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Habeck und die UkraineBaerbock gegen Waffenlieferungen

Spitzenkandidatin Annalena Baerbock bekräftigt, dass die Grünen Rüstungesexporte in Kriegsgebiete ablehnen. Robert Habeck hatte daran Zweifel gesät.

Rudert zurück: Annalena Baerbock Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin dpa | Grünen-Chefin Annalena Baerbock hat die ablehnende Haltung ihrer Partei zu Waffenlieferungen in Kriegsgebiete bekräftigt. „Das steht auch in unserem Programm, und das sehen wir als Parteivorsitzende beide so“, sagte sie am Mittwochabend in der ARD-Sendung „Maischberger. Die Woche“.

Zuvor hatte Co-Chef Robert Habeck mit Forderungen nach Waffenlieferungen an die Ukraine für Aufsehen gesorgt. Am Dienstag hatte er sich kurz vor einem Besuch an der Frontlinie in der Ostukraine für Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen. „Waffen zur Verteidigung, zur Selbstverteidigung kann man meiner Ansicht nach, Defensivwaffen, der Ukraine schwer verwehren“, sagte er dem Deutschlandfunk.

Die Bundesregierung bekräftigte am Mittwoch ihr Nein dazu. „Wir verfolgen eine restriktive und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik und erteilen im Hinblick auf die Ukraine keine Genehmigungen für Kriegswaffen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. „Ich kann nur für diese Bundesregierung in dieser Legislaturperiode sprechen – und da wird sich dann auch nichts dran ändern.“ Ein Sprecher des Auswärtigen Amts erklärte, dass ihm keine aktuelle Anfrage der Ukraine nach Waffenlieferungen bekannt sei.

Am Mittwochmorgen hatte Habeck seine Äußerungen präzisiert. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk nannte er „Nachtsichtgeräte, Aufklärungsgeräte, Kampfmittelbeseitigung, Medevacs (medizinische Transportflugzeuge)“ als Beispiele für seine Forderung. Dabei handelt es sich aber nicht um Waffen. Die deutsche Rüstungskontrolle unterscheidet nicht zwischen Offensiv- und Defensivwaffen.

Verwirrung um vermeintliche Aussagen zur OSZE

Auf die Frage der Moderatorin Sandra Maischberger zu Habecks ursprünglicher Forderung nach Waffenlieferungen erklärte die designierte Grünen-Kanzlerkandidatin Baerbock am Mittwoch zunächst: „Hat er so nicht gesagt.“

Dann führte sie aus, Habeck habe eine Unterstützung der OSZE-Mission in der Ukraine verlangt und dies am Mittwochmorgen im Deutschlandfunk auch präzisiert. „Robert Habeck hat heute Morgen ja genau klargestellt, dass es nicht um Defensivwaffen geht, sondern – wie wir auch schon vor kurzem deutlich gemacht haben – um Munitionsräumung, um die Bergung von verwundeten Personen, Zivilisten, mit gepanzerten Fahrzeugen und auch um die Frage einer Unterstützung der OSZE-Mission.“

Habeck hatte sich in dem Radiointerview vom Mittwochmorgen aber gar nicht zur OSZE-Mission geäußert. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist seit dem Frühjahr 2014 mit einer unbewaffneten Beobachtermission in der Ukraine präsent.

Baerbock verwies auf ein Interview, das sie selbst vor einigen Wochen der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ gegeben hatte und in dem sie über die schwierigen Bedingungen für die Mission vor Ort gesprochen hatte. Diese Mission könne ihre Arbeit nicht machen, sagte Baerbock bei „Maischberger“, „weil zum Beispiel vor kurzem gerade eine Drohne der OSZE abgeschossen wurde“. Es müsse etwas geschehen. „Deswegen braucht es Unterstützung bei der Luftabwehr.“ Auch bei der Minenräumung sei Hilfe nötig.

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14 Kommentare

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  • Nun isses raus. Auch Pazifisten in DE sehen endlich, dass die Ostukraine ein Kriegsgebiet ist und Russland der Aggressor.

  • Da hat sich Habeck sich um Kopf und Kragen geredet und windet sich jetzt mühsam wieder raus.

    Die Unterscheidung zwischen Offensiv- und Defensivwaffen gibt schon lange nicht mehr. Schwert und Schild hätte man evtl. so kategorisieren können. Bestenfalls Systeme zur Luftabwehr (z.B. der israelische Iron Dome) haben rein defensiven Charakter, aber das sind absolute Ausnahmen. Die meisten Waffen sollen etwas oder jemanden zerstören und können deshalb auch offensiv eingesetzt werden. Das geht beim Küchenmesser los und skaliert hoch zur Atomrakete.

