Heizungsgesetz der Ampel-Koalition: Habeck hält am Zeitplan fest
Der Wirtschaftsminister ist offen für einen gestaffelten Start und mehr Technologieoffenheit des Heizungsgesetzes. Vor der Sommerpause soll es den Bundestag passieren.
Das Gebäudeenergiegesetz sieht laut Entwurf vor, dass ab 2024 im Regelfall nur noch neue Heizungen eingebaut werden sollen, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Streit gab es zuletzt über den Start des Gesetzes und die genaue Ausgestaltung.
Die FDP verhinderte den Beginn der parlamentarischen Verhandlungen und schickte dem Wirtschaftsministerium 77 Fragen zum Gesetz. Am Dienstag kommender Woche will sich Habeck nun mit Vertretern der drei Ampel-Fraktionen treffen, um diese „und gegebenenfalls weitere Nachfragen zu beantworten“, hieß es aus Habecks Ministerium. Außerdem sagte eine Sprecherin, Habeck habe „deutlich gemacht, dass wir die Kritik ernst nehmen und wir bereit sind, das Gesetz besser zu machen“.
Habeck nannte nun vier mögliche Bereiche für Nachbesserungen – zunächst eine Staffelung beim Start: „Wir könnten ab dem 1. Januar 2024 mit dem Umstieg für Neubauten anfangen. Das betrifft dann die Neubauten, die ab Januar genehmigt werden“, sagte er der Funke Mediengruppe laut Bericht vom Freitag. „Bei den Bestandsgebäuden würde ich gern den Wunsch nach mehr Zeit aufnehmen.“ Hier seien die Herausforderungen größer.
„Etwas mehr Zeit ist auch eine Hilfe“
Angesichts des Handwerkermangels und von Lieferengpässen „ist etwas mehr Zeit auch eine Hilfe“, fuhr Habeck fort. Der genaue Zeitrahmen müsse nun im parlamentarischen Verfahren und in Gesprächen mit gesellschaftlichen Gruppen vereinbart werden. In der kommenden Woche steht demnach eine Reihe von Terminen unter anderem mit Verbänden an.
Außerdem sieht Habeck weitere Spielräume für die Technologieoffenheit beim Heizen. Bereits jetzt sehe der Entwurf „acht Möglichkeiten“ vor. „Aber wir sollten das auch noch mal stärken, wie die Debatte um Holzpellets zeigt“. Hier sehe er Spielräume. Die bisherigen Pläne sahen vor, dass Biomasse-Heizungen in Neubauten nicht mehr zulässig sein sollten. Das Wirtschaftsministerium verwies hier auf die begrenzte Verfügbarkeit der Brennstoffe, die daher vornehmlich im Bestand genutzt werden sollten.
Habeck kündigte gegenüber den Funke-Zeitungen außerdem „bald ein Maßnahmenpaket für den Nah- und Fernwärme-Ausbau“ an. Das jüngst vorgestellte Wärmeplanungsgesetz werde Wärmenetzen einen Schub geben, sagte er und schlug vor, die Übergangsfristen dann „besser mit dem Neu- und Ausbau eines Wärmenetzes zu synchronisieren“.
Nicht zuletzt will der Wirtschaftsminister auch Verbesserungen bei den Übergangsfristen für klimafreundliche Heizungen prüfen. Außerdem sei eine „pragmatische, unbürokratische Härtefallregelung“ nötig, damit von niemandem etwas verlangt werde, „was er oder sie nicht leisten kann“.
Heizungsgesetz verunsichert viele Menschen
„Mein Anspruch ist, nicht nur die Koalitionsfraktionen hinter diesem Gesetz zu vereinen, sondern auch den gesellschaftlichen Rückhalt für Klimaschutz zu erhalten“, sagte Habeck den Zeitungen. Er verstehe gut, dass die Debatte um das Heizungsgesetz viele Menschen verunsichere und dass der Entwurf Fragen und Bedenken auslöse.
Es sei aber weiterhin „wichtig, dass das Gesetz vor der Sommerpause durch den Bundestag geht“. Dazu sei nun „Kompromissbereitschaft auf allen Seiten“ nötig.
Zumindest in der kommenden Plenarwoche ab dem 12. Juni steht das Gesetz allerdings wieder nicht auf der Tagesordnung des Bundestags. Der Ältestenrat einigte sich nach Angaben der Grünen-Fraktion auf die vorläufige Tagesordnung und die FDP „blockiert dabei erneut eine Aufsetzung des Gebäudeenergiegesetzes zur ersten Lesung“. Der finale Beschluss der Tagesordnung steht aber noch aus und erfolgt in der Sitzungswoche selbst.
„Die Arbeitsfähigkeit der Ampel nimmt mit dem Verhalten der FDP weiteren Schaden“, erklärte dazu Grünen-Fraktionsvize Julia Verlinden. Außerdem leide die parlamentarische Kultur. „Parlamentarismus heißt nicht blockieren, sondern beraten, um Gesetze besser zu machen.“
Für eine Beratung noch vor der Sommerpause schwindet nun allmählich die Zeit: Insgesamt gibt es bis dahin noch drei Sitzungswochen des Bundestags.
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