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Grüne in Baden-WürttembergNur Außenseiterchancen

Benno Stieber

Kommentar von

Benno Stieber

Cem Özdemir will im beginnenden Wahlkampf alles geben. Doch die Grünen haben es in 15 Jahren versäumt, sich in der Fläche zu verankern.

Grinsen wie auf US-Parteitagen können sie: Özdemir und grüner Anhang am Wochenende Foto: Bernd Weißbrod / dpa

C em Özdemir wäre ein erfahrener, kompetenter Ministerpräsident in schwierigen Zeiten, daran gibt es kaum einen Zweifel. Und die Grünen in Baden-Württemberg werden sich wohl flügelübergreifend für ihn in den Wahlkampf werfen. Für bürgerliche Wähler ist er mittig genug, sein Lebenslauf steht für Aufstieg und soziale Gerechtigkeit.

Das kommt gut an im Land. Wenn die Grünen am 8. März trotzdem nicht wieder in die Villa Reitzenstein einziehen, liegt das am wenigsten am Kandidaten. Grüner Wahlkampf in ungewissen Zeiten ist schwer. Klimaschutz und Energiewende lockt nur noch die Stammwähler an die Urne.

Aber Winfried Kretschmann und die baden-württembergischen Grünen haben es in bald 15 Regierungsjahren auch verpasst, mit der Vision einer grünen Volkspartei echte Wurzeln zu schlagen. Nur 10 von 1.101 Bürgermeistern sind heute Grüne. Fahrlässig hat die Partei OB-Posten in Freiburg und Stuttgart aus der Hand gegeben.

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Mit wenigen Ausnahmen konnten sie sich in der Fläche nicht verankern. Landräte stellen sie überhaupt nicht. Ein Kommunal-Förderungsprogramm kam spät und zeigt noch keine Wirkung. Der bekannteste grüne Kommunalpolitiker, Boris Palmer, ist keiner mehr. Was er sich in allererster Linie selbst zuzuschreiben hat, aber schlecht für die Partei ist.

Winfried Kretschmann konnte alle diese Defizite als Person überstrahlen. Dazu kamen bei seiner Wahl Sondereffekte wie die Auseinandersetzungen um Stuttgart 21 und die Katastrophe von Fukushima 2011. 2016 war es die AfD, die in das Wählerreservoir der CDU einbrach und damit eine grün geführte Regierungsmehrheit sicherte.

Nach harten Jahren als Juniorpartner ist die CDU heute so einig und gut vorbereitet wie selten. Sie führt seit Monaten in den Regionen dezentral Wahlkampf und nutzt dabei ihre Verankerung in der Fläche. Cem Özdemir sagte auf dem Landesparteitag, er führe heute den Wahlkampf seines Lebens. Das wird auch nötig sein, denn er hat im Moment nur Außenseiterchancen, Nachfolger von Kretschmann zu werden.

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Benno Stieber
taz-Korrespondent BaWü
Benno Stieber ist seit 2015 Landeskorrespondent der taz in Baden-Württemberg. In Freiburg als Österreicher geboren, lebt er heute als eingefleischter Freiberufler wieder im badischen Landesteil. Er ist Absolvent der "Deutschen Journalistenschule" in München und hat dort auch Geschichte und Politik studiert. Er schrieb unter anderem für die "Financial Times Deutschland", hat einen erfolgreichen Berufsverband gegründet und zwei Bücher geschrieben. Eins über Migranten nach der Sarrazin-Debatte und eins über einen Freizeitunternehmer aus dem Südwesten.
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28 Kommentare

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  • "Nur 10 von 1.101 Bürgermeistern sind heute Grüne (...) Landräte stellen sie überhaupt nicht"



    Das kann auch keinen wundern. Baden-Württemberg war nie grün. Baden-Württemberg ist Autoland.



    Kretschmann wurde gewählt, weil er Sätze sagte wie: "Ich kann doch keinen Fiat fahren - der Ministerpräsident von Baden-Württemberg fährt Mercedes, baschta!"



    Freiburg und Stuttgart sind, wie im Rest der Republik, progressive Großstadtinseln. Von Akademikern und Studenten überproportional bewohnt.



    Erstere haben genug Geld um sichs 'grün sein' leisten zu können, letztere haben genügend Enthusiasmus 'grün zu sein'.



    In der restlichen weiten Fläche der Republik setzen Deutsche das Klima hinter ihre Alltagssorgen.



