Hilfen für die Autoindustrie: Abwrackprämie 2.0
Kurzfristig würde die Abwrackprämie den Beschäftigten der Autoindustrie helfen – langfristig aber schaden.
W enn die Ministerpräsidenten der Autoländer Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen in diesen Tagen über die Zukunft der Autobranche beraten, haben sie eine gemeinsame Stoßrichtung: Der CSU-Mann Söder, der Grüne Kretschmann und der Sozialdemokrat Weil werden sich darauf konzentrieren, so viel Geld wie möglich zur Stützung der konventionellen Autobranche zu mobilisieren.
Es wäre fatal, wenn im Ergebnis die in der Finanzkrise eingeführte Abwrackprämie für Autos wiederauferstehen würde. Auch wenn sie seinerzeit „Umweltprämie“ hieß, hat sie ökologisch nichts gebracht. Denn die Leute haben sich mit dem Geldgeschenk vom Staat nicht das gleiche Modell in umweltschonender gekauft, sondern ein größeres, umweltschädlicheres.
Aber nicht nur aus ökologischer Sicht ist es wichtig, den Umbau der Autoindustrie schnell einzuleiten. Die Autoindustrie ist keine Zukunftsbranche. Ihre Manager sind rückwärtsgewandt. Bestes Beispiel ist VW-Chef Diess, der sagt, der Kauf eines neuen Autos sei an sich ein Beitrag zum Umweltschutz, weil der Schadstoffausstoß geringer sei als bei einem alten.
Er will, dass die Politik sehenden Auges den gleichen Fehler macht wie in der letzten Krise. Den Fehler zu wiederholen würde bedeuten, den Verbrennungsmotor als Standard für mindestens zwei Jahrzehnte festzuschreiben. Das ist umweltpolitisches Irrlichtern, und es entspricht nicht dem Wunsch der Mehrheit der BürgerInnen, die für mehr statt weniger Klimaschutz ist.
Weil das auch PolitikerInnen von Union, SPD und Grünen wissen, werden sie sich wie in der Finanzkrise etwas ausdenken, um die Prämie ökologisch zu ummanteln. Das könnte etwa eine Prämie sein, die vom CO2-Ausstoß abhängt. Aber das ist nicht mehr als eine Mogelpackung.
Eine möglicherweise grün angestrichene Abwrackprämie würde den Beschäftigten der Autoindustrie vielleicht kurzfristig helfen, aber langfristig schaden. Gerade weil viele Arbeitsplätze an der Branche hängen, ist rasches Umsteuern nötig. Strukturwandel ist eine langwierige Sache, ihn zu verzögern kann ganze Regionen die Zukunft kosten – wie im Ruhrgebiet zu sehen ist, wo die Abkehr von der Kohle bis heute Wunden hinterlässt. Wer Beschäftigten der Autobranche Zukunftsangst nehmen will, muss heute eine Perspektive für sie entwickeln.
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