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Grünen-Schlappe bei der SaarlandwahlDas war kein „heißer Scheiß“

Die Partei ist auf der Suche nach Gründen für ihre Wahlniederlage. Und die finden die Grünen vor allem bei anderen.

Vor der Wahl hatte Barbara Meyer-Gluche noch gute Laune Foto: dpa

Berlin/ Saarbrücken taz | Sie wäre lieber als Gewinnerin gekommen. Die 32-jährige Barbara Meyer-Gluche, grüne Spitzenkandidatin für den saarländischen Landtag, erklärte am Montag in Berlin zusammen mit der Vorsitzenden der Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt, die herbe Wahlschlappe ihrer Partei.

Dass sie nicht mehr im saarländischen Landtag vertreten sind, läge vor allem an den Umfragen, die ihnen „das Genick gebrochen“ hätten, so Meyer-Gluche – denn diese hätten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und CDU vorausgesagt. Das habe zwar so nicht stattgefunden, aber die Wähler dazu gebracht, sich für SPD oder CDU zu entscheiden.

Die Themen Trinkwasser und Bildung, die sie mit ihrer Partei im Wahlkampf aufgebaut habe, hätten nicht so gegriffen wie erhofft, gibt Meyer-Gluche zu. Auch Göring-Eckardt räumt ein, dass die grünen Themen nicht als „der heiße Scheiß der Republik“ gesehen würden. Sie kündigte an, für den künftigen Wahlkampf ihren „Terminkalender in die Tonne“ zu werfen und „im Land unterwegs zu sein“. Für die Bundestagswahl im September gelte nach wie vor: „Wer keine Große Koalition will, der muss sein Kreuz bei den Grünen machen.“

Im Saarland hatte der grüne Landes- und Fraktionschef Hubert Ulrich, der mit kurzer Unterbrechung seit 1991 an der Spitze des Landesverbands stand, noch am Wahlabend die Verantwortung für die Schlappe übernommen und seinen Rückzug aus der Spitze angekündigt. Am Montag nun sprach er von einem „Paket von Gründen“ für die Niederlage. So nannte er etwa den „Schulz-Effekt“, der den Grünen zu schaffen mache.

Die Themen Trinkwasser und Bildung hätten nicht so gegriffen wie erhofft

Zudem habe Oskar Lafontaines Kampagne gegen die Windkraft den Grünen im Saarland geschadet. Da sich seine Partei als einzige klar zur Energiewende bekannt habe, sei der falsche Eindruck entstanden, die Grünen seien für eine massive Naturvernichtung verantwortlich.

Über eigene Fehler sprach Ulrich erst auf Nachfrage: Vielleicht sei es falsch gewesen, dass er selbst auf Platz eins der Landesliste kandidiert hatte und nicht Meyer-Gluche, räumte er ein. Doch gleichzeitig nutzte er die Gelegenheit der Pressekonferenz zur persönlichen Abrechnung mit einem anwesenden Berichterstatter, dem er Kampagnenjournalismus gegen die Grünen und gegen ihn persönlich vorwarf.

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23 Kommentare

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  • Entscheidend ist doch, wer bei den Grünen das Sagen hat. Dies sind zurzeit die Kräfte, die Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung für die wollen, die es sich leisten können.

     

    Linkes Gedankengut kann ich bei den Grünen nicht entdecken.

  • Kann man von einer Zeitung wie der taz eigentlich verlangen, dass sie die Bundesvorsitzende einer Partie wie B90/die Grünen kennt? Oder zumindest weiß, dass Katrin Göring-Eckardt dies nicht ist?

  • Solange Kommentatoren den Unterschied zwischen wirtschaftliberal und linksliberal nicht verstehen, Fremdarbeite-Lafo gegen grüne Themen hatet und "Wir-schaffen-das-nicht"-Wagenknecht im Trüben fischt, wird die CDU der lachende Dritte sein und merkelruhig das gegenseitige Gehacke im linken Kindergarten verfolgen.

    • @Rudolf Fissner:

      Entscheidend ist doch, wer bei den Grünen das Sagen hat. Dies sind zurzeit die Kräfte, die Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung für die wollen, die es sich leisten können.

       

      Linkes Gedankengut kann ich bei den Grünen nicht entdecken.

      • @Jenaer:

        Ehrlich? Zutritt zum Wattenmeer nur noch für die obersten 10.000 !? Krass! Äusserst krass !!. Ihre Linksdefinition ist wahrscheinlich auch keine aus dem linken Lager, wahrscheinlich nicht einmal aus dem sozialdemokratsichen, liberalen oder konservativem Lager.

  • Schuld sind immer die anderen! Haha, ...

     

    Die Grünen müssen auch mal Verantwortung für Ihr Tun oder Nichttun übernehmen, sonst war es das mit der Glaubwürdigkeit.

  • Hubert Ulrich - ist das nicht der Typ, der unbedingt Jamaika wollte, als Rot-Rot-Grün im Saarland möglich war? Und war da nicht was mit Filz, so zwischen Ulrich und FDP- Spitze? Nun, was wundern sich die Leute, wenn dann die Partei nur abkacken kann?

  • Hubert Ulrich - ist das nicht der Typ, der unbedingt eine Ampel machen wollte, als Rot-Rot-Grün im Saarland möglich war? Und war da nicht was mit Filz, so zwischen Ulrich und FDP- Spitze? Nun, was wundern sich die Leute, wenn dann die Partei nur abkacken kann?

  • Auch Göring-Eckardt räumt ein, dass die grünen Themen nicht als „der heiße Scheiß der Republik“ gesehen würden.

     

    Wie wahr!

