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Heizungsstreit der AmpelkoalitionEat, heat, love

Wie geht es weiter im Heizungsstreit? Und sollten die Grünen raus aus der Ampel? Unser Kolumnist hat eine Expertin gefragt: seine Wärmepumpe.

Sorgt in hitzigen Debatten für Abkühlung: die Wärmepumpe Foto: imago

M anchmal, wenn mir alles zu doof wird, wenn die Debatten über die Klimakrise heiß laufen, ohne dass aus der Hitze etwas Gutes entsteht, Wärme zum Beispiel, gehe ich in den Garten, um mich abzukühlen. Und um mit einer Expertin über den Irrsinn zu sprechen: mit meiner Wärmepumpe.

Seit letztem Jahr versorgt sie mich mit Wärme. Sie wurde auch damals schon unbürokratisch gefördert, man kann sagen, knapp die Hälfte hat Robert Habeck bezahlt. Trotzdem gehört sie zu keinem Familienclan und pocht auf ihre Unabhängigkeit. Das Einzige, was sie braucht, ist Strom.

Da steht sie, in ihrer schlichten grauen Schönheit, und pustet mir kalte Luft ins Gesicht. Sie heißt LG Therma. Aber ich darf sie Wärmi nennen. Ihr sonores Brummen beruhigt mich. Und wenn ich mich ihr gegenüber auf einen Stuhl setze und die Augen schließe, antwortet sie mir, klüger als mancher Minister.

Ich bin frustriert. Warum kriegt die Ampel das mit der Wärmewende nicht hin?

Wärmi: Zunächst möchte ich dich freundlich an etwas erinnern: Es gibt in Deutschland keine Mehrheit für realistische, dem Pariser Abkommen entsprechende Klimapolitik. Und deswegen gibt es Widerstand gegen alle Veränderungen. Das muss der Ausgangspunkt deiner Überlegungen sein.

Sind die Grünen gescheitert?

Es war sicherlich ein Fehler, im Wahlkampf zu behaupten, dass der klimagerechte Umbau des Landes niemandem wehtun wird. Das glaubt doch keiner! Aber in Umfragen stehen sie nicht so schlecht da, obwohl sie nun Ernst machen und Gegenwind bekommen.

Sollen sie die Regierung verlassen?

Damit wäre keinem geholfen. Aber sie müssen klar machen, was klimapolitisch notwendig wäre. Und nicht jeden faulen Kompromiss mit FDP und SPD märtyrerhaft verteidigen.

Und die Klimabewegung?

Die hat das gleiche Problem: Solange politisch nichts passierte, konnten alle behaupten, ihre Ziele mitzutragen. Nun, da Klimapolitik jeden betrifft, ist die Zustimmung begrenzt.

Bist du die technische Lösung für den Klimaschutz, die die FDP gern hätte?

Ja! Und es verletzt mich, wenn Politiker behaupten, ich würde nur in Neubauten funktio­nieren. Aber klar ist, dass ich es allein nicht schaffen werde. Es braucht eine andere Wirtschaftsform und auch persönlichen Verzicht.

Systemkritik, oho. Was rätst du denn der Klimabewegung und den Grünen?

Sie müssen sagen, wer die Rechnung bezahlen soll. Klar machen, dass Klimapolitik nur mit Umverteilung funktionieren kann. Mieten steigen durch energetische Sanierung, Autofahren wird teurer, Lebensmittel auch. Das verhindert Mehrheiten für Klimapolitik.

Du bist made in China und seit einem Jahr in Deutschland. Wie erlebst du die Debatte?

Es ist ein großes Glück, dass es hier eine öffentliche Debatte über Klimapolitik gibt – auch wenn sie mit falschen Behauptungen geführt wird.

Muss die Klimakrise noch schlimmer werden, damit etwas passiert?

Das ist ein Trugschluss. Nach der Flut im Ahrtal gab es bei der Wahl trotzdem keine Mehrheit für radikale Klimapolitik. Menschen wählen egoistisch, und das ist völlig in Ordnung. Sie können gut unterscheiden zwischen einem gesellschaftlichem Problem wie der Klimakrise und ihrer eigenen Lage. Deswegen ist die Verteilungsfrage so wichtig.

Aber Wärmi, Umverteilung, in Deutschland, das ist doch unrealistisch! Werden wir das schaffen mit der Klimawende?

Das Brummen erlischt, der Ventilator im Inneren der Wärmepumpe dreht sich immer langsamer. Einen Satz haucht sie noch: „Das entscheiden Menschen, keine Maschinen.“

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Kersten Augustin
Ressortleiter Inland
Kersten Augustin leitet das innenpolitische Ressort der taz. Geboren 1988 in Hamburg. Er studierte in Berlin, Jerusalem und Ramallah und wurde an der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München ausgebildet. 2015 wurde er Redakteur der taz.am wochenende. 2022 wurde er stellvertretender Ressortleiter der neu gegründeten wochentaz und leitete das Politikteam der Wochenzeitung. In der wochentaz schreibt er die Kolumne „Materie“. Seine Recherchen wurden mit dem Otto-Brenner-Preis, dem Langem Atem und dem Wächterpreis der Tagespresse ausgezeichnet.
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8 Kommentare

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  • "Das Einzige, was sie braucht, ist Strom."



