piwik no script img

Hamburger FlughafenFreiflugschein für Klimakiller

Hamburgs rot-grüner Senat weigert sich, den Luftverkehr in die Klimaschutzmaßnahmen der Stadt einzubeziehen.

Der Luftverkehr ist einer der größten Verursacher des Klimawandels Foto: dpa

Hamburg taz | Keine Diskussion! Als die Linke am vergangenen Mittwoch einen Antrag in die Bürgerschaft einbrachte, in Hamburg „den Luftverkehr bei der Klimarettung“ mit einzubeziehen, schmetterten SPD, Grüne, CDU, FDP und AfD die Initiative gemeinsam ab. Nicht einmal eine Überweisung in den zuständigen Fachausschuss zur weiteren Debatte wurde zugelassen. Das Thema Flugverkehr und Klimaschutz findet bis auf Weiteres in Hamburgs Parlament und Regierung nicht statt.

Das passt. Obwohl der Flugverkehr einer der größten Verursacher von Klimagasen ist, ist dieser Zusammenhang auf der lokalen und politischen Agenda kein Thema. Das Luftverkehrskonzept der drei norddeutschen Flächenländer und der Hansestädte Bremen und Hamburg setzt auf ehrgeizige Wachstumsziele, das Wort „Klima“ aber taucht in dem Papier allerdings nur ein einziges Mal auf – in Bezug auf einen Forschungsauftrag.

Im Hamburger rot-grünen Koalitionsvertrag existiert zwar eine Passage zum Komplex Flughafen und Lärmschutz, auch darin aber findet sich kein einziger Satz zum Thema Flugverkehr und Klimaschutz. Und wer im Netz nach Initiativen des grünen Umweltsenators Jens Kerstan in Bezug auf den Flugverkehr sucht, findet nur das Bekenntnis des Politikers, dass er gerne und regelmäßig nach Mallorca fliege. „Der Luftverkehr wurde bislang von allen klimapolitischen Anstrengungen ausgenommen“, kritisiert der umweltpolitische Sprecher der Linken, Stephan Jersch.

„Wir haben als Landesparlament kaum Einflussmöglichkeiten, da sind der Bund und Europa gefragt“, begründet die umweltpolitische Sprecherin der Grünen, Ulrike Sparr, das Fehlen des Themas in der politischen Debatte. Auch der Antrag der Linken biete „keine wirklich effektiven Maßnahmen“ zur Begrenzung des Flugverkehrs an. Die Linke hatte gefordert, den Klimaschutz zum „verbindlichen Bestandteil des Norddeutschen Luftverkehrskonzepts“ zu machen und gemäß der Hamburger Klimaziele die Emissionen des Luftverkehrs auf das Niveau von 1990 zurückzuführen.

Klimakiller Fliegen

Der Luftverkehr ist der Industriezweig mit dem am schnellsten wachsenden Schadstoffausstoß.

Der weltweite Kerosinverbrauch ist zwischen 2005 und 2018 um insgesamt 38,5 Prozent gestiegen – von 257 Milliarden auf 356 Milliarden Liter.

Auch wenn die Vorschläge der Linken aus Sicht der Grünen etwas wolkig bleiben, hätte die Partei den Antrag gern in den Umweltausschuss zur weiteren Diskussion überwiesen – scheiterte damit aber am Veto der SPD. Die sah den Antrag der Linken als „nicht zielführend an“. Sind aber nicht beide Regierungspartner für eine Überweisung, findet sie nicht statt.

Dass Hamburg nichts tun könne zur Reduktion der Flugverkehr-Emissionen, glauben die Umweltverbände nicht. „Die Bigotterie des Senats in dieser wichtigen Frage ist frappierend“, kommentiert der Sprecher des BUND-Arbeitskreises Luftverkehr, Martin Mosel, die rot-grüne Antragsblockade. Die Koalition habe „dem Hamburger Flughafen einen unbegrenzten Freiflugschein für den Ausstoß des Klimagases Kohlendioxid“ gegeben.