    Klar, ne PV-Anlage oder n Hybird macht man mit wenns ne ordentliche Förderung gibt, aber nicht aus Überzeugung.



    Das wollte man sich bei Grünen und ihrer Fanbase wohl lange nicht eingestehen.



    Spätestens seit dem glücklosen Walten Habecks ist Grün nicht mehr hip. Die Mitte ist wieder zu schwarz gewechselt, die 'jetzt erst recht'-Willigen zur Linken.



    Die (überfällige) Abkehr der Grünen von Globuli wird ihr übriges tun, dass die Wahl in BW für die Grünen in einem ziemlichen Fiasko enden wird.

    • @Saskia Brehn:

      Zum Nebenpunkt: Wer kann sich denn leisten, nicht grün zu sein, gesellschaftlich gesprochen? Klimaschäden sind richtig teuer. Habeck war womöglich auch glücklos, wurde aber vor allem nach Graichen als Trumpfkarte der Energiewende erkannt und dann bewusst und zielgerichtet gefleddert.

      Baden-Württemberg hat einen liberalen wie wohlstands-ökologischen Boden. Kretschmann ist freilich ein Sonderfall, wie Fukushima und Mappus' Mordio am Stuttgarter Schlossgarten es waren. Da hätte mehr an Personal nachwachsen müssen - Palmer schob sich leider selbst aus der natürlichen Nachfolge.

  • 90 Prozent des Bundestagsabgeordneten aus BW haben einen akademischen Hintergrund. Kein Wunder, dass die Partei auf dem Land kein Bein auf den Boden bekommt.



    Beispiel aus Mecklenburg-Vorpommen. Hier enstehen immer mehr Bürgerinitiativen gegen den massiven Windkraftausbau, der z. B. in West-Mecklenburg bis vor kurzem ungeregelt verlief. Konsequenz: wie bei einer Bonanza hunderte Anträge für zum Teil 260 Meter hohe Windräder. Aufgabe der Grünen wäre doch, diesen Wildwuchs zu verhindern, um maßvoll auszubauen, z. B 160 Meter statt 260 Meter hoch.



    Doch die Grünen haben keinerlei Kontakt zu den Bürgerinitiativen, die rational argumentieren: was soll der zu schnelle und zu hohe Ausbau von Windrädern, wenn nicht genug Leitungskapazitäten und Speicher vorhanden sind, um diesen Strom abzunehmen?

    Stattdessen fordern die Grünen in Mecklenburg-Vorpommern 900 Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen abzuschießen!



    Technokratischer Wahnsinn gegenüber einer Bevölkerung, die nicht gegen die Windkraft an sich ist, sondern gegen sinnlose und hemmungslose Geschäftemacherei von außwertigen kapitalkräftigen Investoren, denen es vor allem um steil steigende Gewinnkurven und nicht um Menschen geht!

    • @Lindenberg:

      Rational wäre vielleicht, sich mal anzusehen, wie rapide mit der Höhe die Effizienz steigt. Nix "maßvoll" à la Notar Bolamus.



      Und dass Wind so günstig ist, dass eine Ertragsspitze auch nicht viel ausmacht bzw. Batterien & Co. ja schon in der Mache sind.



      Gmeinsamer Punkt womöglich: Bürgers am Ort immer beteiligen lassen.

  • Grüne habe ich über 20 Jahre gewählt. In dieser Zeit kamen sie zwei mal in Regierungsverantwortung und haben zweimal nahezu sämtliche Wahlversprechen gebrochen. Zuletzt sind sie sogar vor einer Kleinstpartei (FDP) in die Knie gegangen. Fähigkeit zur Regierungsverantwortung sieht anders aus.



    Nicht nur die Grünen, auch die Union haben bei mir jedwede Glaubwürdigkeit verloren. Beide versprechen vor der Wahl lila Milchkühe und einen eigens für lila Milchkühe geschaffenen Gnadenhof, damit diese auf garkeinen Fall geschlachtet werden. Die Realitäten nach der Wahl sehen dann anders aus. Die Kühe sind nur schwarzweiss und werden nach dem Ablaufdatum zeitig hingerichtet um in der industriellen Küche zu landen.



    Anders ausgedrückt, wir kneifen beim Tempolimit, machen Schulden für die Ewigkeit und bauen Kraftwerke die jede Warnung vor dem Klimawandel verhöhnen, zeigen unseren Nachkommen den Mittelfinger und fliegen weiterhin von Berlin nach Bonn obwohl wir aus der Pandemie wissen, es täte auch eine Videoschalte.

    Ich wünsche Çem Özdemir eine fette Bauchlandung, denn Schaden soll ja bekanntlich klug machen. Meine Wahlempfehlung: "Die Linke"

  • Cem Özdemir hat leider nur Außenseiter-Chancen, aber vielleicht ist es auch ganz gut so. taz.de/Gruener-in-...Grauzone/!1098295/

  • Zitat: „Fahrlässig hat die Partei OB-Posten in Freiburg und Stuttgart aus der Hand gegeben.“ Das ist ein Satz, dem jede fachliche/sachliche Grundlage fehlt. Als ob es beispielsweise in Stuttgart keinen Hannes Rockenbauch gegeben hätte, der mit seinem Ego die Mehrheit links der Mitte spaltete. Ist der Kommentator vielleicht persönlich befangen?

    • @cmkaiser:

      Das hatte Rockenbauch vorher aber auch getan.



      Veronika Kienzle war schon eher eine Notbesetzung: sehr gut im Zuhören, Integrieren, aber hörbar neigschmäggd-hochdeutsch, viel zu ruhig für die Wahlkampfstände und viel zu wenig Machtmensch.



      Vorgänger Kuhn ist vorzuwerfen, dass er seinen Abgang vorher hätte kommunizieren müssen oder eben noch mal in die Kummet hätte steigen können. Bzw. mit Begrünungen von Parkplätzen Wahlkampfargumente hätte schaffen können.

      Nach dem Abgang Werner Wölfles, des begnadeten ungeliebten Strippenziehers, und der Integrationsherausforderung all der Neumitglieder hat die Stuttgarter Grünen-Schar schon etwas an Arbeit zu erledigen.



      In Freiburg bin ich nicht so drin, doch da sollte ein grüner Mensch beim nächsten Mal eigentlich noch viel mehr die besten Chancen haben. Die Grünen sollten die Klimaflanke eben auch im Südwesten geschlossen halten können.

  • Bad Würtemberer sind und bleiben mehrheitlich bürgerlich konservativ eingestellt. Die Grünen in BW haben das auch alle ziemlich gut verstanden. Von Berlin hat man aber den Eindruck bekommen, das alles nur vorgeschoben ist und die Parteilinie viel weiter links steht.

    Das und nichts anderes schlägt sich jetzt auf die BW Grünen durch.

  • Die Grünen erreichten auf Landesebene (Kretschmann) und teils auf Kommunalebene (isch scho a guede Greana) die Leute - von "Berlin" setzten sie sich ab. Auch das Soziale, Progressive blieb im Südwesten vielleicht zu sehr auf der Strecke, als es dem Ländle guttat. Nun ja, die Grünen hatten ja auch nie die überwältigende Mehrheit.



    Palmer war und ist ein Macher-Genie, Tübingen ein Vorbild innerhalb autobesessener Landschaft. Wirklich schade, dass sein Rechthaber-Anteil halt auch stark ausgeprägt ist, doch er wäre der Kretschmann-Nachfolger gewesen.

    Özdemir hingegen ist kein derart Durchgrünter, der ist ja eigentlich schon "Berliner", so sehr er das Uracher Schwäbisch wieder bedient.

    Na klar sind die Schwarzen dort noch nicht lange genug aus der Villa Reitzenstein draußen. Da ist noch die alte Arroganz zu spüren, und natürlich werden viele auch daher grün wählen.

    Doch Özdemir hätte viel früher ins Stuttgarter Kabinett gehen müssen, um landespolitisch Profil zu zeigen und mit diesem Wind gegen die CDU auch ein Jahr zuvor aufsteigen zu können.



    (und der fachlich extrem starke Hofreiter für Landwirtschaft wäre es auch wert gewesen).

  • Als zukünftiger Juniorpartner wird er BW erhalten bleiben. Auch das ist gut. Immerhin.

  • "Der bekannteste grüne Kommunalpolitiker, Boris Palmer, ist keiner mehr. Was er sich in allererster Linie selbst zuzuschreiben hat, aber schlecht für die Partei ist."



    Palmer war nie mehr als ein Feigenblatt, aber er hat auch wenn er selbst gar nicht zur Wahl stand Wähler für die Grünen mobilisiert.



