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Hamas-Angriff auf IsraelGazastreifen vollständig blockiert

Die Armee erlangt Kontrolle über die von Hamas-Kämpfern infiltrierten Ortschaften. Die israelische Regierung kappt Wasser- und Stromversorgung Gazas.

Nach dem Angriff der Hamas am Samstagmorgen hat Israel mehr als 300.000 Re­ser­vis­t*in­nen mobilisiert Foto: Ilia Yefimovich/dpa

Berlin taz | Zwei Tage nach dem Eindringen von militanten Palästinensern auf israelisches Staats­gebiet hat die Armee des Landes im Laufe des Montags eigenen Angaben zufolge wieder die Kontrolle über die infiltrierten Ortschaften erlangt. Noch am Montagmorgen hatte es Kämpfe zwischen israelischen Sol­da­t*in­nen und den Angreifern gegeben. Armeesprecher Daniel Hagari warnte allerdings am Nachmittag, dass sich auch nach dem Überraschungs­angriff der ­Hamas am Samstagmorgen noch einzelne Terroristen auf israelischem Gebiet aufhalten könnten.

Auch der Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen hielt am Montag weiter an. In den Städten Aschkelon und Aschdod wurden mehrere Menschen verletzt. Israelische Medien gaben am Montag an, dass sich die Zahl der Toten auf israelischer Seite mittlerweile auf mehr als 800 belaufe.

Als Vergeltung flog das israelische Militär am Montag weitere Luftangriffe auf Ziele der Hamas sowie des Islamischen Dschihads im Gazastreifen. Hunderte Ziele seien getroffen worden. Nach palästinensischen Angaben wurden dabei bislang mehr als 500 Menschen getötet.

Nach UN-Angaben wurden zudem mehr als 120.000 Menschen innerhalb des Gazastreifens vertrieben. Viele suchten Zuflucht in Schulen des UN-Palästinahilfswerks UNRWA. Die Hamas behauptete, bei israelischen Luftangriffen seien auch vier der mehr als 100 Geiseln getötet worden, die die Angreifer am Samstag in ihre Gewalt gebracht hatten.

Mehr als 120.000 Menschen wurden innerhalb des Gazastreifens vertrieben

USA verlegt Flugzeugträger

Die USA haben bislang nicht bestätigt, dass unter den Geiseln auch dutzende US-Staatsbürger*innen seien, wie Gilad Erdan, Israels Botschafter bei der UNO, am Wochenende angegeben hatte. Washington teilte am Montag allerdings mit, dass neun US-Bürger*innen in den Kämpfen zwischen der israelischen Armee und militanten Palästinensern getötet worden seien. Weitere würden aktuell noch vermisst.

Die USA hatten am Sonntag erklärt, dass ein US-Flugzeugträger samt Kriegsschiffen ins östliche Mittelmeer, also in die Nähe der Küste von Israel und dem Gazastreifen, verlegt werde. Außerdem erhält Israel weiteres Kriegsgerät und Munition aus den USA.

Israels Verteidigungsminister Joaw Galant teilte am Montag mit, er habe eine „vollständige Blockade“ des Gaza­streifens angeordnet. „Es wird keinen Strom geben, keine Lebensmittel, keinen Treibstoff, alles ist geschlossen“, so Galant. Einem Bericht der Times of Israel zufolge sprach der Minister von einem Kampf gegen „menschliche Tiere“. Dementsprechend würde man sie behandeln. Energieminister Israel Katz ordnete zudem an, die Wasserversorgung des Küstengebiets aus ­Israel einzustellen.

Insgesamt wurden mehr als 300.000 Re­ser­vis­t*in­nen mobilisiert – nach israelischen Medienberichten so viele wie seit dem Jom-Kippur-Krieg 1973 nicht mehr. Der Oppositions­politiker und ehemalige Verteidigungsminister Avigdor Lieberman forderte die Regierung am Montag auf, nicht nur mit Artillerie und Luftangriffen gegen die Hamas vorzugehen, sondern auch eine Bodenoffensive im Gazastreifen zu starten. Die Hamas zu eliminieren bedeute unglücklicherweise, dass Sol­da­t*in­nen auf dem Landweg bis nach Gaza-Stadt vordringen müssten. „Wir müssen den Stall ausmisten“, so Lie­ber­man.

