Grüne entscheiden über Agrogentechnik: „Genfood“ muss erkennbar bleiben

Die Grünen müssen sich dazu bekennen, dass auch Lebensmittel der neuen Gentechnik gekennzeichnet werden. Jeder soll selbst entscheiden, was er isst.

ein Einkaufswagen,wird zwischen den Regalen eines Supermarkts geschoben

Jede und jeder soll selbst entscheiden, was sie/er isst. Dafür braucht es sichtbare Information Foto: Panthermedia/imago

Die Grünen fällen bei ihrem Parteitag heute Abend eine wichtige Entscheidung über die Rechte von Verbraucher*innen. Die Frage an die Delegierten lautet: Sollen gentechnisch veränderte Lebensmittel weiter als solche gekennzeichnet werden müssen?

Es gibt tatsächlich einen Antrag, der diese Frage – wenn auch verklausuliert – mit Nein beantwortet. Denn er setzt sich für eine „produktbasierte statt einer prozessbasierten Bewertung“ von Pflanzen ein, die mit Hilfe neuer Gentechnikmethoden wie Crispr/Cas erzeugt worden sind. Das ist eine Umschreibung der Chemieindustrie und Gentechnikbefürworter für die Forderung, solche Pflanzen und Lebensmittel nicht mehr so streng auf Risiken zu prüfen wie Produkte der alten Gentechnik. Sie sollen diesen Gruppen zufolge auch nicht mehr als „gentechnisch verändert“ gekennzeichnet werden.

Dann könnten Verbraucher*innen sich nicht mehr dagegen entscheiden, auf „Genfood“ zu verzichten. So würde den Konsument*innen gentechnisch verändertes Essen geradezu aufgezwungen.

Das kann sich keine Partei leisten, die sonst bei jeder Gelegenheit – zu Recht – mehr Transparenz bei Lebensmitteln fordert. Die Grünen wollen ja auch, dass künftig auf der Verpackung von Milch und Fleisch steht, wie die Tiere gehalten wurden. Sie verlangen zudem, dass die Herkunft konsequent angegeben wird. Dann müssen sie auch dafür sein, dass weiterhin gentechnisch veränderte Zutaten als solche benannt werden. Denn die meisten Verbraucher*innen lehnen laut Umfragen solche Lebensmittel ab.

Das Recht der Verbraucher*innen

Dass das ihr gutes Recht ist, müssten eigentlich auch die Befürworter der Agrogentechnik unterschreiben. Auch sie sind doch für Freiheit. Wer Pflanzen der neuen Gentechnik für sinnvoll und ungefährlich hält, muss eben die Verbraucher*innen überzeugen. Aber weder der Staat noch die Wirtschaft darf den Konsument*innen etwas unterjubeln, das sie nicht wollen.

Deshalb ist es wichtig, dass die Grünen sich in ihrem Parteitagsbeschluss ausdrücklich zur verbindlichen Kennzeichnung auch von Lebensmitteln der neuen Gentechnik bekennen. Der Bundesvorstand hat eine entsprechende Formulierung nach schwierigen Verhandlungen mit den Agrarpolitikern der Partei endlich in seinen Vorschlag übernommen. Sollten die Delegierten ihn absegnen, dann gibt es Hoffnung, dass die Grünen bei möglichen Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU das Recht der Verbraucher auf Information nicht opfern.

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Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

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