    • @Winnetaz:

      " Bestenfalls Systeme zur Luftabwehr ... haben rein defensiven Charakter."

      Auch die nicht. Sie können zur Deckung einer eigenen Offensive gegen generische Luftangriffe eingesetzt werden.

    • @Winnetaz:

      Nunja. Was der einen alles Kobold ist.



      Is Habie halt alles Defensivwaffen.

      Nur sollte das alles nicht inhaltlich darüber hinwegtäuschen! Gellewelle.



      Daß es beiden um Immergriiens Ranwanzen auf der Schleimspur geht!

      Sodrum wird n Schuh - auch zwei draus •

  • Pazifismus innerhalb von Familien ist in Ordnung, zwischen Nationen leider oft tödlich. 70 Jahre Frieden und Freiheit wären ohne massive Verteidigungsanstrengungen in Europa nicht möglich gewesen, so sehr ich z.B. ein entmilitarisiertes Deutschland nach 45 unterstützt hätte.



    Albert Einstein hat z.B. seinen Pazifismus aufgegeben und sich für die Niederschlagung des Faschismus eingesetzt. In Russland und Belarus bewegen wir uns im Moment auf dem Niveau der Anfangsjahre des deutschen Faschismus:



    Alle demokratischen Bewegungen werden im Keim erstickt, führende und auch weniger bekannte Köpfe kommen in Arbeitslager, alle demokratischen Organisationen inkl. Memorial werden als "ausländische Agenten" gebrandmarkt. Die Massen werden ohnmächtig gehalten, die Zensur und hybride Desinformations-kampagnen garantieren das.



    Das Argument, dass jeder Krieg den schlimmsten Verlust an Humanität mit sich bringt, bleibt dauerhaft relevant.

    Aber seine Grenzen verteidigen sollte ein Land schon dürfen. Die Ukraine hat schließlich ihr Atomwaffenarsenal an Moskau abgegeben. Moskau hat im "Budapester Memorandum" zugesichert, dass die Grenzen der Ukraine unantastbar bleiben würden. Schon 2014 hat sie diesen Vertrag gebrochen.

    • @Ataraxia:

      ...ein absolut unangemessener Vergleich. Hier wird einerseits die NS-Geschichte verharmlost und gleichzeitig der Kampf gegen den Faschismus im 2. Weltkrieg für die aktuellen geopolitischen Interessen der NATO instrumentalisiert.

    • @Ataraxia:

      " In Russland und Belarus bewegen wir uns im Moment auf dem Niveau der Anfangsjahre des deutschen Faschismus..."

      Ist Ihnen klar, wie viele politische Gegner die Nazis allein in den ersten Monaten ermordet haben?

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Nennen Sie dann doch wenigstens die genauen Zahlen. In Belarus hat es bisher 35.000 Verhaftungen gegeben,



        der russische Nationalismus hat sich bereits in Tschetschenien, Georgien, dem Kaukasus allgemein und der Ukraine ausgetobt,



        nicht zu schweigen vom manifesten Rassismus gegenüber jenen Arbeiter*n, die einmal der Sowjetunion zugehörten und keine ethnischen Russen sind.



        Allein etwa 15.000 Todesopfer, die meisten Zivilisten, resultieren seit 2014 aus dem Konflikt in der Ostukraine, hinzu kommen ständige Verhaftungen, Hunderte politischer Gefangene, auf der Krim und in Russland selber, zusammen mit einer hohen Anzahl Morde und umfangreicher Repression gegenüber Journalisten und Bloggern.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    """Verwirrung um vermeintliche Aussagen zur OSZE""""



    ==



    Wo ist denn da Verwirrung?

    Zentraler Punkt Habecks und von Baerbock entsprechend wiederholt ist die merkwürdige Tatsache, das eine Drohne der OSZE, in der auch Russland Mitglied ist, was defakto bedeutet das ein Staat, der in den Kriegshandlungen in der Ostukraine massgeblichals als Treiber beteiligt ist, sich innerhalb der OSZE Organisation selbst überwacht.

    Klartext - diesen Umstand auf ein einfaches Beispiel übertragen:



    Beim nächsten Spiel der FC Bayern bringen sie die Linienrichter selber mit -- um die Unparteilichkeit (Achtung - Sarkasmus) des Schiedsrichters ""selbst"" zu überwachen/oder zu unterstützen.

