Hans-Georg Maaßen auf Landwirt-Podium: Bauer sucht Rechtsaußen

Landwirte organisieren ein Podium mit dem Ex-Verfassungsschutzchef und Klimaleugnern. Das sei ein Türöffner für Rechtsradikalismus, sagt ein Forscher.

Kartoffeln und eine Forke auf einem Acker

„Bauern tot – alle in Not“ heißt das Programm des Podiums Foto: imago

BERLIN taz | Mehrere Landwirte laden zu einer Diskussionsveranstaltung mit Rechtsaußen-Politikern wie dem ehemaligen Bundesverfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen und Leugnern des menschengemachten Klimawandels ein. Maaßen soll bei dem Treffen am 10. September in Berlin laut Ankündigung zum Thema „Auf Kommando von oben. Der Umbau der Gesellschaft“ sprechen.

Klaus Ermecke, der die Existenz der von Menschen verursachten Erderhitzung abstreitet, soll unter dem Titel „Jahrtausendlüge ‚Klimaschutz‘. Heizt CO2 wirklich die Erde? Ist der CO2-Anteil in der Luft steuerbar?“ auftreten. Als „Experte“ steht auch Markus Krall auf der Einladung, der ebenfalls den menschengemachten Klimawandel geleugnet und auf der rechten Internetseite Tichys Einblick gefordert hat, Empfänger von staatlichen Transferleistungen wie Sozialhilfe das Wahlrecht zu entziehen.

Die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin Angelika Barbe, die zur Wahl der AfD aufgerufen hat, soll über „Freiheit, und wie sie uns genommen wird“ reden. Ein Podium wird laut Programm von Vera Lengsfeld moderiert. Sie arbeitet als Autorin für die Internetzeitung Freie Welt des AfD-nahen Aktivisten Sven von Storch, dessen Ehefrau Beatrix von Storch für die rechtsradikale Partei im Bundestag sitzt.

Meinungen pro Klimaschutz sind bei der Auswahl der „Experten“ kaum zu erwarten. Die Einladung ist auf Internetseiten von Bauern zu lesen, Ermecke und Barbe bestätigten der taz ihre Teilnahme.

Bauern tot – alle in Not

Das Programm mit dem Titel „Bauern tot – alle in Not“ nennt nicht die OrganisatorInnen und spricht nur von einer „selbstorganisierten Veranstaltung von Bauern“. Moderiert werden soll das Podium mit den genannten „Experten“ aber von Peter Guhl, den das nicht gemeinnützige Lobbyunternehmen Freie Bauern Deutschland GmbH auf seiner Internetseite mindestens bis Redaktionsschluss als Mitglied seiner „Bundesvertretung“ bezeichnete.

Dieser gehört demnach ebenfalls Jann-Harro Petersen an, der auf der Diskussion der Einladung zufolge die Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit ihren Nachhaltigkeitszielen als eine von mehreren „Kampagnen gegen Generationen“ darstellen will. Auch der Berufsschäfer Wendelin Schmücker, der als „Mitglied“ der Freien Bauern aufgetreten ist, gehört zu den vier Bauernsprechern, die die Einladung ausdrücklich erwähnt. Die Verbindungen zu der Organisation fehlen in der Einladung.

Ein alter Traktor, wo das Hinterrad fehlt.

Habt ihr ein Rad ab? Foto: imago

Weniger prominent werden als Teilnehmer an unter anderem von Lengsfeld moderierten Gesprächsrunden Mitglieder des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter und ein Landwirt aus Brandenburg präsentiert, der auch FDP-Kommunalpolitiker ist. Sowohl die Freien Bauern als auch der Milchviehhalterverband sind eher kleine Gruppen in der Agrarbranche.

Bauerngruppe AbL zeigt Verständnis für „Frust“

Die ökologisch orientierte Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft kommentierte die Veranstaltung auf taz-Anfrage unter anderem mit den Worten: „Die AbL lehnt jegliche Annäherungen von rechtsextremer Seite ausdrücklich ab.“ Die Organisation verstehe jedoch „den Frust der Bäuerinnen und Bauern, denn die wirtschaftliche Situation vieler Höfe ist sehr angespannt“. Sie fordere die Bundesregierung auf, „zum Beispiel beim Umbau der Tierhaltung eine vernünftige und langfristige Finanzierung vorzulegen“.

Das CDU-Mitglied Maaßen war von 2012 bis 2018 Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz. Nach seinen als beschönigend kritisierten Äußerungen zu den rechtsex­tre­men Krawallen in Chemnitz 2018 wurde er in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Seit Januar ist er Vorsitzender der Werteunion, die CDU und CSU wieder weiter rechts positionieren will.

„Maaßen bedient zentrale Narrative, die die globale extreme Rechte in den vergangenen Jahren und Monaten entwickelt hat“, sagte Matthias Quent, Rechtsextremismusforscher an der Hochschule Magdeburg-Stendal, der taz. Als Beispiel führte er Maaßens Äußerungen über einen „Rassismus gegen Weiße“ an.

„Dieses Denken ist Ausdruck einer grün-roten Rassenlehre, nach der Weiße als minderwertige Rasse angesehen werden und man deshalb arabische und afrikanische Männer ins Land holen müsse“, hatte Maaßen in einem Interview mit dem rechtsradikalen Blogger Alexander Wallasch geäußert. Maaßen wurde auch vorgeworfen, Begriffe wie „Globalisten“ zu benutzen, die als Code von Rechtsextremisten gelten.

Experte: Maaßen äußert sich oft rechtsextrem

Die Bauernveranstaltung könne Maaßen als „Türöffner“ dienen, „um diese antidemokratischen Ideologien auch in bürgerlichen Kreisen weiter zu verstärken und zu legitimieren“, ergänzte Quent. Besonders im konservativen Milieu werde Maaßen nicht als Rechtsextremer gesehen, „obwohl er sich an vielen Stellen rechtsextrem äußert“. „Damit erfüllt er eine Normalisierungsfunktion, von der die AfD nur träumen kann“.

Maaßen, Krall und Guhl ließen Bitten der taz um Stellungnahme bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

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