Hochwasserkosten: Weiter Diskussion um Schuldenbremse

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich fordert, die Schuldenbremse wegen des Hochwassers zu lockern. Auch Grüne und Finanzexperten fordern diesen Schritt.

Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, spricht bei einem Pressestatement vor Beginn der Fraktionssitzungen im Bundestag

Unterstützt Forderungen, die Schuldenbremse 2024 auszusetzen: SPD-Fraktionschef Mützenich Foto: Michael Kappeler/dpa

BERLIN rtr/dpa | SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich ist für eine Ausnahme möglicher Hilfen des Bundes von der Schuldenbremse. Die Ampelpartner seien gut beraten, sich offen mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Ausnahmeregelung des Artikels 115 nach der Ukraine und der Ahrtal-Katastrophe nicht auch für dieses Ereignis gelte, sagte er dem digitalen Medienhaus Table.Media.

Hintergrund ist die bedrohliche Hochwasserlage in mehreren Bundesländern. Mützenich sagte, es gehe nicht „um eine Rechenaufgabe, sondern auch um den politischen Willen, deutlich zu machen, dass der Bund bereit ist, sich an der Schadensbewältigung zu beteiligen“. Schon am Mittwoch hatten verschiedene SPD-Politiker gefordert, die Schuldenbremse auszusetzen.

Mützenich sagte weiter, die bereits zugesagten Hilfen für das Ahrtal, die militärische Unterstützung, aber auch die humanitäre Hilfe und die Mittel für den Wiederaufbau der Ukraine müssten über Kredite finanziert werden, die nicht unter die Schuldenbremse fallen. Zumal Deutschland im Sommer 2024 Gastgeber einer Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine sei.

Im Falle des Hochwassers sei absehbar, dass die zusätzlichen Mittel für Schadensausgleich, THW und Katastrophenschutz, Deichsanierung, aber auch die Ausweisung neuer Retentionsflächen Länder und Kommunen finanziell überfordern würden.

Auch Wirtschaftsexperte für Aussetzen der Bremse

Die FDP sei „informiert, dass wir die Hochwasserhilfen in die aktuellen Haushaltsgespräche einbringen wollen“. Er rate zu „einer politisch klaren, vor allem solidarischen Haltung. Lieb gewonnene Glaubenssätze werden in extremen Zeiten zu einer Last.“ Eine von SPD und Grünen ins Spiel gebrachte Reform der Schuldenbremse lehnt Finanzminister Christian Lindner (FDP) ab. Er pocht auf einen harten Sparkurs in diesem Jahr.

Auch die Grünen im Bundestag sehen wegen der Hochwasserlage ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse als Option. „Die Schäden sind immens und die Menschen in den betroffenen Regionen werden sich auf unsere Unterstützung verlassen können“, sagte der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler der Rheinischen Post.

Dafür werde man auch im Bundeshaushalt 2024 Vorsorge treffen müssen. „Angesichts dessen bleibt die Erklärung der Notlage für das Jahr 2024 durch den Haushaltsgesetzgeber selbstverständlich eine Option“, sagte Kindler. Das habe das Bundesverfassungsgericht auch für Naturkatastrophen wie die im Ahrtal und jetzt in Norddeutschland ausdrücklich zugelassen.

Für eine Aussetzung der Schuldenbremse macht sich auch der Ökonom Marcel Fratzscher stark. „Die Hochwasserkatastrophe in Teilen Deutschlands wird wohl eine Ausnahme von der Schuldenbremse, sowohl für den Bund als auch für das Land Niedersachsen, notwendig machen“, sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung dem Tagesspiegel. Er rechne mit Kosten in Milliardenhöhe. Dieser Betrag könne nicht aus den laufenden Haushalten gedeckt werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.