    Und so fehlt denn wieder einmal die entscheidende Frage:



    "Wärmi, wo kommt dein Strom her? Doch nicht etwa aus Braunkohle???"

  • Unterscheiden zwischen einem gesellschaftlichen Problem und der persönlichen Lage. Beim Thema Klimakatastrophe? Das ist schizophren! Auf globaler Ebene ist es genauso: Amerika ,China, Hungary, India my Country First! Wobei jeder seit dem Foto "Blue Marpel" weiß, daß wir alle in einem Boot sitzen, was aber verdrängt wird. Egoismus und unbegründeter Optimismus bewirken das.

  • "Sie [die Grünen] müssen sagen, wer die Rechnung bezahlen soll. Klar machen, dass Klimapolitik nur mit Umverteilung funktionieren kann. Mieten steigen durch energetische Sanierung, Autofahren wird teurer, Lebensmittel auch. Das verhindert Mehrheiten für Klimapolitik."

    Umverteilung des Vermögens ist wohl gemeint.



    Selbst das wollen die Menschen nicht, weil viele denken, sie gehörten zu den Reichen.



    Sie können sich gar nicht vorstellen, dass es in Deutschland sehr viele von den wirklich Superreichen gibt.



    Das ist auch kein Wunder, denn diese Fast-Milliardäre oder richtigen Multimilliardäre leben lieber außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung.

    Hoffentlich gibt es bald hohe Luxussteuern auf alles, was zur Erderwärmung beiträgt.



    Und Verbote von Privatflugzeugen und Jachten.

    • @Diogeno:

      Die paar Superreichen sind keine Mehrheit. Die doofe Mehrheit glaubt aber an die Chance, das jeder reich werden kann. Also auch man selbst. Stimmt ja auch. Wie beim Lotto: Jeder kann gewinnen, aber nicht alle. Die meisten verlieren.

    • @Diogeno:

      ...und Ferienflieger und Kreuzfahrer. Warum sollten ausgerechnet diese statthaft sein??

  • Hat Wärmi am Ende keinen Strom mehr?



    Oder hat ihn das Gespräch zu sehr angestrengt?

    Es wäre wirklich interessant zu wissen, ob die Menschen bereit wären ihren Lebensstil klimagerechter zu gestalten, wenn man ihnen mal sagt, dass es wirklich nicht anders geht.



    Scholz kann so was leider nicht.



    Habeck hat leider so viel zu tun mit den neuen Gesetzen.

    Vielleicht die Esken zusammen mit Baerbock.

    • @Diogeno:

      .......wenn man ihnen mal sagt, dass es wirklich nicht anders geht.....

      Wenns einer sagt, wird er nicht mehr gewählt. Sondern stattdessen die Braunen.

  • Ich habe seit 30 Jahren beruflich mit Wärmepumpen zu tun, die älteste Wärmepumpe mit der ich zu tun hatte stammte aus den 1970ern. Zu mir hat bis heute keine Wärmepumpe gesprochen und daher glaube ich sagen zu können: Der Autor hat wohl Halluzinationen.

    Wie auch immer, man kann hier in Einem fast zustimmen, aber nur fast, das Einzige was die Wärmepumpe braucht ist nicht Strom, sondern günstiger Strom. Jegliche Effizienzsteigerung bei der Wärmepumpe wurde in den letzten 20 Jahren von den steigenden Strompreisen aufgefressen.

    Glauben Sie es einem der schon lange genug dabei ist, das Problem in Deutschland sind viel mehr die Strompreise als irgendein obskurer Unwille der breiten Massen. Gegen billiges Heizen haben nur sehr seltsame Zeitgenossen was.

    Und dann wird auch der wichtigste Bogen nicht geschlagen, einerseits wird die Wärmepumpe gelobt, andererseits wird der Verzicht gepredigt. Lassen wir die vernebelnde Wärmepumpe einmal beiseite, den Verzicht wir man generell nur über steigende Preise erzwingen können. Steigende Preise fürs Heizen, für Mobilität, fürs Essen, usw...

    Wer Verzicht predigt muss die Wahrheit sagen, Verzicht ist nur durch Massenarmut zu erzwingen. Wer weiß wie es anders geht darf es ja mal explizit erklären.

    Und zuletzt gratuliere ich dem Autor, zu den reichsten 25% zu gehören, Wohneigentum mit Wärmepumpe sein Eigen nennen zu können ist schon nicht schlecht. Das erklärt auch wie die soziale Dimension auf einen ganz kurzen Hinweis auf "Umverteilung" beschränkt bleiben kann.

    Es bleibt halt dabei, man kann nicht Verzicht fordern, nebulöse Umverteilung in den Raum stellen und sich dann wundern wieso es dafür keine Mehrheiten gibt. Die Klimabewegung ist die erste Bewegung die sich sozial wähnt, aber den Leuten praktisch sagt ihr Kinder werden ärmer sein müssen als sie selbst... So lange man diesen Widerspruch in der Praxis nicht auflöst, wird es keine Mehrheiten geben.

    Sind Sie für mehr Klimaschutz? JA!

    Wieviel darfs kosten? GEH WEG!