    Aber der Umgang der Partei mit ihm hat diesen Wählern deutlich gemacht, wofür die Grünen tatsächlich stehen.



    Özdemir ist dagegen nur ein Partei-Apparatschik, der seine Rolle als bürgerliches Aushängeschild gespielt hat. Er mag populärer sein als die grüne Partei, aber vielen Menschen ist halt doch klar, daß sie keine "Ministerpräsidentenkandidaten" wählen, sondern Parteien.



    Was den Grünen zu denken geben sollte ist der Umstand, daß sie sogar hinter die AfD zurückgefallen sind. Dabei stellen sie in BW schon länger den Regierungschef, als es die Konkurrenz überhaupt gibt.

    • @Don Geraldo:

      Ich würde mir als CDU da gerade Gedanken machen, warum die nicht zu einem zurückkommen. Weil man denen derart nachplaudert, womöglich.

      Palmer ist südwestgrün². Er hätte für seine Leischdung mehr positive Aufmerksamkeit verdient, und das hätte die leider wirklich unglücklichen Sprüche auch nicht entstehen lassen.

      • @Janix:

        Wenn man der aktuellsten Umfrage glauben darf, legt die CDU fast 6 Prozent zu gegenüber der letzten Landtagswahl.



        Auf Bundesebene dagegen verliert sie mehr als 3 Prozent seit der Bundestagswahl. Zumindest die CDU in BW hat sich scheinbar die richtigen Gedanken gemacht.

  • Cem Özdemir ist ein sehr ehrlicher Mensch. Leider hat er nicht das notwendige Durchsetzungsvermögen, welches er für dieses Amt bräuchte, wie man an seinen fehlenden Erfolgen als Landwirtschaftsminister sehen konnte. Als Mensch würde ich ihn wählen, aber die Grünen sind für mich unwählbar geworden. Ich denke die Wirtschaftsfeindliche Politik der Grünen wird ihm zum Verhängnis werden. Die grüne Phase in Baden-Württemberg endet bei der nächsten Wahl mit Sicherheit.

    • @Hans Dampf:

      Landwirtschaft und Umwelt zogen für eine Weile mal am selben Strang, auch wenn ich Hofreiter im Ressort gesehen hätte (wieder ein Fehler von Sven Lehmann/ Dröge).

      Hätten die Autohersteller mal den Grünen früher zugehört, hätten Sindelfingen und Untertürkheim jetzt nicht den Morbus Steinkohlezeche vor der Türe.

      • @Janix:

        Für die deutsche Autoindustrie, welche zum erheblichen Teil vom Export lebt, sind andere Faktoren entscheidender, als "grüne" Politik. Aber sie haben insofern trotzdem recht, als dass sie zu lange glaubten nur mit Verbrennern ihr Geld verdienen zu müssen und das E-Auto zu spät ernst nahmen. Wobei bei unseren Löhnen, Steuern, Auflagen und der Bürokratie sie eh keine Chance hat, gegen Importe zu bestehen - viel zu teuer.



        Ich bin übrigens überzeugter Fahrer eine Elektroantriebs und es ist meine erstes Nicht-EU Auto.

        • @Hans Dampf:

          Die alte Autoindustrie hatte eine Mischung aus Vorsprung bei Fertigungsprozessen in der Gesamtschau und Motorenbau, Zuschüssen direkt und indirekt vom Heimatstaat und (teils angefütterter) politischer Unterstützung von Union, SPD und FDP. Bei Elektro ist der Motorvorsprung eher andersherum. Batterien wurde von China gezielt attackiert. Die Prozessklugheit wurde in den Werken in China eifrig weitergegeben für 30 Schillinge Quartalsbonus der hohen Manager. Die Umwelt-. und sonstigen Schäden können auch nicht unendlich per Lobbyisten auf die Gesellschaft abgewälzt werden, doch das zumindest wird noch und heftiger versucht.

          Will sagen: Eine Chance hätte die Autoindustrie (gehabt), doch sie hätte zeitig eine neue werden müssen. Das ist für behäbig-feist von Connections und dem Ist-Zustand lebende Branchen immer schwer. Dann wird's halt VEB 1991, und da mal durch eigene Schuld.

