Hausprojekt Rigaer94 in Berlin: Ende einer grotesken Farce
Seit sechs Jahren führte die Eigentümerfirma Räumungsprozesse gegen die Kneipe „Kadterschmiede“ im Haus. Nun ist klar: Sie war niemals rechtsfähig.
F ast sechs Jahre ist es her: Im Februar 2017 verließ der Anwalt der Eigentümer der Rigaer 94, Markus Bernau, das Landgericht als Verlierer. Weil er keine Prozessvollmacht vorlegen konnte – angeblich war sie ihm gestohlen worden – schmetterte das Gericht seinen Antrag auf einen Räumungstitel gegen die besetzte Hinterhofkneipe Kadterschmeide mit einem Versäumnisurteil ab. Schon damals war nicht nachzuweisen, dass die britische Briefkastenfirma Lafone Investments Limited einen ordnungsgemäß ernannten Geschäftsführer hat, der seinerseits einen Anwalt beauftragen könnte.
Beim Berufungsverfahren im Mai 2018 versuchte Bernau mit einer Notarnotiz, die Geschäftsführertätigkeit eines Mark Robert Burton nachzuweisen. Er scheiterte, weil aus dieser nicht hervorging, was genau der Notar überhaupt geprüft habe; Burton selbst war trotz Ladung nicht zu dem Prozess erschienen. Der Richter stellte infrage, ob der Einspruch gegen das Urteil aus dem Vorjahr überhaupt zulässig war. Schon an diesem Punkt wirkten die Bemühungen der Eigentümer stümperhaft grotesk.
Doch schon 2019 ging es in die nächste Runde, erneut vor dem Landgericht. Wer nun vermutete, Bernau und seine Hintermänner hätten irgendetwas gelernt, wurde eines Besseren belehrt. Die Richterin befasste sich gar nicht erst damit, ob die Kneipe legitim betrieben wird, sondern legte dar, dass die Lafone weder ordnungsgemäß geführt, noch Bernau prozessbevollmächtigt sei. Nicht vorteilhaft für die Lafone war zudem, dass es dem Gericht zuvor nicht möglich gewesen war, die Kosten des letzten Prozesses einzutreiben; eine ladungsfähige Adresse existiere nicht.
Drei Jahre später, im März diesen Jahres, wiederholte sich das Trauerspiel zum vierten Mal. Diesmal kam hinzu, dass die englische Limited infolge des Brexit, ganz unabhängig der individuellen Versäumnisse, ihre Rechtsfähigkeit in Deutschland verloren hatte. Wieder verließ Bernau das Gericht ohne den vom Eigentümer ersehnten Räumungstitel.
Höchstes Gericht entscheidet
Seit dieser Woche ist nun absehbar: Die Eigentümerseite wird diesen auch zukünftig nicht mehr erlangen können. Das Kammergericht, bei dem Bernau Berufung eingelegt hatte, wird die bisherige Rechtsprechung bestätigen. Das geht aus einem Hinweisbeschluss hervor. Das höchste Berliner Gericht ist zu dem Schluss gekommen, „dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat“.
Der Beschluss kommt von demselben Gericht, das der Eigentümerseite im Februar 2021 noch den Zutritt zum Haus und den Wohnungen für eine Brandschutzbegehung gestattet hatte. All jenen, die sich ein Ende der Rigaer 94 herbeiwünschten, war in ihrem damaligen Jubel aber entgangen, dass es sich um ein Eilverfahren gehandelt hatte, in dem sich das Gericht mit der Rechtmäßigkeit der Lafone und der Prozessvollmacht nicht weiter beschäftigt hatte. Das hat das Kammergericht nun gründlich nachgeholt.
Weder gegen die Kadterschmiede noch gegen einzelne Bewohner:innen kann das Konstrukt Lafone Investments Limited künftig mit einem Gerichtserfolg rechnen. Gameover. Es ist der Schlusspunkt einer sechsjährigen Farce, in der der Sachstand stets derselbe blieb: Die briefkastenlose Briefkastenfirma Lafone ist nicht rechtsfähig. Viele aber, darunter die Polizei, die im Sommer 2020 entgegen der bereits ergangenen Gerichtsentscheidungen den selbst ernannten Eigentümervertretern Zutritt zum Haus verschafften und Räumungen ermöglichten, weigerten sich lange, die Realität anzuerkennen. Damit ist nun hoffentlich Schluss.
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