Grüne für Wohnen und Gesundheit: Schluss mit fetter Rendite?
Kurz vor der Europawahl bringen die Grünen im EU-Parlament einen Renditedeckel ein. So könne die Macht der Finanzinvestoren zurückgedrängt werden.
In ihrem Wahlprogramm, das die deutschen Grünen im vergangenen Herbst beschlossen hatten, war bereits allgemein von einer „starken Finanzmarktregulierung“ zum Schutz der beiden Sektoren vor Spekulation die Rede. Mit dem neuen Vorschlag wird der Punkt jetzt konkreter. Eine rein nationale Regelung wäre nach Einschätzung Andresens juristisch angreifbar. Bei einer Einigung auf europäischer Ebene sei es rechtlich dagegen möglich, den Renditedeckel für einzelne Branchen einzuführen.
Sowohl im Wohn- als auch im Gesundheitsbereich hat der Einfluss von Finanzinvestoren in den letzten Jahrzehnten enorm zugenommen. Ein konkretes Beispiel im Pflegebereich ist die Alloheim Senioren-Residenzen SE, einer der größten Heimanbieter in Deutschland. Das Unternehmen wurde schon mehrfach gewinnbringend von einer privaten Beteiligungsgesellschaft an die nächste verkauft. Aktuell gehört es dem schwedischen Investor Nordic Capital.
Laut einer Studie der Organisation Finanzwende aus dem Jahr 2021 gibt dieser für mehrere seiner Fonds zweistellige Renditen an. In den Medien wird immer wieder über mangelnde Pflegequalität in Alloheim-Einrichtungen berichtet, auch Behörden sind mehrmals gegen das Unternehmen vorgegangen. Gewerkschaften berichten zudem über schlechte Arbeitsbedingungen.
Grüne sehen von der Leyen in der Pflicht
Der Grüne Andresen kritisiert, dass der Renditedruck auch allgemein im Pflegebereich zu schlechter Qualität und im Wohnsektor zu Mieterhöhungen geführt habe. Würden die Ausschüttungen an Aktionär*innen begrenzt, so Andresen, könnten die Gewinne stattdessen in die Unternehmen reinvestiert werden.
In der Pflicht sieht er dabei vor allem Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU). „Wir brauchen konkrete Maßnahmen, um die soziale Spaltung in der EU zu überwinden und umzuverteilen. Ursula von der Leyen ist leider zunehmend auf dem sozialen Auge blind“, sagt Rasmus Andresen.
Eigentlich ist es erklärtes Ziel der Grünen, sich nach der Wahl im Parlament von der Leyens Mehrheit – also quasi der Regierungskoalition – anzuschließen. Als Knackpunkte dabei gelten bislang der Klimaschutz und die möglicherweise mangelhafte Abgrenzung der Konservativen nach rechts.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind