Grünen-Strategie zum Klimapaket: Von Trittin lernen

So ein Schlamassel. Das Klimapaket der Groko ist ein Skandal, nicht zuzustimmen für die Grünen aber keine Option. Verändern geht nur mit Realpolitik.

Jürgen Trittin und Robert Habeck unterhalten sich mit einem Mann, der nur von hinten zu sehen ist

Politik macht man nicht durch Totalverweigerung, das wissen auch die Grünen Foto: dpa

Im Sommer 2011 steckten die Grünen in der Klemme: Die schwarz-gelbe Regierung, angeführt von Angela Merkel, hatte bei der Atomkraft einen Schwenk hingelegt. Getrieben von der Angst der Deutschen nach Fukushima, wollte sie plötzlich die Atomkraftwerke abschalten. Sollten die Grünen zustimmen – oder weitere Zugeständnisse verlangen? Es war der links-grüne Pragmatiker Jürgen Trittin, der seine Partei damals überzeugte, den historischen Moment nicht Merkel zu überlassen.

Beim Klimapaket der Großen Koalition operieren die Grünen in einem ähnlichen Dilemma. Keine Frage: Das, was CDU, CSU und SPD beim Klimaschutz vorschlagen, ist eine intellektuelle Frechheit – und nicht geeignet, die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen. Aber es ist eben im Moment das Beste, was auf dem Tisch liegt. Die Grünen sollten hart dafür kämpfen, Verbesserungen zu erreichen. Mit einer Blockadestrategie würden sie ihr Ziele ad absurdum führen. Kleine Schritte hin zu mehr Klimaschutz sind besser als gar keine. Mit welchem Argument sollten Grüne im Bundesrat günstige Bahntickets ablehnen, für die sie seit Langem werben?

Der zentrale Hebel des Klimapakets ist der CO2-Preis. Gegen einen solchen haben sich die Anhänger des alten Denkens bei CSU, CDU und SPD mit aller Macht gewehrt, weil er das Potenzial hat, das System wirklich zu verändern. Wenn man das Gute in dem Desaster sehen will, könnte man sagen: Jetzt sitzt die Schraube einmal in der Betonwand. Sie ein paar Umdrehungen fester anzuziehen ist einfacher, als von vorne anzufangen. Die Grünen können sich die dürftige Vorarbeit der Koalition zunutze machen, falls sie in der nächsten Regierung sitzen.

Sicher, es besteht die Gefahr, dass sich manche AnhängerInnen bei so viel Realpolitik abwenden. Das Verständnis der Fridays-for-Future-Bewegung für kleinteilige Kompromisse ist überschaubar. Aber die Furcht, ein paar Prozentpunkte zu verlieren, darf nicht über Politik entscheiden. Von Trittin lernen heißt, in dem Fall, siegen lernen.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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