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Impfpflicht für CoronaMontgomerys Phantomdebatte

Felix Lee
Kommentar von Felix Lee

Der Weltärztepräsident fordert eine völlig unsinnige Corona-Impfpflicht. Am Ende nutzt sie nur den Rechtspopulisten und Verschwörungstheoretikern.

Die Geister, die er rief, sind gar nicht da: Montgomery fordert eine Impfpflicht Foto: Guido Kirchner/dpa

D er Weltärztepräsident Frank Montgomery ist für seine markigen Worte bekannt. Das hat er schon als langjähriger Vorsitzender der Ärztegewerkschaft Marburger Bund bewiesen. Zuletzt wetterte er gegen eine Maskenpflicht mit dem Argument, die Menschen wähnten sich mit Maske sicher, vergäßen dabei aber den sehr viel wichtigeren Mindestabstand. Als „lächerlich“ bezeichnete er die Option, Schals oder Tücher zu verwenden, falls keine Maske zur Hand ist. Dabei schützt selbst ein Halstuch besser als nichts – zumal es darum geht, die Menschen in ein Verhalten einzubeziehen, das die ­Infektionsketten zumindest zum Teil unterbricht.

Montgomerys Ansichten sind also ebenso markig wie fragwürdig. Nun fordert der Weltärztepräsident bei der Bekämpfung von Covid-19 eine Impfpflicht für alle – und provoziert damit erneut eine Phantomdebatte, die in diesem Fall aber vor allem Rechtspopulisten nützt. Kein wichtiger Politiker oder Wissenschaftler fordert derzeit die Zwangsimpfung. Sie ist auch gar nicht nötig. Es wird noch nicht einmal der sanfte Zwang notwendig sein, die der Staat derzeit bei Masern anwendet. Hier ist die Impfung die Voraussetzung für den Kitabesuch der Kinder. Im Fall von Corona reicht es völlig, wenn der impfwillige Teil der Bevölkerung sich die Spritze setzen lässt.

Zwar ist auch das neue Coronavirus beängstigend infektiös. Ohne Kontaktbeschränkungen würde ein mit dem Virus Infizierter zwei bis drei Menschen anstecken. Das bedeutet: Wenn nur sechs von zehn Menschen immun sind, verschwindet das Virus aus der Bevölkerung. Masern sind jedoch noch einmal viel ansteckender, der Prozentsatz muss hier deutlich höher liegen. Daher die Kitaregeln.

Umfragen zeigen: Eine große Mehrheit hierzulande vertraut in der Pandemiebekämpfung den WissenschaftlerInnen. Viele sehnen die Impfung geradezu herbei, damit das Leben sich normalisiert, gerade auch für Risikogruppen. Die Nachfrage nach dem Pikser wird enorm sein. Die erforderliche Quote von 70 Prozent dürfte leicht erreicht werden. Umgekehrt sind Montgomerys Aussagen Wasser auf die Mühlen von Rechtspopulisten, die Impfskeptiker zu ihrer neuen Zielgruppe erkoren haben.

Es klingt fast, als wolle der Weltärztepräsident deren Erwartungen einer „Impfdiktatur“ erfüllen. Grundsätzlich sollte jede Medikamentengabe freiwillig erfolgen. Die Pflicht zur Masernimpfung in Kitas dient dabei vor allem dem Schutz der Kinder. Sie können schließlich noch nicht entscheiden, ob sie die Vorzüge der Impfung nutzen wollen. Bei Corona wird diese Abwägung glücklicherweise nicht nötig sein.

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Felix Lee
Wirtschaft & Umwelt
war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.
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11 Kommentare

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  • Sehr geehrter Frank Ulrich Montgomery,

    Sie postulieren "Impfen tut Not", eine Variation von Gorch Focks Buchtitel "Seefahrt tut Not" von 1913. Der Roman handelt von Notwendigkeit und Gefahren der Seefahrt für die Menschen. Wie die Seefahrt besitzt auch das Impfen "Nebenwirkungen".

    Risiken eine Schadens durch eine ansteckende Krankheit und durch Impfnebenwirkung müssen auch quantifiziert und ins Verhältnis zueinander gesetzt werden.

    Bei einem hinreichenden Angebot von Impfungen entsteht Herdenimmunität häufig ohne Impfpflicht, sondern alleine dadurch, daß Menschen sich selbst und andere schützen möchten. Ist Herdenimmunität erreicht, werden nur noch sehr wenig Menschen krank. In diesem Fall nimmt das Risiko sich anzustecken und einen bleibenden Schaden zu erleiden eine ähnlich geringe Größenordnung an wie das Risiko, einen bleibenden Impfschaden zu erleiden.

    Z.B Masern, in Deutschland besteht schon lange Herdenimmunität: Seit 2003 gab es in keinem Jahr mehr als 2500 Fälle, ein großer Erfolg freiwilliger Impfungen.

    Im Jahr 2017 gab es noch 929 Fälle, in 2018 und 2019 jeweils weniger 600. Ganz verschwinden können die Masern z.Z. nicht, denn bei offenem Grenzverkehr werden laut EDCD jährlich ca. 100 Fälle nach Deutschland importiert, welche notwendig einige Folgeansteckungen nach sich ziehen.

    Sie schreiben: "Leider gibt es auch bei den sichersten und besten Impfungen Menschen, die man nicht impfen kann – weil sie zu krank sind oder ein anderer, harter medizinischer Grund vorliegt"

    Die Zahl der Nichtimpfbaren wird von der Bundesregierung auf ca. 2 Millionen geschätzt. Allerdings muß man beachten, daß der überwiegende Teil dieser Nichtimpfbaren innerhalb des folgenden Jahres doch geimpft werden kann, z.B. Kleinkinder, Schwangere oder genesende Leukämie-Patienten. Daher ist das Schadensrisiko durch Masern für diese Person angesichts der sehr geringen Masernzahlen äußerst gering.

  • meine Kernaussage ist, -

    wer mit Krankheit sein Geld verdient, hat kein Interesse an Gesundheit.

    Altruismus gibt es in der Industrie nicht, und das ist auch normal so. Wie denn auch.

  • 0G
    05653 (Profil gelöscht)

    Der Weltärztepräsident klingt als seien die Proteste begründet. Zu blöd, dass die Rechtsextremen viele aktuelle Themen für sich instrumentalisieren können. Noch blöder, dass die sogenannte Linke diese Themen im stereotypen Grabenkrieg einfach aufgibt, weil sich Rechtsextreme klar dazu positioniert haben. So läuft jeder, der gegen eine Impflicht ist, Gefahr in die rechte Ecke abgeschoben zu werden. Heraus kommen dann übervorsichtige schwammige Kommentare wie der von Felix Lee, der übrigens vergessen hat, dass Masken nicht vor einer Ansteckung schützen, sondern die Übertragungsgefahr eines bereits Infizierten durch Tragen einer Maske verringert wird. Das Coronavirus dringt auch über die Augen in den menschlichen Körper ein.

  • Teil 2 zum Kommentar:



    Natürlich müssen vor der Impfpflicht ein paar wichtige Grundsätze erfüllt sein.



    •Die Krankheit muss tödlich sein – wer bezweifelt das bei Corona angesichts der Särge in Frankreich, Italien, Spanien, USA etc…?



    •Es muss einen sicheren und wirkungsvollen Impfstoff geben – das ist bisher nicht der Fall – wir sollten uns aber darauf vorbereiten, dass es ihn bald gibt und nicht dann erst mit der Debatte beginnen.



    Aber im Kern gibt es noch eine andere Debatte hinter der Impfpflicht: Wir alle wollen freie Entscheidungen zu unserem Wohl – das ist auch gut so. Aber wir vergessen manchmal unsere Pflicht gegenüber der Gesellschaft. Frage nicht immer, was Dein Land für Dich tun kann, frage Dich, was Du für Dein Land tun kannst. Oder aufs Impfen übertragen: Denke nicht nur an Dich selbst beim Impfen, sondern auch an Deine Umgebung!

  • Impfen tut Not….



    Impfen ist die wichtigste und wohl erfolgreichste Präventionsmaßnahme der Medizin. Millionen von Leben wurden bereits durch Impfungen gerettet. Die Pocken sind dank Impfung von der Welt verschwunden, die Kinderlähmung steht kurz davor. Dabei schützt Impfen doppelt: zum einen das Individuum, den Geimpften, zum anderen aber auch die Gesellschaft – uns alle - durch „Herdenimmunität“. Und das ist bei Corona für mich das Entscheidende.



    Es gibt viele „Kinder“Krankheiten, die zwar lästig, aber nicht immer tödlich sind. Dagegen sollte man impfen, muss aber nicht unbedingt. Es gibt Berufskrankheiten wie z.B. Hepatitis B bei medizinischem Personal, dagegen kann man sich theoretisch schützen; man sollte also impfen, muss aber nicht. Und wer in bestimmte tropische Gebiete reist, sollte sich impfen lassen; aber alle, die hierbleiben, brauchen das natürlich nicht.



    Und es gibt hochgefährliche Krankheiten, wie z.B. Masern und auch Corona, gegen die kann man sich nicht lebenslang sicher schützen – und deswegen sollte man hier impfen.



    Was hat es nun mit der Herdenimmunität bei diesen Krankheiten auf sich: Leider gibt es auch bei den sichersten und besten Impfungen Menschen, die man nicht impfen kann – weil sie zu krank sind oder ein anderer, harter medizinischer Grund vorliegt; eine sogenannte Kontraindikation. Und es gibt leider immer wieder auch „Non-Responder“, die einfach nicht mit Immunität auf die Impfung reagieren. Diese Menschen können wir vor tödlicher Krankheit schützen, wenn wir Alle Immunität entwickeln. Sind wir alle immun, dann wirken wir wie ein cordon sanitaire – ein Sicherheitswall – rund um die, die man nicht schützen kann. Weil eben um den potenziell Gefährdeten praktisch nur Immune sind, kann das Virus ihn nicht erreichen. Das ist Herdenimmunität.

  • Bemerkenswert, wie so ein Ärztefunktionär seine Prioritäten setzt in Zeiten, wo nicht nur in Deutschland immer noch viel zu viele Ärzte, Pflegerinnen und Patienten an Corona erkranken, weil Schutzkleidung fehlt oder weil es Vorgaben gibt wie "bis zum Beweis des Gegenteils sind Patienten sind als nicht-infiziert zu betrachten."

  • Alternder autoritärer Starrkopf.

    Erst gestern habe ich einer kleinen Gruppe Menschen aus einem anderen Land erklärt, nein, bei uns werde die Impfung nicht erzwungen. Sie waren nämlich heftig am Diskutieren, dass Leute gegen die Impfpflicht auf die Strasse gingen.

    Diese polternden Idioten wie Herr Montgomery machen alles nur noch schlimmer. Die WHO setzt auf Freiwilligkeit und Vertrauensbildung -- und genau so sollte es sein.

    • @tomás zerolo:

      "Die WHO setzt auf Freiwilligkeit und Vertrauensbildung -..."

      Aber sicher doch. (Ironie off)

      Die WHO ist ein Interessenskonglomerat der Pharmaindustrie. Das weiß man, wenn man ihre Geldgeber kennt.

      • @lulu schlawiner:

        Jaja. Und Thedros Adhanom ist ein Reptilienmensch. Was kommt als nächstes? Die Illuminati?

        So ein wüster Quatsch. Ja, Die WHO hat ihre Schwächen. Die allererste ist, dass sie von ihren Mitgliedsstaaten unterfinanziert wird.

        Auch ist es richtig, dass die kapitalgetriebene Pharmaindustrie ein grosses Problem ist, und oft sehr schmutzig arbeitet. Ja, die versuchen Einfluss auf die WHO zu nehmen.

        An uns dagegen anzugehen. Wie wär's mit einer Kampagne, dass die EU den von den USA grprellten Betrag übernehmen? Na?

        Die WHO setzt sich übrigens, entgegen Pfizer und die USA, dafür ein, dass Medikamente gegen Covid-19 und Impfungen als Generika erhältlich sind, also erschwinglich.

        Meine Kernaussage bleibt, und ich belege sie:

        "Obtaining valid consent from individuals before a medical intervention is an obligation under the principle of respect for the autonomy of persons." [1]

        [1] www.who.int/bullet...91/4/12-113480/en/

  • Am Theater würde Herr Montgomery als "Rampensau" bezeichnet werden. Seine Äußerungen dienen manchmal, in letzter Zeit jedoch seltener, der Sache - aber immer und in jedem Fall ihm selbst.

  • GENAU SO!!! …habe ich die Konsequenzen interpretiert, als ich die Nachricht gelesen habe… muss an der Intelligenz dieses Entscheidungsträgers liegen…