piwik no script img

Jägerschaft im Emsland warntVorsicht, Wolfsgebiet!

In Emsland warnen Jäger davor, alleine zu Joggen und Kinder in den Wald zu lassen. Es handele sich um ein Wolfsrevier.

Nicht gefährlich aber auch kein Kuscheltier: der Wolf Foto: Swen Pförtner/dpa

Hamburg taz | „Vorsicht! Hier ist ein Wolfsgebiet!“: Das steht auf den Schildern, die Jäger im Emsland an Bäumen angebracht haben. Wie der Norddeutsche Rundfunk (NDR) berichtete, geben die Schilder außerdem Verhaltensanweisungen wie „Kinder an der Hand führen“ und „Nur in der Gruppe Wandern und Joggen“.

Die Schilder seien bis dato nicht bekannt gewesen, teilte das niedersächsische Umweltministerium mit. „Die dort empfohlenen Maßnahmen gehören nicht zu den von unseren Experten empfohlenen Verhaltensregeln.“

Die Warnhinweise wurden in den Gemeinden Sögel und Neubörger gefunden. Sie geben keinen Hinweis auf ihre Autorenschaft. Dem NDR erklärte die örtliche Jagdgemeinschaft jedoch, mit dem Schild werde auf die Problematik mit Wölfen hingewiesen.

Walter Behr, ehrenamtlicher Wolfsberater im Auftrag der Landesregierung, hält die Verhaltensregeln für irreführend. Zwar lebten in dem niedersächsischen Landkreis gegenwärtig vier Wolfsrudel, trotzdem sei die Wahrscheinlichkeit, einen Wolf überhaupt einmal zu Gesicht zu bekommen, recht klein. Er selbst sei, obwohl er auf die Pirsch gehe, nur einmal einem Wolf begegnet.

Keine Übergriffe auf Menschen

Sicherlich sei der Wolf kein Kuscheltier, sagt der Wolfsberater. Er selbst habe Respekt vor einer Begegnung, würde sich aber darüber freuen und ein Foto machen. In den vergangenen 40 Jahren sei es in ganz Europa zu keinem Übergriff eines Wolfs auf einen Menschen gekommen.

Gefahr droht seiner Einschätzung nach eher von anderen Tieren. „Ich hätte mehr Angst, dass ein Wildschwein aus dem Gebüsch raushüpft“, sagt Behr. Wildschweine, die etwa bei der Jagd im Unterholz aufgescheucht werden und um ihre Frischlinge fürchten, könnten auch mal direkt zum Angriff übergehen.

Anja Rohde, Pressesprecherin des Landkreises Emsland, räumt ein, dass in jüngerer Zeit ein paar Schafe und auch eine Kuh von Wölfen gerissen worden seien. Wölfe seien auch gesichtet worden. „Angriffe auf Menschen sind nicht bekannt geworden“, sagt Rohde.

Auch wenn die Verhaltensanweisungen inhaltlich „wenig hilfreich“ seien, dürften solche Schilder durchaus angebracht werden. „Wenn die Schilder auf einer privaten Fläche mit dem Einverständnis des Eigentümers angebracht worden sind, spricht nichts dagegen“, sagt die Sprecherin. Anders wäre es mit Hinweisen wie „Achtung Tollwut“. Damit wäre nicht zu spaßen.

Wolfsberater Behr ärgert sich über die Schilder, weil sie seiner Befürchtung nach für Verunsicherung sorgen könnten. Um dagegen zu arbeiten plädiert er für mehr Aufklärungsarbeit. Dabei hat der Wolf in der Bevölkerung gar nicht so schlechte Karten, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa 2015 im Auftrag des Naturschutzbundes (Nabu) ergab.

Wölfe gehören dazu, findet die Mehrheit der Niedersachsen

51 Prozent der befragten Niedersachsen bezeichneten ihre persönlichen Gefühle und Empfindungen gegenüber Wölfen darin als positiv oder eher positiv. 80 Prozent fanden, „Wölfe gehören in unsere Landschaft, wie Füchse, Rehe oder Biber“. Allerdings gaben 30 Prozent an, sie hätten in einem Gebiet mit Wolfsvorkommen Angst, in den Wald zu gehen.

„Die Abwägung zwischen der empfundenen Angst und der tatsächlichen Bedrohung durch Wölfe kann und muss letztlich jedoch persönlich getroffen werden“, teilte das Umweltministerium mit. Das Wolfsbüro registriere jede Meldung über Nahbegegnungen, bewerte diese und stehe für eine Beratung im Einzelfall gern zur Verfügung.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • Stimmt - jeden Tag lese ich von Angriffen auf Kinder oder Jogger über böse Wölfe. Ach nee, tschuldigung.



    Waren ganz normale Hunde, die Kinder, Jogger und Radfahrer angegriffen haben. Hunde, die ihre Halter nicht im Griff hatten.



