Grenzkontrollen und Pandemiebekämpfung: Europa schafft sich ab
Die EU unternimmt derzeit den erfolgreichen Versuch, ihren populistischen Kritikern zu beweisen, wie richtig sie mit ihren Vorurteilen liegen.
E in- wie Ausreisen sind in Portugal derzeit verboten. Tschechien stoppt alle nicht zwingend notwendigen Einreisen. Frankreich verlangt von allen EU-Einreisenden einen PCR-Test, Ankünfte von außerhalb Europas sind komplett untersagt. Deutschland verhindert die Einreise von nicht in der Bundesrepublik wohnenden Personen aus Staaten, in denen besonders gefährliche Mutationen des Coronavirus grassieren. Nicht immer ergeben diese Beschlüsse Sinn. Was soll angesichts der dramatischen Inzidenzzahlen im Land eine Einreisesperre für Tschechien bringen, außer einem Schutz für die verhinderten Einreisenden? Warum soll der Kauf französischer Croissants für deutsche Anwohner der Grenze nur mit einem negativen Testergebnis möglich sein? Solche unsinnigen Regeln schädigen die europäische Kooperation dort, wo sie am wichtigsten ist: ganz unten, bei den Menschen.
Und die EU, was macht die? Die hat sich darauf geeinigt, Hochrisikoregionen dunkelrot einzufärben. Ein bisschen Farbe wird aber gegen diese Pandemie wenig ausrichten. Es sind nicht nationalistische Aufwallungen, die Einzelstaaten dazu bringen, Grenzkontrollen und -sperren einzuführen, es ist die Unfähigkeit in Brüssel, solche Regeln zu beschließen.
Die EU unternimmt derzeit den erfolgreichen Versuch, ihren populistischen Kritikern zu beweisen, wie richtig sie mit ihren Vorurteilen liegen. Bei der Bestellung von Impfstoffen hat sie falsche Sparsamkeit bewiesen. Bei der Eindämmung der Pandemie glänzt sie durch Untätigkeit. Dabei ist klar, dass alle Reiseeinschränkungen eine Ausbreitung der noch gefährlicheren Coronavarianten höchstens verlangsamen, nicht aber verhindern können. Immerhin ist ein Versuch nicht strafbar. Der Flickenteppich von Einzelmaßnahmen aber, der derzeit Europa wieder in Nationalstaaten aufteilt, sorgt dafür, dass das Virus hier ein wenig aufgehalten wird und sich dort ungehindert weiter verbreiten kann. Das schränkt Freiheiten ein, ist aber der Gesundheit nur in Maßen zuträglich. Brüssel, übernehmen Sie endlich!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter