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Im Dialog mit der ParteibasisDie SPD sucht Inspiration für den Wahlkampf

In Hamburg nimmt die Partei auf der ersten von drei Dialogveranstaltungen Kontakt mit der Basis auf. Kräftig wird über Krieg und Frieden diskutiert.

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch sucht in Hamburg den Kontakt zur Parteibasis Foto: Georg Wendt/dpa

Hamburg taz | Die SPD hat am Samstag in Hamburg ihrer Basis den Puls gefühlt. Knapp 500 Menschen folgten der Einladung zu einer Dialogveranstaltung im Kongresszentrum CCH. Eingeladen, um Wünsche für das Programm zur nächsten Bundestagswahl zu formulieren, waren nicht nur Parteimitglieder, die allerdings den weitaus größten Teil ausmachten.

Die Stimmung war sachlich-verhalten, schließlich ging es um Inhalte. Die Marschrichtung für den Wahlkampf gab Generalsekretär Matthias Miersch vor: „Es geht um zwei Richtungen, wie man dieses Land gestalten kann“, sagte er beim Abschlussplenum.

Wie zur Verdeutlichung war am Freitagabend ein Grundsatzpapier Christian Lindners bekannt geworden, in dem der FDP-Finanzminister „eine Wirtschaftswende mit einer teilweise grundlegenden Revision politischer Leitentscheidungen“ fordert. Darunter versteht er unter anderem einen radikalen Kurswechsel in der Klimapolitik sowie Kürzungen beim Bürgergeld und bei der Rente.

Außerdem will Lindner das von der Ampel in ihrem Koalitionsvertrag vereinbarte Tariftreuegesetz beerdigen, das die Tarifbindung von Betrieben steigern soll – ein Herzensanliegen der SPD. Darüber hinaus plädiert der FDP-Chef für eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags, der ja nur noch für sehr hohe Einkommen erhoben wird, und eine Senkung der Körperschaftssteuer.

Keine Begeisterung über Lindner-Pläne

„Durch die Bank sind diese Punkte, die er dort aufgezählt hat, in der Koalition nicht zu verwirklichen“, kommentierte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken am Rande der Dialogveranstaltung. Lindner habe mit dem Papier nur die Position der FDP deutlich gemacht, „nicht innerhalb der Koalition, sondern im Allgemeinen“.

Der Co-Vorsitzende Lars Klingbeil verwies auf die ebenfalls unabgesprochenen Vorschläge, mit denen der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck kürzlich an die Öffentlichkeit getreten ist. „Jetzt hat Christian Lindner das gestern auch gemacht und das ist völlig in Ordnung“, sagte Klingbeil. Viele seiner Ideen widersprächen aber sozialdemokratischen Positionen.

Neben Klingbeil, Esken und Mirsch hatte die Partei noch die Vorstandsmitglieder Serpil Midyatli und Hubertus Heil aufgeboten, um Foren zu den Themen Frieden und Sicherheit, Einwanderungsgesellschaft, Arbeit – Rente – Gesundheit, Familien und Bildung sowie Wirtschaft – Klima – Sozialer Zusammenhalt zu moderieren. Besonderen Diskussionsbedarf gab es beim Forum Frieden und Sicherheit, in dem Klingbeil gleich bei seiner Anmoderation keinen Zweifel daran ließ, wo die SPD aus Sicht ihrer Führung steht: „Unsere Position ist klar: Wir unterstützen die Ukraine.“

An der Festigkeit dieser Haltung waren leise Zweifel aufgekommen, nachdem Generalsekretär Miersch dem Stern gesagt hatte, für Ex-Kanzler und Putin-Freund Gerhard Schröder sei Platz in der SPD – was Miersch allerdings schon vor einem Jahr deutlich gemacht hat, als er Schröder im Bezirk Hannover für dessen 60-jährige Parteimitgliedschaft ehrte. Zudem hatte die Brandenburger SPD in ihrem gemeinsamen Sondierungspapier mit dem BSW die Stationierung von amerikanischen Mittelstreckenraketen in Deutschland kritisch gesehen und festgestellt, der Ukraine-Krieg werde nicht durch weitere Waffenlieferungen beendet werden können.