  • Die Grünen haben es in Baden-Württemberg v.a. versäumt, den Unterschied zu machen. Das Land ist in kaum einem grünen Politikfeld (Engergiewende / Verkehrswende / Bürgerbeteiligung) vorangekommen, in manchen für die Landespolitik zentralen Politikfeldern wie z.B. Bildung sogar deutlich zurückgefallen. Zuletzt agitierte Herr Kretschmann sogar für das Verbrenner-Aus-Aus.

    Zudem platzen wahrscheinlich die wenigsten Grün-Wähler in BaWü vor Begeisterung bei der Vorstellung, die CDU weiterhin in der Landesregierung zu sehen -- ob als Juniorpartner oder nicht. Ein Grund: Die Grünen haben es nach der letzten Wahl versäumt, ihren Kuschelkurs gegenüber einem der konservativsten (reaktionärsten?) Landesverbände der CDU aufzugeben und nahezu alle Kröten geschluckt, die ihnen die CDU aufgetischt hat. Auf den unteren Ebenen der Macht haben sie z.T. wenig Ambition gezeigt.



    Der Gesamteindruck, der enstand: Pöstchen in Stuttgart sind wichtiger als politische Veränderung, Ruhe im Karton gaaaanz wichtig, Streit würde nur anstrengen.

    Wozu sollte man diesen Haufen wählen?

  • Wenigstens die Grünen sollten mal die Schuldenlüge als solche erkennen, nämlich dass der Staat nur das Geld seiner Bürger habe und Gelddrucken automatisch Inflation erzeuge.



    Die Wahrheit ist aber: sowohl Staatsausgaben als auch Staatsschulden sind - wie Bankkredite - faktisch eine Geldschöpfung. Ein neu gegründeter Staat muss die neue Währung ja auch erstmal in Umlauf bringen - und die Banken dazu berechtigen - bevor er Steuern in dieser Währung einziehen kann ( politischeoekonomi...ben-taetigen-kann/ ;



    www.bundestag.de/r...29-20-pdf-data.pdf ). Und Inflation wäre nur bei Auslastung der Wirtschaft (Vollbeschäftigung) zu befürchten oder bei einer bereits bestehenden angebotsseitigen Hyperinflation als verstärkender Effekt. Nur in diesen Fällen sollte eine Schuldenbremse zum Einsatz kommen. Zudem sparen wir ca 350 Mrd pro Jahr und somit mehr als wir drucken. Die Differenz fehlt dann der Wirtschaft an Einnahmen (siehe z.B. Heiner Flassbeck: youtu.be/yzTynk27I...i=PNtvYOJGS7db3oYK )

    • @Earth & Fire :

      Da Deutschland keine Zentralbank hat die Währung drucken kann, sondern nur die EZB Euros schaffen kann, ist MMT in unserem Kontext hinfällig.

    • @Earth & Fire :

      Der Kommentar bedient eine MMT-Erzählung, die auf Deutschland schlicht nicht zutrifft. In der Eurozone schöpfen Nationalstaaten kein Geld; Staatsverschuldung ist keine harmlose Geldschöpfung, sondern Kreditaufnahme mit realen Risiken. Der Verweis auf „neu gegründete Staaten“ ist ökonomisch irrelevant.

      Die Behauptung, Inflation entstehe nur bei Vollbeschäftigung, ist falsch. Angebotsengpässe, Energiepreise, Wechselkurse und importierte Inflation wirken auch bei Unterauslastung – das haben die letzten Jahre gezeigt. Defizite können solche Effekte deutlich verstärken.

      Auch „wir sparen mehr als wir drucken“ ist irreführend: Private Ersparnisse sind kein Nachfrageleck, sondern Folge von Investitionen, Demografie und Außenhandel. Staatliche Defizite ersetzen das nicht kostenlos, sondern schaffen Fehlanreize und künftige Lasten.

      Die Schuldenbremse ist daher keine „Schuldenlüge“, sondern ein notwendiger Schutz vor fiskalischer Selbstüberschätzung und politischem Kurzfristdenken.

      • @Zippism:

        "In der Eurozone schöpfen Nationalstaaten kein Geld". Doch. Die Bundesbank schöpft jeden Tag Geld, wenn sie es für das BMF ausgibt, s.o.



        "Staatsverschuldung ist keine harmlose Geldschöpfung, sondern Kreditaufnahme mit realen Risiken." Die Banken "leihen" dem Staat Geld, das die staatliche (!) Zentralbank ihnen zuvor über die ständigen Fazilitäten geliehen hat. Ein unnötiger Umweg also, der den Banken aber bequeme Gewinne beschert. Risiken sind nicht ersichtlich.



