Grüne beim Wahlkampf in Hamburg: Mehr Rotary Club wagen

Die Grünen wollen der SPD das Bürgermeisteramt in Hamburg abjagen. Katharina Fegebank setzt auf das liberale Bürgertum der Stadt.

Die Bürgermeisterkandidatin zur Bürgerschaftswahl 2020 und Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin, Katharina Fegebank (Bündnis 90/Die Grünen), spricht auf der Landesmitgliederversammlung der Grünen.

Klingt manchmal eher nach FDP als nach den Grünen: Katharina Fegebank Foto: Markus Scholz/dpa

HAMBURG taz | Hinter Katharina Fegebank fahren Schiffe, ein leichter Wind geht. Die Grünen-Pressestelle hat die Pressekonferenz extra nach draußen verlegt, es ist das perfekte Bild für die Kameras. Es werde „eine ganz spannende Auseinandersetzung“, sagt Fegebank. Und: „Hamburg hat seit vielen Jahren das erste Mal wieder eine echte Wahl.“

Die Grünen haben in Hamburg viel vor. Fegebank tritt bei der Bürgerschaftswahl am 23. Februar als Kandidatin für das Amt der Ersten Bürgermeisterin an. Sie will die Hansestadt der SPD abjagen.

Hamburg, das ist Olaf-Scholz-Country, der hier 2011 die absolute Mehrheit holte. Sein Nachfolger im Rathaus, Peter Tschen­tscher, führt seit März 2018 seinen pragmatischen wirtschaftsnahen Kurs fort. Es ist ein Duell um eine der letzten SPD-Hochburgen der Republik.

Die Grüne Fegebank, seit vier Jahren Wissenschaftssenatorin im rot-grünen Senat, ist für den Sozialdemokraten zu einer ernsthaften Konkurrenz geworden. Die SPD liegt in einer aktuellen Umfrage bei 29 Prozent, die Grünen sind bei 26 Prozent.

Wirtschaft, Transformation, Innovation

Fegebanks Grüne liegen also zurück, aber nicht so weit, dass sie nicht gewinnen könnten, wie Grünen-Chef Robert Habeck am Montagnachmittag bei dem Hafentermin sagt. Fegebank habe „eine gute Chance, das Ding zu gewinnen“, sagt der aus Berlin angereiste Habeck.

Es ist kein Zufall, dass die Grünen ihre zweitägige Vorstandsklausur am Montag und Dienstag in Hamburg abhielten. Für die Bundespartei wäre ein Sieg in Hamburg ein weiterer Schritt, um die SPD als „führende Kraft der linken Mitte“ abzulösen.

Das Bürgertum in Hamburg ist stolz auf alte kaufmännische Traditionen. Fegebank weiß, welche Knöpfe man drücken muss, um hier zu punkten. Sie spart sich alles, was links klingen könnte. Wirtschaft, Transformation, Innovation, das sind die Schlagworte, die sie bei allen Auftritten bringt.

Auch am Hafen fehlen sie nicht. Jener, sagt sie, zeige die alte Stärke der Stadt. Aber der Hafen müsse „Teil der neuen Stärke, des Innovationsmotors“ werden.

Spricht da eine FDPlerin?

Fegebank lächelt. „Wir wollen ein Angebot an die ganze Stadtgesellschaft machen.“ Also nicht nur an klassische Grünen-Milieus, sondern auch an die Industrie, an GründerInnen. Motto: Mehr Rotary Club wagen. Wenn man die Augen schließt, kann man bei Fegebank manchmal auf die Idee kommen, da rede eine FDPlerin. Fegebank will Hamburg zum „Global Leader“ machen, „Hightech-Cluster“ aufbauen und „Innovationsschübe“ schaffen.

Der auf die bürgerliche Mitte zielende Kurs ist erfolgreich: Bei der Europawahl im Mai 2019 wurden die Grünen in Hamburg zur stärksten Kraft, beflügelt vom Bundestrend. Bei den Bezirkswahlen im selben Monat schafften sie in vier von sieben Bezirken den ersten Platz.

Der Bundesvorstand hält die Wahl in Hamburg für entscheidend. Sie ist die einzige Landtagswahl in diesem Jahr – und deshalb ein groß beachteter Stimmungstest. Passend zum bevorstehenden Wahlkampf fasste er am Dienstag den Beschluss, Hamburg in den nächsten Jahrzehnten klimaneutral zu machen. Die Grünen fordern zum Beispiel „klimaneutrale Transportketten“ für den Hafen.

Außerdem wollen sie energieintensiven Industrien besser beim Klimaschutz helfen. Investitionen in CO2-neutrale Prozesse, etwa in der Stahlherstellung, lohnten sich derzeit meist noch nicht. Daher sollten Unternehmen die Differenz erstattet bekommen zwischen dem CO2-Preis, den sie für ihren Treibhausgas-Ausstoß zahlen müssen, und den notwendigen Investitionen in klimafreundliche Verfahren. Die Grünen wissen: Solche Botschaften hören Unternehmen gern.

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