Kontroverse Diskussion über den Ukraine-Krieg

In dem von Klingbeil moderierten Forum traf diese Linie durchaus auf Zustimmung. „Wie kann man nach zweieinhalb Jahren immer noch glauben, dass Waffen helfen?“, fragte ein Hamburger Parteimitglied im Rentenalter. „Warum finden wir Mittelstreckenwaffen gut?“ Warum versuche es die Bundesregierung nicht mit Verhandlungen? Und wie lasse sich mit Blick auf einen viel katastrophaleren Konflikt mit China eine eigene europäische Position schaffen?

Er sei in die SPD eingetreten, weil er es für nötig halte „sofort alle Kriege zu beenden“, sagte ein junger Hamburger. Das Papier, mit dem sich die SPD und die DDR-Staatspartei SED in den 1980er Jahren verständigt hätten, sei ein diplomatischer Höhepunkt gewesen. Die SPD müsse den kapitalistischen Kriegsgewinnlern das Geschäft verderben.

Es gelte, auch die Sicherheitsinteressen Russlands zu bedenken, sagte ein älterer Herr aus Lübeck. „Glaubt denn jemand, wir könnten die Russen alle machen?“ Eine junge Hamburgerin sekundierte: „Von deutschem Boden darf nur noch Frieden ausgehen.“

Eine 80-jährige Genossin mit DDR-Vergangenheit entgegnete, wehrtüchtig zu sein sei etwas anderes als kriegslüstern. Auch Willy Brandts Verständigungsbereitschaft sei auf militärischer Stärke gegründet gewesen. Putin wolle nicht verhandeln – „der Mann will fressen“. Wie Israel habe es sich auch die Ukraine nicht ausgesucht, angegriffen zu werden, argumentierte ein Hamburger Genosse. Im Übrigen werde Deutschland selbst schon von Russland angegriffen: „Die Trolle sind die Waffen von heute.“

Klingbeil bat darum, „nach vorne“ zu diskutieren: „Die Wahrheit ist, wir waren zu lange naiv an dieser Stelle.“ Er erinnerte an Olaf Scholz’ vergebliche Verhandlungsversuche, etwa den Besuch in Moskau, als der Kanzler sich an einem absurd langen Tisch vergeblich bemühte, Putin von einem Einmarsch in die Ukraine abzubringen. „Diplomatie und militärische Stärke gehören für uns zusammen“, ist Klingbeils Lehre aus den vergangenen zweieinhalb Jahren.

Nach der Dialogveranstaltung in Hamburg soll es zwei weitere in Mainz und Essen geben. Dazu kommen kleinere Runden, sowie die Möglichkeit, sich online einzubringen und ein großes „Debattencamp“ im März in Berlin. Die Erkenntnisse aus diesen Debatten sollen am Ende auf einem Parteitag in das SPD-Wahlprogramm einzufließen.

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10 Kommentare

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  • Die SPD diskutiert, das ist sehr gut, aber bringt es etwas?



    Da würde ich sagen, eher nicht. Die SPD muss sich um unterschiedliche Milieus kümmern, sie muss Akademikern mit Eigentumswohnungen und einfachen Angestellten in der kleinen Sozialwohnung Angebote machen.



    Das Milieu aus SPD-Mitgliedern, die in einer DGB-Gewerkschaft sind und dort wohnen, wo die Eltern und Verwandten leben, schrumpft und das schon lange.



    Übrig bleiben sehr unterschiedliche Milieus und Räume, wo es eine gewisse Anonymität gibt.



    Ob sich das durch solche Veranstaltungen durchbrechen lässt?



    Ich glaube nicht, aber ein wenig wird es nützlich sein. Nur müsste die SPD sich insgesamt besser organisieren.

