Inhaftierte katalanische Politiker: Madrid plant Begnadigungen

Spaniens Regierungschef plant, mehrere inhaftierte Unabhängigkeitspolitiker und -aktivisten aus Katalonien freizulassen. Dagegen regt sich Protest.

Demonstrierende mit Spanien-Flaggen

Sonntag in Madrid: Tausende demonstrierten gegen die geplanten Begnadigungen Foto: ap

MADRID taz | „Katalonien ist Spanien“, skandierten Tausende Demonstranten am Sonntag auf dem Kolumbusplatz in Madrid. Sie waren dem Ruf dreier Rechtsparteien, der konservativen Partido Popular (PP), der rechtsliberalen Ciudadanos (Cs) und der rechtsextremen Vox, gefolgt. Ihre Empörung gilt dem Plan des spanischen Regierungschefs, des Sozialisten Pedro Sánchez, noch vor der Sommerpause die zwölf inhaftierten katalanischen Unabhängigkeitspolitiker und -aktivisten zu begnadigen.

Was für Sánchez einen Weg zur „Aussöhnung mit Katalonien“ einleiten soll, ist für die Rechte „Verrat“. Unter den Demonstranten befanden sich auch Vertreter der Regionalregierung Madrids sowie der Schriftsteller Mario Vargas Llosa.

Trotz gegenteiliger Empfehlung des Gerichts, das die Betroffenen wegen „Aufstands“ zu bis zu 13 Jahren Haft verurteilt hat, will Sánchez einen Teil der Strafe erlassen, so dass die Betroffenen auf freien Fuß kommen. „Tauschen wir Drohungen gegen Vorschläge, egal woher sie kommen. Das neue ‚Wir‘ wird erfolgreich sein“, sagte Sánchez vergangene Woche in der katalanischen Hauptstadt Barcelona.

Die Begnadigungen sollen einen Dialog mit der Autonomieregierung erleichtern. Dieser steht mit Pere Aragonès erstmals seit Einführung der Autonomie Ende der 1970er Jahre ein Politiker der Republikanischen Linken (ERC) vor. Die liberal-konservative Junts per Catalunya (JxCat) rund um den im Brüsseler Exil lebenden ehemaligen katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont ist seit einer Wahl im Februar nur noch Juniorpartner in der Regierung.

Der Parteichef und einstige Vizeregierungschef unter Puigdemont, Oriol Junqueras, begrüßte die geplante Begnadigung in einem Brief aus der Haftanstalt. Er schrieb von „Gesten, die den Schmerz der Repression und das Leiden lindern können“.

„Schottischer Weg“

Junqueras verzichtete erstmals auf eine einseitige Umsetzung der Unabhängigkeit, die bisher immer Teil der Debatte in Katalonien war. Die ERC will nun einen „schottischen Weg“. In den kommenden zwei Jahren soll ein Referendum im beiderseitigen Einvernehmen ausgehandelt werden. Doch Sánchez will davon nichts wissen. Ihm schwebt eine stärkere Autonomie für Katalonien vor, um die Lage zu beruhigen und die Einheit Spaniens zu wahren.

Mehrere sozialistische Landesfürsten sprechen von einem „Fehler der Demokratie“. Der historische Parteichef Felipe González unterstützt sie dabei. Sie befürchten negative Reaktionen ihrer Wähler, deren Spanienbild sich zumindest außerhalb Kataloniens und des Baskenlands meist nur unwesentlich von dem der rechten Wählerschaft unterscheidet.

2019 hatten die gleichen drei Parteien zu einer Kundgebung gegen einen Dialog mit Katalonien gerufen. Damals kamen weit mehr Menschen als am Sonntag.

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