Hardliner der Polizei geht in Pension: Erfreulicher Abgang
Racial Profiling, Polizeigewalt und andere Tiefpunkte prägen seine Bilanz: Der Hamburger Polizeipräsident Ralf Martin Meyer geht.
D ie vielleicht überraschendste Leistung steht ganz am Ende von Ralf Martin Meyers Karriere. Bei einem von zahlreichen Abschiedsinterviews mit Hamburger Medien in der Zeit, räumte er ein, Fehler gemacht zu haben. Natürlich nicht generell! Es ging konkret um das Verhalten Meyers nach dem Attentat auf eine Gemeinde der Zeugen Jehovas, bei dem sieben Menschen getötet wurden.
Als nach der Tat Ermittlungspannen, Fehleinschätzungen und gravierende Kommunikationsdefizite ans Licht kamen, versuchte Meyer zunächst, diese zu verteidigen. Das sei ein großer Fehler gewesen, räumte er nun ein, fügte aber hinzu, er sei falsch informiert worden.
Die Etablierung einer ehrlichen Reflektions- und Fehlerkultur gehört nicht zu den Errungenschaften, die Meyer in seiner Bilanz nach neun Jahren als Polizeipräsident verbuchen kann. Am Dienstag wurde der 64-Jährige mit einem Festakt des Senats in den Ruhestand verabschiedet. Innensenator Andy Grote (SPD) lobte die Entwicklung der Polizei unter Meyer: Sie sei diverser, jünger, weiblicher, digitaler und moderner geworden.
Das mag sein, schließlich kann sich selbst die Polizei nicht jeder fortschrittlichen Entwicklung verschließen. Blickt man jedoch auf die vergangenen neun Jahre zurück, fällt auf: Unter Meyers Führung agierte die Polizei, als hätte sie nie etwas anderes gelernt, als drauf zu hauen. Keinen 1. Mai-Protest, egal wie friedlich er ist, kann sie vergehen lassen, ohne linke Demonstrant*innen zu schikanieren und im Zweifel krankenhausreif zu schlagen.
Polizeitgewalt? Gibt's nicht!
Im Corona-Lockdown jagte sie feiernde Jugendliche mit einem Auto durch den Jenischpark. Bei den Black Lives Matter-Protesten hielt sie 36 Jugendliche stundenlang eingekesselt. Auf St. Pauli brachte sie einen 16-Jährigen zu Boden und nahm ihn fest, weil er einen Pulli mit der Aufschrift ACAB trug. Für keine der Gewalt-Aktionen entschuldigte sich Meyer.
Auch als das Verwaltungsgericht 2020 einem Anwohner St. Paulis Recht gab, der die Polizei wegen Racial Profilings verklagt hatte, kam von Meyer nichts. Bis heute haben Schwarze Menschen in der Nähe der Reeperbahn so gut wie keine Rechte: Täglich werden sie von der unter Meyer eingerichteten „Task Force Drogen“ verfolgt und kontrolliert.
„Die Polizei Hamburg betreibt kein Racial Profiling“, stellte Meyer zum Ende seiner Amtszeit noch mal klar. Es ist die alte Polizeilogik: Was nicht sein darf, kann auch nicht sein. Außer natürlich, es interessiert niemanden, ob es sein darf. Falls es doch jemanden interessiert, kann er ja dagegen klagen. Diese Devise vertritt Meyer ebenfalls bis zum Schluss, etwa hinsichtlich der Versammlungsverbote während des G20-Gipfels 2017, die im Nachhinein für rechtswidrig erklärt wurden. Den damaligen Einsatzleiter Hartmut Dudde beförderte Meyer nach dem Gipfel-Desaster.
Den G20-Gipfel zählt er zu den unangenehmsten Kapiteln seiner Amtszeit. Nicht etwa wegen der brutalen Polizeigewalt, nein! Diesen Begriff lehnt Meyer kategorisch ab, er führe in die Irre. Rückblickend auf den G20 wurmt Meyer, den Sachschaden in der Elbchaussee nicht verhindert zu haben. Tja, so zieht jeder seine eigenen Schlüsse. Meyers Abgang ist jedenfalls ein erfreulicher Schluss nach neun Jahren Draufhauen.
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