  • Letzter Intellektuelle unter SPD Generalsekretären Peter Glotz prägte SPD Bild vom Tanker, der wenn, großen Wendekreis brauche. Mittlerweile ist SPD zum atomgetrieben U-Boot geworden, von dem Niemand mehr weiß, wer es steuert, wenn ja, wohin, von Nato, US Marschflugkörpern eskortiert abgetaucht im Schwarzen Meer der Weltschattenwirtschaft von Plattform Kapitalismus deregulierter Weltfinanzmärkte, mit SPD Parteisoldaten Kanzler Olaf Scholz, Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher an der Spitze, die nicht für Attacke bei Ermittlung gegen Geldwäsche, Steuer-, Umsatzsteuerbetrug, Cum Ex Steuerbetrugsskandal in Höhe 30 Milliarden € stehen, das Linkspartei überlassen, sondern sich selber unter Verteidigungsdruck vor Cum Ex PUAs geben, indem sie auftreten im Zeugenstand wie Beschuldigte im Hamburger Cum Ex Fall der Olearius Warburg Bank, in Fragen Mitwirkungspflicht bei Aufklärung von Wirtschaftsverbrechen ein MI erwarten, da kann uns keener, da finassieren, da schweigen wir mit Johannes Kahrs, Alfons Pawelczyk, um uns nicht selber zu belasten, da ist uns mehr nach Lindner Chr. FDP, Steuerbetrug durch verkürzte Belegaufbewahrungspflicht von 10 auf 8 Jahre in Verjährung zu schicken

  • Wenn man bei Landtagswahlkämpfen immer mehr die Bundespolitik in den Fokus nimmt, wozu braucht es dann noch Bundesländer?



    Landtagswahlkämpfe sind Landtagswahlkämpfe und mögliche Koalitionspartner sollten sie niemals so benehmen wie die unsägliche BSW, welche in den Verhandlungen ein Ultimatum für Bundespolitik fordert.

  • Als ehemaliger SPD-Wähler sind für mich folgende Fragen entscheidend:

    Wie hat die SPD dieses Land in den langen Jahren der Regierungsbeteiligung (mit einer kurzen Unterbrechung) seit 1998 sozialer gemacht? Gerechter? Menschlicher? Lebenswerter? Die Wohnungen leistbarer? Das gesellschaftliche Klima humaner?

    Was kann man realistisch von der Sozialdemokratie für die Zukunft erwarten?

    Die Antworten auf all diese Fragen sind so deprimierend, dass es mich wundert, wie lange ich dieser Partei an der Wahlurne die Treue gehalten habe.

    • @Stavros:

      Îch fühle mit Ihnen. Nur wo sind Alternativen? Ich für meinen Teil bin mit der Linken durch. Seit ein paar Jahren flüchten da alle, die die Grundrechenarten und logisch Denken können raus, mMn.



      Mir kommt die Partei schon fast sektenhaft vor.



      Die Grünen? Kann ich mir nicht leisten. Naja und beim Rest, kann ich anfangen zu googlen wo die nächste Tafel ihren Standort hat.

      • @GaGaZar:

        "Die Grünen? Kann ich mir nicht leisten. "



        Kostet nix, das Kreuz im richtigen Kreis zu platzieren.

      • @GaGaZar:

        Ja, genauso ist es. Echt schlimm.

  • Müde.



    Ich bin einfach nur müde.

  • Was bedeutet denn bitte “nach vorne diskutieren”? mich freuen die Stimmen die nach diplomatischen Lösungen suchen—offensichtlich denken in der Basis zumindest noch SPDler das Krieg keine Lösung ist — weder in Palästina/Israel noch Ukraine/Russland. Krieg ist ein makaberer Zweig der deutschen Wirtschaft mit dem Olaf Scholz versucht sich/uns zu retten — Deutschland hat noch nie so viele Waffen exportiert wie in dieser aktuellen Regierung 😵‍💫

    • @elma:

      Ich wünsche mir, dass die SPD im kommen Wahlkampf soviel Arsch in der Hose hat, um all die Bürger abzuholen, die dieses der AfD hinter her Hecheln einfach satt haben.



      Es wird nicht die Mehrheit sein.



      Aber sehr viele.



      Dann schau'n wir mal.