Auch der BUND fordert eine schnelle Einbindung des Klimaschutzes in das Norddeutsche Luftverkehrskonzept. Laut dem Verband verursacht der Helmut-Schmidt-Airport jährlich zwei Millionen Tonnen CO2. Seit 2005 wuchs der luftverkehrsbedingte Treibhausgasausstoß in Hamburg um 16 Prozent – Tendenz steigend. Mosel wirft dem Senat vor, er befeuere „das Umherfliegen von und zum Helmut-Schmidt-Airport mit zahlreichen Wachstums- und Rabattprogrammen“ und habe seine Klimaziele dabei völlig aus dem Blick verloren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • der flughafen ist für den standort hamburg sehr wichtig.aber dass ist nur so weil auch andere globale städte flughäfen haben darum fordern wir dass weltweit alle flughäfen geschlossen werden.

    noch wichtiger für den klimaschutz sind aber die schliessung der autobahnen und die deautomobilisierung der grossstädte

    sowie das verbot der massentierhaltung







    wir fordern auch schon lange eine weltweit einheitliche progressive besteuerung der individuellen kohlendioxidemmissionen

    diesbezüglich haben wir jetzt noch ein bisschen weiter gedacht beziehungsweise dazu gelernt.

    wir schlagen vor in die progressive dass heisst mengenabhängige besteuerung der individuellen kohlendioxidemmissonen auch noch einen multiplikator einzubeziehen der die höhe des einkommens berücksichtigt.das würde die lenkungswirkung dieser steuer noch verstärken und den ausstieg aus dem fossilismus beschleunigen.



    je teurer es für die reichen ist kohlendioxid zu verursachen desto mehr werden sie tun um das klima zu schützen

    wer 2 tonnen kohlendioxid verursacht soll weniger pro tonne bezahlen als wer 20 tonnen kohlendioxid verursacht.und wenn jemand der 10000 euro pro monat verdient 2 tonnen kohlendioxid verursacht und jemand anders dessen einkommen nur 1000 euro beträgt die gleiche menge ,so soll derjenige der zehnmal mehr verdient auch zehnmal mehr für die gleiche menge bezahlen.

    eine derartiges besteuerungssystem setzt vorraus dass jede/r weltbürger*in eine individuelle ökologische steuererklärung abgibt

    wir haben diese idee heute mit einigen jugendlichen der fff bewegung in unserer stadt und auch mit einigen grannies for future diskutiert und sie warenzum grössten teil dafür

    damit es zu einer weltweit einheitlichen kohlendioxidbesteuerung kommt,muss ein globales parlament gewählt werden

  • „Wir haben als Landesparlament kaum Einflussmöglichkeiten, da sind der Bund und Europa gefragt“ (ein typischer Merkelsatz). Die Gesellschafter des Flughafens sind zu 51 % die Hansestadt Hamburg. Wie wäre es z.B. mit der Erhöhung der Landegebühren?

    BLABLA 13:12 kann ich nur zustimmen: ... wer verrät uns schneller: GRÜNE und ALer

    • @Peter Goretzki, Dr.:

      Und wie wäre es mit der Begrenzung der Start- und Landezeiten, z.B. 7-22 h?

  • Ach, Ihr Grünen.

    Ich will Euch ja wirklich lieben. Aber wenn Ihr diese Sachen nicht in Ordnung bringt (ja, auch Diesel-Kretschmann, auch Palmer), dann wird's nix, mit unserer Liebe.

  • 0G
    05653 (Profil gelöscht)

    Pazifismus, Anti-Atomkraft, soziale Gerechtigkeit und nun Klima. Alles ist kompromissfähig. Das Klima ist mir eigentlich nicht so wichtig, solange der Umweltschutz nicht deswegen zu kurz kommt, aber am Witzigsten ist doch eine grüne FDP als Orginal zu verkaufen.

  • "rot-grüner Senat"

    Ich habs ja gesagt ... die Grünen werden auch nichts machen!