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Istanbuler Bürgermeister in HaftMassive Proteste nach Inhaftierung von İmamoğlu

Als Reaktion auf die Festnahme des Istanbuler Oberbürgermeisters İmamoğlu gehen tausende Menschen auf die Straße. Dutzende Personen wurden festgenommen.

Protest gegen die Verhaftung von Istanbuls Bürgermeister Ekrem Imamoglu am 20.03.2025 Foto: Umit Bektas/reuters

Berlin taz | Es war eine beeindruckende Demonstration der Wut am Mittwochabend. Als Reaktion auf die Festnahme des Istanbuler Oberbürgermeisters Ekrem İmamoğlu drängten sich tausende Menschen vor dem Rathaus und forderten lautstark die Freilassung ihres Bürgermeisters. Trotz Demonstrationsverbot, gesperrten U-Bahnen und eines Massenaufgebots an Polizei füllten sich die Straßen vor dem Rathaus.

Vom Dach eines Kampagnenbusses sprach Dilek İmamoğlu, die Frau des festgenommenen Politikers zu den Protestierenden und bedankte sich für die Unterstützung. Den ganzen Tag über hatte es in Istanbul, aber auch in vielen anderen Städten des Landes massenhafte Proteste gegeben. Studenten der Istanbuler Universität marschierten schon am Mittag Richtung Rathaus und durchbrachen dabei Polizeisperren. Auch in Ankara gingen viele Studenten auf die Straße. Es gab etliche Festnahmen. Auch wegen Posts in den sozialen Medien wurden 37 Personen festgenommen.

Während die Oppositionspartei CHP, die İmamoğlu an diesem Sonntag zu ihren Präsidentschaftskandidaten küren will, dazu aufgefordert hatte, dass die Leute sich landesweit an ihren Parteibüros treffen sollten, drängten in Istanbul hunderte aufgebrachte Anhänger İmamoğlus auch zu dem Komplex der Sicherheitspolizei, wo ihr Bürgermeister seit Mittwochvormittag festgehalten wird. Mit Pfeffergas und Schlagstockeinsatz wurden sie zurückgedrängt.

Auch am Donnerstag wurde İmamoğlu noch bei der Sicherheitspolizei befragt. Unterstützung durch einen Anwalt wird ihm bei diesen Befragungen nicht gewährt. Seine Anwälte werden weit vor der Polizeizentrale festgehalten. Die Vorwürfe sind völlig willkürlich. Neben angeblichen Korruptionsfällen, die gegen İmamoğlu auch in anderen Scheinverfahren schon erhoben und widerlegt wurden, will ihm die Staatsanwaltschaft nun auch noch die Unterstützung der „Terrororganisation“ PKK anhängen.

Erdoğan versucht Istanbul zurückzugewinnen

Angeblich soll İmamoğlu bei der Kommunalwahl im März 2024, die er gegen den Erdoğan-Vertreter haushoch gewann, mit einer Vorfeldorganisation der PKK kooperiert haben. Unter diesem Vorwand waren vor ihm schon mehrere Bezirksbürgermeister der CHP in Istanbul aus dem Amt gedrängt und zum Teil ins Gefängnis gesteckt worden. Seit Erdoğans AKP Istanbul bei den Wahlen 2019 nach jahrzehntelanger Kontrolle an İmamoğlu und die CHP verloren hat, versucht Präsident Erdogan die Millionenmetropole für seine AKP zurückzugewinnen.

„Wer Istanbul regiert, wird bald auch die Türkei regieren“, ist eine Parole, die Erdoğan selbst immer wieder verbreitet hat. Entsprechend versuchte seine Regierung alles, um Istanbul wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Stadtverwaltung wurde finanziell stranguliert und İmamoğlu auch schon in seiner ersten Amtszeit mit Verfahren überzogen. Dennoch gewann er in Istanbul erneut mit großem Vorsprung vor seinem AKP-Konkurrenten. Seitdem will die Regierung ihn mit allen Mitteln ausschalten. Während İmamoğlu in Polizeihaft ist, wurde noch am Mittwochabend die Baufirma seiner Familie beschlagnahmt und durch die Polizei besetzt. Als nächsten Schlag befürchtet die CHP nun, dass Erdoğan ganz Istanbul unter staatliche Zwangsverwaltung stellen könnte.

Das bedeutet, dass nicht einer der Stellvertreter İmamoğlu die Amtsgeschäfte übernehmen kann, so lange wie der gewählte Bürgermeister festgehalten wird, sondern Erdoğan einen ihm genehmen Zwangsverwalter einsetzt. Dieses Verfahren wurde bislang vor allem in Städten im kurdisch besiedelten Südosten der Türkei praktiziert. Unterdessen versucht die Führung der CHP jetzt die weiteren Proteste zu organisieren und zu verstärken. Am heutigen Donnerstagabend soll es erneut eine Kundgebung vor dem Rathaus geben, auf der der Bürgermeister von Ankara, Mansur Yavaş sprechen soll. Yavaş, der die Hauptstadt seit Jahren sehr erfolgreich regiert, ist CHP intern der Rivale İmamoğlu für die Rolle des Präsidentschaftskandidaten der Partei.

Er hat jetzt aber erklärt, er werde sich mit ganzer Kraft hinter İmamoğlu stellen. Von Anhängern Erdogans wird in den sozialen Medien bereits verbreitet, auch gegen Yavaş hätte die Staatsanwaltschaft schon ein Dossier angelegt und er könnte als nächster festgenommen werden. „Jetzt ist Yavaş an der Reihe“ verkünden die AKP-Trolls. Der CHP-Parteivorsitzende Özgür Özel ruft dagegen jetzt die Bevölkerung dazu auf, am kommenden Sonntag „zu Millionen“ auf die Straße zu gehen und zu den Parteibüros der CHP zu kommen. Dort könnten sie dann an der Wahl İmamoğlus zum Präsidentschaftskandidaten der CHP teilnehmen. Die Wahl wurde auch für Leute geöffnet, die nicht Mitglieder der CHP sind.

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3 Kommentare

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  • Die Türkei ist immer offener eine Diktatur. Während CHP-Politiker als angebliche PKK-Unterstützer angeklagt werden, hetzt die türkische Regierung Milizen in Syrien auf Kurden und Syrer los. Für mich ist die Türkei total indiskutabel und es steht eine echte, wirksame Reaktion der EU noch aus. Dass es keine Reaktion von Trump gibt, wundert mich nicht. Auch das hier könnte eine Folge von Trumps Präsidentschaft sein. Erdogan war schon immer gegen die CHP, aber bisher ist er nie so direkt gegen sie vorgegangen, wie das jetzt passiert. Und dafür muss es auch andere Gründe geben, als die Aussicht, in den Wahlen abgewählt zu werden. Ich glaube sowieso nicht an freie und unabhängige Wahlen in der Türkei. Bisher waren alle Wahlen in irgendeiner Weise beschränkt, eingeschränkt oder gelenkt.

  • Tja, das ist der ach so wichtige Nahöstliche Verteidiger unserer NATO Wertegemeinschaft! 😎✌️🥂

    Aber ist ja nicht neu. Unsere liebe NATO hatte auch keine Probleme mit echten Militärdiktaturen - Portugal, Griechenland - oder der völkerechtswidrigen Annexion von Nordzypern.

  • Erdogan Trump Netanjahu Orban sind so Typen, die sich sehr ähnlich sind. 😬