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Investitionen bei der BahnJetzt wird geklotzt

200 Milliarden Euro für Schienen, Bahnhöfe, Züge: So viel Geld wie nie fließt bis 2030 in die Bahn. Konzernchef Lutz sieht eine „Generationenaufgabe“.

Das Schienennetz soll ausgebaut werden Foto: Lukas Schulze/dpa

Berlin taz | Die Deutsche Bahn will in den kommenden Jahren erhebliche Gewinneinbußen hinnehmen, um mehr zu investieren. So will der Konzern bis 2030 rund 50 Milliarden Euro aus eigener Kraft aufbringen. Zusammen mit den rund 150 Milliarden Euro zusätzlicher Bundesmittel für die Modernisierung der Schienenwege und Bahnhöfe fließt so viel Geld in das System wie nie zuvor. „Jetzt wird nicht gekleckert“, kündigt Bahnchef Richard Lutz an, „jetzt wird geklotzt.“

Im laufenden Jahr erwartet Lutz noch ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von rund 1,8 bis 1,9 Milliarden Euro. Die neue Planung bis ins Jahr 2030, die er dem Aufsichtsrat bei seiner nächsten Sitzung präsentieren wird, geht für das kommende Jahr von nur noch 1,3 Milliarden Euro EBIT aus. „Wir werden akzeptieren, dass wir in den nächsten Jahren ein niedrigeres Ergebnis haben werden“, sagt Lutz, der von einem „Paradigmenwechsel“ spricht. Im Vordergrund stünden künftig die finanzielle Stabilität des Konzerns und die Qualität des Angebots.

Vor allzu großen Erwartungen an pünktlichere Züge und zusätzliche Kapazitäten warnt der Bahnchef indes. Die Sanierung des gesamten Systems sei eine Generationenaufgabe. Derzeit werde besonders viel gebaut. Bis sich die Erfolge spürbar einstellen, werde es noch eine Weile dauern.

Das gilt auch für die Sanierung der größten internen Baustelle, den Güterverkehr. In diesem Jahr rechnet die Bahn im Cargogeschäft mit einem Verlust von 290 Millionen Euro, 100 Millionen mehr als 2018. Ein Teil der Schwäche geht auf die konjunkturellen Probleme der für die Bahn wichtigen Automobil- und Stahlindustrie zurück.

Nahverkehrstochter soll an die Börse

Der größte Teil ist jedoch hausgemacht. Vor allem der Verkehr von Einzelwagen, die von den Kunden abgeholt und dann zu ganzen Zügen zusammengesetzt werden, ist defizitär. Ab dem 1. Januar wird die bisherige Berliner BVG-Chefin Sigrid Nikutta die Sparte leiten.

Mit Ausnahme von Cargo und den Regio-Bussen entwickeln sich Lutz zufolge alle anderen Geschäftsfelder wie geplant oder sogar noch besser. Trotzdem braucht der Konzern mehr Geld für die Investitionen und Züge und Service.

Eigentlich sollte der Verkauf der britischen Nahverkehrstochter Arriva in diesem Jahr die fehlenden 4 Milliarden Euro einbringen. Doch es fand sich kein Bieter, der einen akzeptablen Preis für das Unternehmen zu zahlen bereit war. Im kommenden Jahr nimmt die Bahn nun einen neuerlichen Verkaufsanlauf. Im Frühjahr oder Sommer 2020 werde ­Arriva in den Niederlanden an die Börse gehen, so Lutz. Zunächst werde ein kleiner Teil der Aktien platziert, bis 2022 dann der Rest.

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10 Kommentare

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  • Das Geld für Oberleitungen auf der A1 wäre auch besser bei der Bahn aufgehoben.

  • Es gab Zeiten, da galt ein Bahnhof als modernes Eingangstor zur Stadt, auf das man so stolz war, daß man ihn auf Postkarten abbildete.



    Und es sind aus der Gründerzeit zahlreiche teils erbittert geführte Streitigkeiten zwischen Gemeinden und Bahnverwaltungen bekannt, wie groß ein Bahnhof sein und wie er aussehen sollte.



    Lang, lang ist's her ...



    Und bei Lichte betrachtet sind die jetzt zusätzlich zur Verfügung stehenden Gelder nichts als der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein.

  • wie man so liest, dienen die Mittel ja "nur" dem Ausbau des bestehenden Netzes dient und nicht der Reaktivierung stillgelegter Strecken oder gar dem Streckenneubau - so wird das nichts mit der Verkehrswende

    • @My Sharona:

      Vom Güterverkehr, wo das eigentliche Potential der Bahn steckt, redet (natürlich) mal wiedr keiner. Dabei hat sich der Gterverher in den letzten 20 Jahren vor allem durch den innereuropäische Transitverher in Deutschland mehr als verdoppelt - und findet durch die verfehlte Verkehrspolitik überwiegend auf der Straße statt.



      Dort iegt der eigentliche Skandal und dort läge die eigentliche verkehrstechnische und umwelttechnische Lösung!

  • G
    Gast

    Von mehr Personal steht da kein Wort.



    Investitionen, Sanierungen, Modernisierungen. "Eine Generationenaufgabe." Das klingt ja nach langjähriger konsequenter Vernachlässigung?



    DB tut soviel wie noch nie, aber man soll bitte keine großen Erwartungen bezüglich Verbesserungen haben!

    In der Schweiz funktioniert die Bahn seit ihrer Erfindung ununterbrochen gut. Sogar bei Wetter.

  • Und bestimmt wird wie immer jedes einzelne Bauprojekt der Bahn erstmal von einer Bürgerinitiative so weit es geht ausgebremst.

    • @Ruediger:

      Bestimmt wird die Bahn auch wieder Bauprojekte finden, die nicht dem Verkehr nutzen, sondern lediglich der Bau- und Immobilienwirtschaft Traumgewinne bescheren: Stuttgart 21 zu klein für Verkehrswachstum, Neubaustrecken, die ausländische Konkurrenz effektiv aussperren (NBS Frankfurt-Köln und Stuttgart-Ulm zu steil für TGV und die meisten Altfahrzeuge), kostspielige Kapazitätsverkleinerung Hamburg Diebsteich usw. usf.

      Es gibt eine Menge Projekte der Deutschen Bahn mit fehlender Sinnhaftigkeit.

      Aber dort, wo sinnvolles seit Jahrzehnten auf sich warten lässt, schiebt man dann gerne den Widerstand von Bürgerinitiativen vor, um nicht leisten zu müssen.

      • @Helmut Fuchs:

        Man sollte bei Kritiken bei der Sache bleiben:



        Das die TGV nicht in Deutschland verkehren liegt nicht an der Bahn, sondern an dem Umstand, daß die TGV nicht den deutschen Brandschutznormen entsprechen und sie deshalb nur eine Ausnahmegenehmigung zum Befahren der Strecke Köln-Aachen-Landesgrenze besitzen.



        Zu steil ist die Neubaustrecke Köln-Frankfurt auch nur für den schweren Güterverkehr - in Anbetracht der Tatsache, daß sie von vornherein nur als Hochgeschwindigkeits-Strecke für den Personenverkehr geplant und gedacht war, macht das durchaus seinen Sinn.



        Selbst dem Projet Stuttgart 21, was ja nicht nur als dem neuen Bahnhof, sondern auch aus einer großmaßstäbigen Neugestaltung der Bahnanlagen im Raum Stuttgart besteht seine Sinnhaftigkeit nicht abzusprechen, selbst wenn man es anders und besser hätte machen können.



        Wenn es in den letzten Jahrzehnten ein wirklich von vornherein nutzloses und unsinniges Bahnprojetkt gab, dann war das die vorgesehene Transrapid-Strecke Berlin-Hamburg.



        Weil es in Detschland genügend Verkehrsinvrastuktur gibt, gibt es für ein weiteres Massen-Transportmittel hier weder Platz noch Bedarf. Das war von vornherein klar - es hat nur viel Zeit und Geld gekostet, bis die Verantwortlichen das eingesehen haben.



        Das der Transparid ein Exportschlager für Länder sein könnte, wo es ein großes Transportaufkommen und wenig Verkehrsinvrastuktur gibt - z.B. in einigen asiatischen und nahöstlichen Ländern - daran hat natürlich keiner gedacht. Diese Überlegung hat man den Chinesen überlassen ...

  • " So viel Geld wie nie fließt bis 2030 in die Bahn."

    Das stimmt natürlich nicht. In der Aufbauphase des Bahnnetzes wurde natürlich mehr investiert und gebaut...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Nicht nur in der Aufbauphase - auch in späteren Zeiten hat es imer wieder große Investitionsprogramme in die Bahn gegeben.



      Ende der 20-er und in den 30-er Jahren war es ein riesiges Bauprogramm, um Streckengeschwindigkeiten und Achslasten erhöhen zu können und die Signal- und Sicherungstechnik anzupassen.



      Ab Mitte der 50-er Jahre bis Ende der 70-er Jahre war es das Elektrifizierungsprogramm. Nebenher lief bis Mitte der 70-er Jahre der große Taktionswandel auf nicht elektrifizierten Strecken.



      Und an das ab 1976 in der DDR angelaufene große Elektrifizierungs-Programm denkt heute kaum noch einer, obwohl es der DDR seinerzeit viel Mühe und viel Geld gekostet hat - im Verhältnis gesehen sogar viel mehr als das gerade aufgelegte Programm.



      Und davon abgesehen:



      Was jetzt aufgelegt wurde, ist kein Investitionsprogramm, sondern nicht mehr als eine notwendige Erhaltungsmaßnahme.



      Schließlich läßt jeder Hotelier ab und an seine Zimmer renovieren, ohne das ganze gleich als Investitionsprogramm zu darzustellen.