Grüne diskutieren Rüstungsexporte: Habeck korrigiert Ukraine-Vorstoß

Der Grünen-Chef will jetzt nur noch Nachtsichtgeräte und Sanitätstechnik an die Ukraine liefern. Abrüstungsexpertin Keul begrüßt das.

Nachtsichtgerät ausgestellt auf einer Messe

Robert Habeck will jetzt nur noch Nachtsichtgeräte und Sanitätstechnik an die Ukraine liefern Foto: C. Hardt/imago

BERLIN taz | Grünen-Chef Robert Habeck hat seinen umstrittenen Vorstoß für die Lieferung von Defensivwaffen in die Ukraine korrigiert. „Die Ukraine kämpft hier nicht nur für sich selbst, sie verteidigt auch die Sicherheit Europas“, sagte der Co-Parteichef im Deutschlandfunk am Mittwoch. Und mit Blick auf deren Konflikt mit Russland: „Die Ukraine fühlt sich sicherheitspolitisch allein gelassen, und sie ist allein gelassen.“ Er sprach nun aber von „Nachtsichtgeräten, Aufklärungsgeräten, Kampfmittelbeseitigung, Medivacs“, also Technik für Transport und Versorgung Verletzter.

Am Vortag hatte Habeck gesagt: „Waffen zur Verteidigung, zur Selbstverteidigung kann man meiner Ansicht nach, Defensivwaffen, der Ukraine schwer verwehren.“ Diese Idee war von der politischen Konkurrenz, aber auch von einzelnen Grünen, scharf kritisiert worden. Die Bundesregierung lehnt Waffenlieferungen in das Krisengebiet ab, auch weil sie kein Interesse daran hat, den Konflikt in der Ostukraine anzuheizen.

„Eine Aufrüstung der Ukraine würde Russland als Vorwand für eigene Truppen auf der Krim, in der Ostukraine sowie an der russisch-ukrainischen Grenze benutzen“, hatte der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) gesagt. Ähnlich argumentierte die SPD. „Die Forderung, der Ukraine sogenannte Abwehrwaffen zu liefern, ist leichtfertig und unterstreicht erneut, wie wenig regierungsfähig und unaufrichtig die Grünen derzeit auftreten“, hatte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich dem Spiegel gesagt.

Auch in Habecks eigener Partei hatte sein Vorschlag für Verwirrung und Kritik gesorgt. „Waffenexporte in die Ukraine würden unserem Grundsatz widersprechen, dass wir keine Waffen in Kriegsgebiete exportieren“, hatte der Außenpolitiker Jürgen Trittin gegenüber dem RND betont. „Die bisherige gemeinsame europäische Position ist, dass der Konflikt in der Ukraine nur politisch zu lösen ist und nicht militärisch.“ Waffenlieferungen würden die Umsetzung des Abkommens von Minsk weiter untergraben, sagte Trittin.

Erleichterung bei grüner Abrüstungsexpertin

Die Grünen treten für eine restriktive Rüstungsexportpolitik ein. „Exporte von Waffen und Rüstungsgütern […] in Kriegsgebiete verbieten sich“, heißt es im Entwurf für das Wahlprogramm, den Habeck im März vorgestellt hatte. Nähme man Habecks ursprüngliche Forderung ernst, müsste das Wahlprogramm entsprechend angepasst werden.

Die Ukraine ist zumindest in Teilen ein Kriegsgebiet: In der Ostukraine herrscht seit sieben Jahren ein Konflikt zwischen prorussischen Separatisten und den ukrainischen Regierungstruppen, in dem laut UN-Schätzung schon mehr als 13.000 Menschen getötet wurden. Nach einer Zuspitzung in diesem Frühjahr hatte die ukrainische Regierung Waffenlieferungen aus dem Westen gefordert.

Katja Keul, die abrüstungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, begrüßte Habecks Präzisierung. „Ich halte es für richtig, dass die Bundesregierung in das Kriegsgebiet keine Waffen liefert“, sagte sie der taz am Mittwoch. Zentral sei, dass die OSZE-Mission ausreichend Material habe, dazu gehörten zum Beispiel zivile Aufklärungsdrohnen. „Auch gegen die Lieferung von Minensuchgeräten bestehen keine Einwände. Deshalb ist es gut, dass Robert Habeck dies klargestellt hat.“

Habeck selbst sagte zu seinem Vorschlag: „Ich habe das rein auf die Ukraine bezogen, auf die konkrete Situation, auf die Annexion der Krim, auf die Schießerei, auf die Soldaten.“ Er plädiere nicht für Waffenlieferungen an andere Staaten. Eine Nato-Mitgliedschaft des osteuropäischen Landes halte er im Moment nicht für machbar.

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