Gefechte im Norden

Indes gab es auch Berichte über Gefechte im Norden des Landes an der Grenze zu Libanon. Die israelische Armee gab an, mehrere Bewaffnete getötet zu haben, die über die Grenze nach Israel eingedrungen seien. Auch seien Geschosse auf israelisches Gebiet abgefeuert worden. Im südlibanesischen Grenzgebiet hat die politische Partei und Schiiten-Miliz Hisbollah die Kontrolle, die eine Auslöschung Israels zum Ziel hat. Sie stritt gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters am Montag allerdings ab, mit der Aktion etwas zu tun zu haben.

Während in Israel zunächst sämtliche politische Diskussionen hinter der Trauer um die Toten und dem Kampf gegen die Angreifer in den Hintergrund getreten sind, vermeldete die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf einen ägyptischen Geheimdienstmitarbeiter am Montag, dass die israelische Regierung vor „etwas Großem“ im Vorfeld des Überraschungsangriffs vom Samstag gewarnt worden sei. Warum Israels Sicherheitsapparat offenbar völlig unvorbereitet war, ist bislang ungeklärt. „Erst kämpfen wir, dann stellen wir Untersuchungen an“, erklärte Armeesprecher Hagari.

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16 Kommentare

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  • Der Koonflikt ernährt seine Protagonisten.



    Krieg als Business



    sonst wäre längst Frieden eingekehrt.



    Das schlimmste sind ausländische "humanitäre Hilfen", die letztlich Anreiße schaffen um den Konflikt weiter am Leben zu erhalten.

  • "Auge um Auge, und die ganze Welt wird blind sein", hatte Gandhi gepredigt – und wird doch selbst Opfer von Hass und Gewalt.

  • „Es wird keinen Strom geben, keine Lebensmittel, keinen Treibstoff, alles ist geschlossen“



    ist 1 kriegsverbrechen mit ansage. und alle welt schaut ungerührt zu?!

  • Tiere sind im Gegensatz zum Menschen keine skrupellosen Mörder, die Spaß an Folter haben, daher verstehe ich wirklich nicht warum immer die armen Tiere als Menschen-Abwertung dran glauben müssen, während die menschliche Spezies die tödlichste, grausamste ist

    • @Wolkensitz:

      Haben sie schonmal einer Katze zugeschaut? Delfine quälen zum Spaß Schildkröten, Schwertwale spielen Schweinswale zu Tode. Und das ist nur was mir aus dem Stehgreif als erstes einfällt, es gibt jede Menge Beispiele in der Natur.

    • @Wolkensitz:

      Das stimmt leider auch nicht.

  • Selbst in den schlimmsten Albträumen hätte ich mir niemals vorstellen können, dass es im 21. Jahrhundert wieder ein "Pogrom" gegen Menschen jüdischen Glaubens geben könnte. Mein Mitgefühl gilt den Familien der israelischen Opfer und Geiseln.

    Ein Freund Israels

  • Das wird ganz übel! Aber eine bessere Idee hätte ich auch nicht, würde man mich fragen. Der Hass wird stärker werden, die Optionen gehen gegen Null.



    Mein ganzes Mitgefühl ist derzeit bei den Geiseln.

    • @Tom Farmer:

      Mein Mitgefühl ist mit allen betroffenen Zivilisten in Gaza und Israel.

      Terror wird jetzt mit noch mehr Terror bekämpft.

      "Einem Bericht der Times of Israel zufolge sprach der Minister von einem Kampf gegen „menschliche Tiere“. Dementsprechend würde man sie behandeln. Energieminister Israel Katz ordnete zudem an, die Wasserversorgung des Küstengebiets aus ­Israel einzustellen."

      Wie tief kann man sinken. Wie unmenschlich wird es noch?

      • @Moonlight:

        Was Militärs so alles sagen, Menschen wie Tiere? Seit Merlene Haushofer wissen wir: Wenn der Mensch das Menschsein vergisst, dann wird er nicht zum Tier, er fällt daran vorbei.

      • @Moonlight:

        Wie tief kann man sinken, die israelische Reaktion als "Terror" zu bezeichnen? Israel hat ein Recht auf Selbstverteidigung – was würden Sie wohl fordern, wenn ihre gesamte Nachbarschaft brutalst ausgelöscht worden wäre?

        • @Katja Meier:

          Die Israelis wollen die Hamas vernichten und bereiten einen umfassenden Gegenschlag vor.



          Es wird wohl ca. 40000 Terorristen unter Waffen geben.