    Nachdem weltweit vermutlich mehr Angriffe durch Haushunde auf Menschen als durch Wölfe erfolgen, plädiere ich für den Abschuss eines jeden freilaufenden Hundes.

  • Es ist doch nicht zu fassen mit welch' propagandistischen Mitteln diese Tier-erschiesser hier zu Werke gehen.

    Aber klar - wenn man Angst schürt werden sich schon Leute finden die sich vor den Karren spannen lassen.

    Viele von denen würden eh am liebsten einen Zaun um den Wald machen.

  • Wenigstens werden die im Artikel genannten Wildschweinmütter regelmäßig gegessen :-)

  • " Keine Übergriffe auf Menschen " (?)

    Stimmt so nicht ganz, laut dem Norwegischen Instituts für Naturforschung (NINA)



    " Von 2002-2020 fanden die Wissenschaftler weltweit 491 Angriffe, von denen 26 tödlich endeten. Schwerpunktregionen für Konflikte sind Iran, Türkei und Indien. Der Großteil (78%) der Angriffe lässt sich auf Tollwut zurückführen."



    und:



    "bestätigten die Wissenschaftler in den vergangenen 18 Jahren insgesamt 14 von Wölfen angegriffene Menschen, von denen zwei Fälle (beide in Nordamerika) tödlich waren."

    Q:www.ifaw.org/de/ak...-fur-2002-bis-2020

    steht natürlich in keinem Verhältnis zu den jährlich 30 000–50 000 Bissverletzungen allein in Deutschland, davon



    werden 60–80 % der Bissverletzungen durch Hunde verursacht.

    Q:www.aerzteblatt.de...enbissverletzungen

    • @avatar4:

      Das mit den 60-80 % bezweifele ich stark.

      Ich gehe mal davon aus, dass 90-95 % der Bissverletzungen in D Insektenbisse sind.

      Jaja, Zahlen sind geduldig ...

  • 4G
    47360 (Profil gelöscht)

    Tote oder Verletzte durch Wölfe seit Wölfe wieder da sind: 0,0

    Tote oder Verletzte durch Wildschweine, Hirsche, Weidevieh (Mutterkühe vor allem) bis hin zu Zeckenbissen oder Insektenstichen ... braucht man nur googeln, eine ganze Menge.

    Tote oder Verletzte durch Mensche: siehe Kriminalstatistik. Eigentlich gehören Warnschilder an jede Ortschaft, es wird auch keinen Ort ohne Körperverletzung geben.

    Offenbar hat Mensch es ständig nötig, Gefahr auf andere und anderes zu projizieren und die dickste Gefahr stur dabei ausblendend.

    Die Landwirte haben vor allem die Artenvielfalt in die Tonne getreten, zum Aussterben gebracht und ausgerechnet die schimpfen am Lautesten.

  • Herrlich, das heißt, da kann man jetzt vielleicht mal spazierengehen, ohne ständig nervigen Joggern begegnen zu müssen? Danke, Wölfe!

    • @Suryo:

      Irgendwie versteht mensch jetzt, wieso vorausschauende Zeitgenossen schon vor Jahrzehnten begannen zu üben, wie es sich mit Skistöcken spazieren lässt. Das war Bewaffnung ! Gruß an TOM.

  • Armselig diese „Waidmannschaft“! Wer Tiere verteufelt anstatt sie zu schützen MUSS m.e. seine Waffe und den Jagdschein abgeben.

  • 80% ? Wohnen die alle in der Stadt ? Schon Umfragen unter Betreuer/innen und Eltern von Wald-Kitas oder Waldspielplätzen gemacht ? Unter Hunde-Gassi-Gehern ? Schafbesitzern ? Waldrandbewohnern ? Solche Umfragereien eriunnern an: Wieviel Prozent sind mit der Coronapolitik unzufrieden ? Dass davon dann vllt. die eine Hälfte viel weitgehendere und die andere garkeine Maßnahmen will, geht unter. Schön wär auch mal ne Umfrage, wieviele Fußgänger mit Hundebesitzern zufrieden sind ... und wieviele sich bedroht fühlen. Mal Schilder aufhängen ?

  • Dann darf man sicher auch Schilder aufhängen, die vor grantigen Jägern warnen. Richtig?

    Achtung! In diesem Wald könnten sie einem oder mehreren ignoranten, schlechtgelaunten, unfreundlichen und zu dem bewaffneten Personen begegnen.

    • @m.d.bichlmeier:

      Super Idee. Wahrscheinlich wegen der erwähnten Eigentumsfrage nicht erlaubt. Fakt ist aber, dass in den vergangenen 40 Jahren etliche Menschen von Jägern erschossen wurden (in Deutschland zuletzt im vergangenen März bei Marklohe in Niedersachsen, wo ein Jäger einen anderen erschoss).

      • @Mika:

        Alte Jägerweisheit: Wer einen anderen Jäger erschießt,muss die Witwe heiraten.

    • @m.d.bichlmeier:

      ja, aber nur mit Einwilligung der grantigen Waldbesitzer ;-]