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Israels Druck auf NGOsKulturschaffende gegen Netanjahu

Nach einer Beschwerde über das Jüdische Museum in Berlin wehren sich Israels KünstlerInnen dagegen, den „kritischen Diskurs“ zu unterbinden.

Gegen den Druck der Regierung: Micha Ullman, der das Denkmal auf dem Berliner Bebelplatz gestaltete Foto: dpa

Berlin taz | Israelische KünstlerInnen wehren sich gegen einen Angriff der israelischen Regierung auf Nichtregierungsorganisationen und das Jüdische Museum in Berlin. Wir nehmen dies „schockiert zur Kenntnis“, heißt es in einem Schreiben, das der taz vorliegt. Die 40 KünstlerInnen kritisieren den Versuch, kritische Stimmen gegen Israels Besatzungspolitik nicht nur im eigenen Land, sondern auch in Deutschland zu unterdrücken.

Der israelischen Regierung missfällt eine Ausstellung des Jüdischen Museums, die die Geschichte Jerusalems aus vielfältigen, auch arabischen Perspektiven beleuchtet. Mehr als ungewöhnlich war der Versuch, die Bundesregierung mit einem Protestbrief dazu zu bewegen, das Museum sowie NGOs und Stiftungen unter Druck zu setzen. Die taz berichtete am 6. Dezember als erstes Medium über den Vorfall.

Die Kritik an der Jerusalem-Ausstellung sei „unaufrichtig und irreführend“, kritisieren die KünstlerInnen. „In den letzten Jahren haben wir in Israel unzählige Versuche der Regierung erlebt, in Zusammenarbeit mit populistischen und ultrarechten Parteien die Räume des kulturellen Ausdrucks und damit den pluralistischen, kritischen Diskurs einzuschränken.“

Andersdenkende würden als „fünfte Kolonne“ denunziert, bei Förderungen übergangen und aus ­öffentlichen Räumen verdrängt. Das zerstöre die „kulturelle Debatte in einer offenen Gesellschaft“.

Prominente Stimmen unter den UnterzeichnerInnen

Zu den Unterzeichnern gehören mehrere Träger des Israel-Preises, der höchsten Auszeichnung für Künstler, Wissenschaftler und Intellektuelle, darunter Micha Ullman, der das Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung auf dem Berliner Bebelplatz gestaltete. Auch der Designer David Tartakover sowie die Künstlerin Michal Naaman und der Künstler Gal Weinstein, der Israel bei der Biennale 2017 vertrat, unterstützen den Brief.

Dass vier Träger des Israel-Preises den Protest initiiert haben, verleiht ihm Gewicht.

Dass vier Träger des Israel-Preises den Protest initiiert haben, verleiht ihm Gewicht. Auch dieser Preis ist der israelischen Rechten ein Dorn im Auge. Netanjahu wollte die Jury 2015 von „Antizionisten“ und Linken säubern. Der Versuch scheiterte – am Widerstand prominenter Autoren wie David Grossman.

Lesen Sie zu diesem Thema auch das Interview mit dem Politologen Amal Jamal von der Tel Aviv-Universität.

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5 Kommentare

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  • Mir ist nicht ganz klar, warum ein Jüdisches Museum in Berlin die Geschichte Jerusalems aus vielfältigen, auch arabischen Perspektiven beleuchtet. Sollte man nicht besser die Geschichte Berlins aus vielfältiger, auch aus Jüdischer Perspektive beleuchten? Nicht nur Moses Mendelson oder Albert Einstein in der Preußischen Akademie der Wissenschaften, sondern auch die 55.000 ermordeten Berliner Juden.



    Dass die Deutschen, nachdem sie über Jahrhunderte gewachsene jüdischen Gemeinden zuhause vernichtet haben, ihre paternalistischen Botschaften auch noch hinter dem Schleier eines jüdischen Museums über 3000 km nach Jerusalem tragen ist einfach nur noch unerträglich.

    • @Günter:

      Sie verstehen schon, dass Jerusalem für die jüdische Geschichte wichtig ist, oder? Warum sollte sich also ein Jüdisches Museum (nicht Museum des Judentums in Deutschland!) nicht mit der Geschichte der Stadt beschäftigen? Auch die Aufgabe moderner Museen scheint Ihnen nicht recht klar zu sein: vielfältige Bildung vermitteln, indem kontroverse Debatten geführt werden.

      • @My Sharona:

        Don‘t feed the troll