          Alles was jetzt gerade passiert richtet sich aber auch gegen mehr als 2 Millionen Menschen auf 45 Quadratkilometern, die nunmal in Gaza leben und auch nicht einfach weg können.

          Israel hat Phosphorbomben in Gaza eingesetzt, es gibt keinen Strom und kein Wasser mehr. Jetzt sollen eine Million Menschen wohin genau fliehen?

          Das israelische Vorgehen und die Bombardements machen keinen nennenswerten Unterschied zwischen den Terroristen und den 98% palästinensische Zivilbevölkerung.



          Es ist jetzt schon eine humanitäre Katastrophe.

          Dort wird gerade die gesamte Nachbarschaft brutalst ausgelöscht. Um das mit Ihren Worten zu sagen.

          Ja das nenne ich Terror gegen Zivilisten. Das ist durch was genau gerechtfertigt? Recht auf Selbtsverteidigung? Wirklich?

          Wie soll das denn alles weitergehen?

      • @Moonlight:

        Nun, wie soll man das Verhalten dieser Hamas-Greueltäter denn noch einordnen? In unserer heutigen Zeit, in der schon rein verbale Fehltritte schwere Kritik auszulösen (und oft zu Recht natürlich), wirkt der ganze sprachliche Referenzrahmen vollkommen aus Raum und Zeit gefallen, wenn Männer am hellichten Tage in der Gruppe Frauen vergewaltigen, sie als Geiseln nehmen, erschießen, ihre Körper bespucken. Und eben wie behanden? So als wären sie keine Menschen, die Respekt verdienen.

        Wie soll ich so einen Menschen beschreiben? Ist das noch eine Person, der ich eine Moral und Ethik zusprechen kann, die ich als human bezeichnen würde?

        Und Ihnen fällt wieder nichts besseres ein, jedes Verhalten in einen Topf zu werfen (Terror mit Terror bekämpfen) und damit jede sprachliche Abstufung von Anfang an in die Tonne zu kloppen.

        Nein, was die israelische Armee gerade tut, muss sprachlich anders beschrieben werden als das, was die Hamas getan hat. Wer dazu nicht in der Lage ist, mit der*m wird es schwierig eine liberale, demokratische, rechtsstaatliche Gesellschaft zu gestalten und zu verteidigen.

        • @DieLottoFee:

          Den Terror der Hamas finde ich zum kotzen!

          Galant ist Verteidigungsminister und eher als hardliner einzuordnen:



          »Ich habe eine vollständige Belagerung des Gazastreifens angeordnet. Es wird keinen Strom geben, keine Lebensmittel, keinen Treibstoff. Alles ist geschlossen«. Weiter sagte er: »Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und wir handeln entsprechend.«



          Quelle: www.juedische-allg...ungen-eingestellt/

          Er führt jetzt also Krieg gegen 2 Millionen Palästinenser in Gaza und entzieht ihnen die Lebensgrundlage, was definitiv nicht mit 2 Millionen Terroristen gleichzusetzen ist.

          Es sind nunmal 98% Zivilisten dort.



          Das sind alles Menschen, keine Tiere!!!

          Er verfolgt die Vernichtung der Hamas als Ziel und nimmt massive Kollateralschäden bei der Zivilbevölkerung in Gaza in Kauf.

          Das ist in meinen Augen ebenfalls Terror.

        • @DieLottoFee:

          Danke für Ihren Kommentar, der es genau den Punkt bringt.



          Ich denke noch unmenschlicher als die Hamas am letzten Samstag kann es nicht werden. Diese Bestien haben überwiegend Frauen, Kinder und ganze Familien hingerichtet, vergewaltigt, geschändet und verschleppt. Das sind keine Menschen, sondern nur Triebtäter, die von blindem Hass getrieben werden.

          • @DocSnyder:

            Stopp, Stopp, Stopp! So schlimm die Massaker der Hamas sind, und so sehr auch ich möglichst radikale Massnahmen befuerworte, um die Infrastruktur der Hamas möglichst nachhaltig zu zerstoeren, so wenig dürfen wir auch diesen Verbrechern ihr Menschsein absprechen. Das gilt fuer den israelischen Minister wie fuer Sie und mich - da, wo wir anderen, und seien es unsere schlimmsten Feinde, das Menschsein absprechen, fangen wir selbst an, zu Monstern zu werden. Lassen wir es, trotz aller berechtigten Wut, nicht soweit kommen...