Inflation in Spanien: Von Madrid lernen
In Spanien ist die Inflationsrate leicht rückläufig. Das geht auf das Konto von Premier Sánchez – der beherzt zu mutigen Maßnahmen griff.
M utige Politik zahlt sich aus. Die Zögerlichen bestraft das Leben. Beweis sind die Inflationsraten in der EU. Spanien ist das einzige große EU-Land, dem es in den letzten Monaten gelungen ist, die Inflation zu mäßigen. Lag die Teuerungsrate im Juli noch auf einem Rekordwert von 10,8 Prozent, sind es jetzt nur noch 7,3 Prozent. Für das gesamte Jahr wird eine Inflationsrate von 8,8 Prozent erwartet.
Bei allen anderen Großen, wie Frankreich, Italien und allen voran Deutschland, ist die Tendenz gegenteilig. So verzeichnet Berlin im Oktober 11,6 Prozent und liegt damit deutlich über dem EU-Schnitt von 10,7 Prozent – dem Rekordwert, seit der Einmarsch der russischen Armee in der Ukraine die Märkte durcheinandergebracht hat.
Das Geheimnis ihres Erfolgs ist, dass die spanische Linksregierung handelt. Statt Geld an alle zu verteilen, das dann wie ein Tropfen auf dem heißen Stein an der Supermarktkasse verpufft, greift Ministerpräsident Pedro Sánchez in die Strukturen einzelner Märkte ein. Neben gezielten Mehrwertsteuersenkungen für Energie deckelte er den Gaspreis bei der Stromerzeugung und senkte damit die Rechnung der Haushalte im Durchschnitt um gut 20 Prozent.
Der Gaspreis wurde jetzt rechtzeitig zum Winter ebenfalls gedeckelt. Und es gibt neben kostenlosen Pendlertickets zusätzlich noch 20 Cent Rabatt auf den Treibstoff an der Tankstelle. Das ist zweifellos umstritten, aber dass die Preise für den Transport etwa von Lebensmitteln nicht durch die Decke gehen, ist wichtiger als eine Erhöhung von Kindergeld oder irgendwelche Einmalzahlungen.
Wenn Anfang kommenden Jahres, so die Ampel sich einig wird, endlich auch in Deutschland Strom und Gaspreise ausgebremst werden, wird Spanien bereits in die zweite Runde gehen. Die Maßnahmen werden verlängert oder angepasst. Gegenfinanziert wird das Ganze zum Teil durch gezielte neue Steuern. So werden Banken und Energieversorger mit einer Übergewinnsteuer zur Kasse gebeten. Auch dafür bedarf es Mut, den nicht jeder aufzubringen wagt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Israels Brüche der Waffenruhe
Die USA sind kein neutraler Partner