    Jetzt ist eine Drohne der OSZE abgeschossen worden - wobei man als Außenstehender klar erklären sollte das russische Soldaten zu 50% im Verdacht stehen, die Drohne der OSZE abgeschossen zu haben.

    Das ist der Ursprung von Habecks Aussagen. Das die bundes - republikanischen Gesetze es verbieten Waffen in Kriegsgebiete zu schicken zweifelt auch Habeck nicht an. Aber die Ostukraine ist ein Kriegsgebiet, weil Russland alles erdenkliche dafür tut das die Ostukraine ein Kriegsgebiet ist.

    Habeck legt ein Brennglas auf erschreckende Vorgänge die alles andere als beruhigend wirken. Und er legt den Focus auf eine Problematik über die niemand sonst berichtet.

    Wegbügeln gildet nicht - den Punkt haben die Grünen - weil sie Vorgänge ans Tageslicht bringen die andere aus welchen Gründen auch immer verschweigen.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      Der Westen steht auf der Seite der ukrainischen Regierung.

      Zwei parteiische Schiedsrichter gleichen sich aus.

      • 0G
        06438 (Profil gelöscht)
        @warum_denkt_keiner_nach?:

        1.. Der Westen - wer ist das denn?







        2.. Mit dem Fall Nawalny und der Anwendung des Nervengifts Nowitschok, wobei nicht nur die Nutzung sondern das blosse Vorhandensein einen eklatanten Verstoss gegen das Völkerrecht darstellt, haben die Beziehungen zu Russland einen Tiefpunkt erreicht, wobei der russische Mord im Tiergarten/Berlin auch anderswo die Missachtung der nationaler staatlicher Integrität



        deutlich aufzeigt.

        Gerade im Fall Nawalny und im Fall Ukraine im Konfliktbereiches des russischen Angriffs auf einen souveränen Nachbarstaat braucht es Aufklärung.

        Moskau muss sich an dieser Stelle bemühen, sonst dreht sich die Gewaltspirale weiter nach unten.

        Von den 57 Mitgliedern der OSZE melden 56 wenn sich die Ukraine nicht an die Waffenstillstandspflicht gehalten haben sollte. Darum geht es in dieser Mission - und das haben fast alle Teilnehmer der Mission verstanden.

        3.. Es geht darum den Job zu erledigen



        - Parteilichkeit gefährdet dieses Ziel.

  • Wenn denn eine Differenzierung zwischen Offensiv -und Defensivwaffen möglich ist, wüsste ich nicht, warum einem angegriffenen Land keine Verteidigung zugestanden werden sollte, genauso, wie die Bewaffnung gegen Völkermord (z.B. Ruanda, Bosnien, Myanmar), als Akt der Selbstverteidigung ethisch absolut gerechtfertigt ist. Die TAZ-Kampagne "Waffen für El Salvador " war die Antwort der Solidaritätsgruppen mit dem Widerstand gegen ein mörderisches Regime und wurde sogar auf deutschen Kirchentagen unterstützt.



    Pazifismus geht leider oft auf Kosten der Opfer.



    Deshalb hat Habeck Recht und die Grünen sollten sich nicht zu vorschnell wegducken vor internationaler Verantwortung. Waffenexporte zur Unterdrückung der eigenen Bevölkerung und für Angriffskriege muss dagegen entschieden entgegengetreten werden.

    • @Rinaldo:

      "Wenn denn eine Differenzierung zwischen Offensiv -und Defensivwaffen möglich ist..."

      Ist sie aber nicht :-)

  • Booey. Sojet nannte sich einst: “hinhaltende Verteidigung!“ - 🙀 - ganz koboldblauäugig

    Ein Dokument - Der Blick aufs Ziel



    Am Beginn des sechsten Kriegsjahrs Von Rudoli Stoppler



    “Wo das Große erkämpft werden soll, da ist es billig, daß das Schwerste übernommen werden muß.“ Ernst Jünger



    usw usf - 🪖🪖🪖🪖🪖🪖🪖 -



    mbc.cyfrowemazowsz...-3-IX-_Cz-IV-8.pdf -

    Na Mahlzeit

    unterm—— servíce —



    www.lexikon-der-we...egrundbegriffe.htm



    &



    www.grin.com/document/147128



    & all that shit =>



    de.wikipedia.org/w...3%B6gerungsgefecht