     

    Und weshalb kommt auf darauf - das diese Themen ziehen sollen?

     

    Absolute Dilletanten!

     

    Frau Göring-Eckardt halte ich eher für Wahlkampfmunition der anderen Parteien - da fehlt Charisma und Bauchgefühl.

  • Nun, neben der offensichtlichen Ausrichtung der "Grünen" zur wirtschaftsliberalen Partei (grün gestrichene FDP) und den falschen Wahlplakaten (Trump, und Bärchen...), die mit der Landtagswahl nichts zu tun haben, ist sicherlich die immer mehr spürbare Abneigung gegen "Panzer" Hubert Ulrich ein Hauptgrund des Scheiterns.

    Es spricht Bände, dass Hubert sich nicht nach Berlin traut. Er ist nämlich schon dabei, die Vasallen seines Ancien Regimes in Stellung zu bringen. Zur Not gibt es halt wieder eine "Eintrittswelle" in den Kreisverband Saarlouis.....

  • Die Frage ist ganz einfach: Wozu braucht man eine grüne Partei, wenn für diese Partei Abschiebungen nach Afghanistan teils befürwortet werden teils so nebensächlich sind, dass die keine Welle verusachen ? Genau. Für gar nichts. Eine solche Partei ist überflüssig.

    • @Kaboom:

      Absolut richtig!

  • Ich finde es keinen Verlust, dass die grün angepinselte FDP aus dem Landtag geflogen ist.

    Denn für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, stehen die Grünen schon lange nicht mehr.

  • Ich finde es keinen Verlust, dass die grün angepinselte FDP aus dem Landtag geflogen ist.

    Denn für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, stehen die Grünen schon lange nicht mehr.

  • Frau Göring-Eckardt sagt: „Wer keine Große Koalition will, der muss sein Kreuz bei den Grünen machen.“ Tja und das alles nur, damit die Grünen dann mit der CDU im Bund koalieren? Für wie blöd halten diese Herrschaften der grünen jeunesse dorée eigentlich die Wähler?

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Philippe Ressing:

      Vielleicht gibts auch Menschen, die Schwarz-Grün gar nicht so schlecht finden. In BaWü hat diese Koalition ganz gute Werte.

      • @74450 (Profil gelöscht):

        Nuja, die Grünen werden alles nehmen, was ihnen angeboten wird. Ich erwarte ab Herbst 2017 eine Jamaica-Koalition im Bund. Was dann ab 2021 zu einem Bundestag ohne Grüne führen wird.

  • DIE GRÜN DE?

     

    Jetzt gucken wir mal ganz

    reflektiv-meditativ auf die

    Portrait-Metamorphosen

    des Joseph Fischer von

    seinen Straßenkampfzeiten

    über "Mein langer Lauf

    zu mir selbst" bis zur neulichen

    Buchvorstellung mit Olaf Scholz:

    ---------

    https://www.amazon.de/Mein-langer-Lauf-mir-selbst/dp/3462027948

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    https://www.taz.de/picture/1865470/948/d05a518c0173be3bf9f2d38d8c31f53f_edited_65680072_948af5f1b9.jpeg

  • Aufgrund meinen Erfahrungen mit der schwarz-grünen Zählgemeinschaft in Steglitz-Zehlendorf (z.B. Umbenennung Treitschkestr.verhindert) und Empörung über ausländerfeindliche Studiengebühren in Baden -Württemberg und weitere neoliberalökokonservative Desaster wundere ich mich nicht über den Niedergang der Grünen und habe eine neue Antwort auf die alte Frage: Wer hat uns verraten? Grüne/Christdemokraten!

  • Trinkwasser in Deutschland ist gut. Das kann kein Wahlkampfthema sein. Zu glauben es sei eines ist das Ergebnis einer Denkblase.

    • @Tim Leuther:

      Das Trinkwasser war im Saarland durchaus ein Thema im Zusammenhang mit dem Plan der RAG die Pumpen in den Bergwerken abzuschalten und dem damit verbundenen Anstieg des Grubenwassers. Die durchaus begründeten Sorgen der Verunreinigung des Grubenwassers und damit in Folge des Grundwassers war auch der Grund für einen Untersuchungsausschuss des Landtages.

      • @ChristianP:

        Willkommen im postfaktischen Zeitalter! Hier unterscheiden wir fein säuberlich zwischen den Kategorien "Politische Sachfrage" und "Wahlkampfthema".

         

        Es mag zwischen beiden vereinzelt Überlappungen geben, aber wenn man das übertreibt, wird's brandgefährlich - wie gerade für die USA: Da hat ein Kandidat erst Alles richtig gemacht und genau die Wahlkampfthemen gesetzt, die ihm den Wahlsieg eingefahren haben. Jetzt geht er aber fatalerweise hin, TUT in der Sachpolitik wirklich, wovon er im Wahlkampf getönt hat, und reißt dadurch sein ganzes Land gnadenlos in den Abgrund. Sehr traurig.

         

        Im Ernst:

        Grundwasser ist wichtig, aber nicht emotional genug. Die große Frage, ob er lieber AKK oder R2G das Saarland regieren sehen will, wird kaum ein Wähler an diesem Einzelproblem festmachen. Und das ist nichts Neues. Verliefen Landtags- oder Bundestagswahlen überwiegend sachgesteuert, hätten etliche Politiker, von Roland Koch über Ole von Beust bis Hannelore Kraft, wahrscheinlich nie eine zweite Amtszeit erlebt.

  • Ohne eigene Schuld in die Kacke geraten - da ist Mitleid wohl angeraten. Ich schlage vor, sich noch offensiver an die CDU ranzuschmeißen. Alles wird gut