangriffen aus St. Petersburg? Was mit den Drohnen über deutschen Kasernen? Russland ist feindlich.

                2) Im Baltikum geht schon die Angst um und das zu Recht. Es liegt ein Drehbuch vor (russische Minderheit in Estland vgl. Krim) und die Möglichkeit, die NATO zu testen (fürs Baltikum in einen Krieg - ob die USA das riskieren wollen?). Äußerungen von Politikern und medienschaffenden - sehr feindlich und aggressiv - liegen zuhauf vor. Alles lange bekannt.

                3) Scherbakowa - deren Analyse sie hier hinterfragen - ist um Welten besser informiert als sie - auch geschichtlich. Sie ist ein Hauptmitglied von Memorial. Sie wissen, was das ist und warum die in russland kaum noch etwas machen können. Im kürzlich erschienen Buch "Memorial" - Sammelband mit freien Texten zu Russland, Krieg, Putin, Zivilgesellschaft udn Geschichte - schreibt sie auch. Dort sind noch sehr viele Fakten über die Renaissance des Genossen Stalin in Russland zusammengetragen. Vielleicht wollen sie ihr Wissen doch mal erweitern. Schauen sie rein!