piwik no script img

Homophobie in GambiaDer Präsident jagt Moskitos

Weil die EU Gambias Verfolgung von Homosexuellen nicht gutheißt, wird eine Diplomatin ausgewiesen. Die EU protestiert.

Der Präsident bei einer Sitzung des Afrika-Südamerika-Gipfels 2009. Foto: reuters

BERLIN taz | Yahya Jammeh ist immer für einen Skandal gut. Der Präsident von Gambia, der sich 1994 im Alter von 28 Jahren an die Macht putschte und inzwischen nach eigenen Angaben Aids heilen kann, hat am Freitag die höchste Vertreterin der EU in der gambischen Hauptstadt Banjul zur unerwünschten Person erklärt und zur Ausreise innerhalb von 72 Stunden aufgefordert, wie am Wochenende bekannt wurde. Die Frist für Agnès Guillaud, die im Staatsrundfunk verkündet wurde, läuft am Montag ab. Die EU hat protestiert.

Berichten zufolge ist der Grund für die Ausweisung die Kritik der Europäischen Union an Gambias staatlicher Homophobie. In seiner Stellungnahme vom Freitag zur Ausweisung präzisierte Gambias Präsidialamt, Homosexualität sei „total gegen die religiösen, kulturellen und traditionellen Werte Gambias und wird daher nicht toleriert“. Schwule und lesbische Beziehungen sind in dem kleinen westafrikanischen Land, wie in zahlreichen anderen Ländern Afrikas auch, illegal; seit 2014 steht auf „besonders schweren Homosexualismus“ lebenslange Haft.

Seither nimmt die Verfolgung von Homosexuellen zu und die EU hat ihre Entwicklungshilfe für Gambia gestoppt. Das neue Gesetz folgte auf eine Äußerung des Präsidenten Jammeh, der Homosexuelle „Ungeziefer“ nannte und ankündigte, sie „wie Moskitos“ zu jagen. Dem US-Nachrichtendienst „Vice News“ zufolge hielt Jammeh vor kurzem eine Rede vor Bauern in einem Dorf, in der er in Bezug auf Homosexualität sagte: „Wenn ihr es tut, werde ich euch die Kehle durchschneiden.

Wenn du ein Mann bist und einen anderen Mann heiraten willst und wir dich erwischen, wird niemand dich je wiedersehen und kein Weißer kann da irgendetwas tun.“ Im November berichtete Amnesty International, Gambias Präsidialgarde und Geheimdienst hätten fünf Schwule und drei Lesben verhaftet und in der Geheimdienstzentrale gefoltert, um Auskunft über ihre Kontakte zu erhalten.

Gambia ist derzeit eines der Hauptherkunftsländer für Flüchtlinge im Mittelmeer, und politische Verfolgung hat seit einem gescheiterten Putschversuch gegen Jammeh Ende 2014 stark zugenommen, berichten Menschenrechtsgruppen.

Das Drama der afrikanischen Flüchtlinge im Mittelmeer versucht Jammeh jetzt im Tauziehen mit der EU für sich zu nutzen: Nachdem er in der Vergangenheit vor allem die Emigranten kritisiert hatte, hat er am Freitag nach amtlichen Angaben den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag angerufen, um wegen des Todes Tausender Flüchtlinge im Mittelmeer Ermittlungen aufzunehmen. Die Chefanklägerin des Strafgerichtshofs, Fatou Bensouda, kommt aus Gambia.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Ausreisen, Embargo, zwei Monate warten. Dann kommen die schon wieder angekrochen.