        "Angebotsengpässe, Energiepreise, Wechselkurse und importierte Inflation" entstehen alle nicht durch Gelddrucken.



        "Defizite können solche Effekte deutlich verstärken." Nur bei Hyperinflation denkbar, s.o. Im übrigen fehlt bis heute der Beweis für diese Behauptung.



        "Private Ersparnisse sind kein Nachfrageleck, sondern Folge von Investitionen, Demografie und Außenhandel."



        Interessant. Können Sie das auch begründen?



        "Staatliche Defizite ersetzen das nicht kostenlos, sondern schaffen Fehlanreize und künftige Lasten."



        Defizite sind Gelddrucken. Steuern müssen also nicht erhöht werden, und Zinszahlungen werden auch gedruckt. Und Fehlanreize durch modernere Schulen oder mehr Erneuerbare? Auch erklärungsbedürftig.

      • @Zippism:

        Im Endeffekt hat die existierende Schuldenbremse dazu geführt, dass Deutschland kaputtgespart wurde. Eben deswegen hat man ja jetzt 500 Milliarden Schulden aufgenommen, um auch nur die schlimmsten Dinge zu reparieren. Das zeigt schon, dass die Schuldenbremse, so wie sie ist, nicht funktioniert.



        Sie müsste ersetzt werden durch eine konstruktive Schuldenbremse. Wenn der Bundestag befindet, dass etwas wichtig ist, dann muss es gemacht werden. Aber eben nicht mit Schulden finanziert werden. Stattdessen müssen ein Teil der gigantischen Gewinne abgeschöpft werden, die die deutsche Wirtschaft und internationale Konzerne (wie Apple und Amazon) in Deutschland machen. Alleine das Vermögen der reichsten 500 Deutschen ist von 2020-2024 um 500 Mrd. Gestiegen - weil man die Steuern für die immer weiter gesenkt hat. Wenn man davon 50 Mrd. € pro Jahr nehmen würde, würden die immer noch viel reicher . Und die Infrastruktur wäre nicht so kaputt. Und die Menschen nicht so unzufrieden, dass inzwischen 25-27% die AfD wählen wollen

        • @EchteDemokratieWäreSoSchön:

          Kaputtgespart verwechselt Ursache und Wirkung. Deutschlands Investitionsprobleme resultieren vor allem aus Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungshürden, nicht aus fehlender Kreditaufnahme. Über Jahre wurden vorhandene Mittel nicht abgerufen. Mehr Schulden beheben diese Engpässe nicht automatisch. Die aktuellen Sondervermögen widerlegen die Schuldenbremse nicht, sondern zeigen ihre Logik: ein Regel-Ausnahme-System für echte Krisen. Dass Ausnahmen möglich sind, macht sie nicht funktionslos. Der Vorschlag, Ausgaben stattdessen über höhere Steuern zu finanzieren, ist eine legitime politische Präferenz, aber kein ökonomischer Selbstläufer. Auch Steuererhöhungen haben reale Kosten: geringere Investitionen, Ausweichreaktionen, Kapitalverlagerung. Vermögenszuwächse sind zudem kein frei verfügbares Steueraufkommen – vieles ist illiquide oder international gebunden. Die Schuldenbremse ist daher kein Sparfetisch, sondern ein institutioneller Schutz vor dauerhafter Defizitneigung in einer Währungsunion. Über Reformen kann man reden, ihre Abschaffung löst jedoch weder Verwaltungsversagen noch Verteilungskonflikte.

  • Ja, Herr Özdemir hat wohl alles, was es braucht und eigentlich sind die Grünen in BW auch gar nicht so schlecht. Nur schauen auch die Wähler in BW ab und an über den Tellerrand und sehen mit kaltem Schauer, was bei den Grünen in Berlin so abgeht. Und auch die Performance der letzten Bundesregierung ist wohl noch nicht verdaut.

  • Ich hoffe, Özdemir ist der richtige Kandidat zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

    Gefühlt scheint er mir in Baden Württemberg eher auf Hillary & Kamala in Personalunion machen zu wollen...und am Schlimmsten: alle wissen es, und niemand traut sich, es auszusprechen.

    • @Kuntakinte:

      Er muss siegesgewiss sein und wird doch auf Platz landen.



      Bei Scholz hat es jedoch mal funktioniert.