Greenpeace verklagt Bundesregierung: Klage gegen Klimawandel

Die Bundesregierung muss sich vor dem Verwaltungsgericht wegen ihrer verfehlten Klimaziele verantworten. Greenpeace und drei Biobauern haben geklagt.

Geschäftsführer Deutsche Umwelthilfe, Martin Kaiser, Geschäftsführer Greenpeace, Silvie Kreibiehl, Vorstandsvorsitzende Germanwatch, Michael Schäfer, Leiter des Fachbereichs Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland, Hubert Weiger, Vorsitzender

Umwelt- und Naturschutzverbände halten das im September verabschiedete Klimapaket für unzureichend Foto: dpa

KARLSRUHE taz | Am Donnerstagmorgen verhandelt das Verwaltungsgericht Berlin über die Klage von Greenpeace und drei Biobauern-Familien gegen die Klimapolitik der Bundesrepublik. Es ist die erste verwaltungsgerichtliche Klage zur Klimapolitik in Deutschland.

Ausgangspunkt ist das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung. Es sieht seit 2007 eine kontinuierliche Verringerung des CO2-Ausstoßes vor. Zielmarke für 2020 ist eine 40-prozentige Reduktion des CO2-Ausstoßes gegenüber 1990. Dieses Programm setze die Bundesregierung aber nicht konsequent um, kritisiert Greenpeace. Deshalb werde das Klimaziel für 2020 verfehlt. Statt 40 Prozent erreicht Deutschland wohl nur eine Reduktion von 32 Prozent.

Das Verwaltungsgericht soll die Bundesregierung deshalb verpflichten, ihr Klimaprogramm nachzubessern, so die Kläger. Mit entschlossenen Maßnahmen sei es durchaus möglich, das Klimaziel im nächsten Jahr noch zu erreichen. Beispielhaft wird ein Ausstieg aus der Kohleverstromung genannt. Außerdem könnte der Staat auch allen Wohnungseigentümern kostenlos eine neue Heizung spendieren.

Greenpeace will es ganz der Bundesregierung überlassen, wie sie das Zwischenziel erreicht. So wappnet man sich gegen den Vorwurf, die Demokratie sei gefährdet, wenn künftig Gerichte über die Maßnahmen der deutschen Klimapolitik entscheiden.

Anders als der BUND, der voriges Jahr gemeinsam mit elf Bürgern eine Verfassungsklage lancierte, klagen Greenpeace und die Bauern auf unterster Ebene beim Verwaltungsgericht Berlin. Dort braucht man für Entscheidungen nicht so lange, wie in Karlsruhe beim Verfassungsgericht.

Können Betroffene die Regierung vor Gericht zwingen?

Es wirkt allerdings etwas bemüht, wenn Greenpeace-Anwältin Roda Verheyen darlegt, warum es hier um einen verwaltungsrechtlichen Streit gehen soll. So sei das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung ein verbindlicher Rechtsakt, an den sich die Regierung nun selbst halten müsse.

Dabei ist das Klimaprogram an sich nur ein Kabinettsbeschluss (und eben kein Gesetz). Doch Anwältin Verheyen argumentiert umgekehrt: Gerade weil auf ein eigentlich notwendiges Klimaschutzgesetz verzichtet wurde, sei nun auch ein bloßer Kabinettsbeschluss verbindlich. Betroffene könnten die Regierung vor Gericht zu entsprechendem Verwaltungshandeln zwingen.

Betroffen fühlen sich zum Beispiel die drei klagenden Bauernfamilien. Die Missachtung des deutschen Klimaziels verletze ihre Grundrechte. Anders als normale Bürger seien sie jetzt schon vom Klimawandel betroffen. Die zunehmenden Extremwetterlagen (große Hitze und Starkregen) sowie das vermehrte Auftreten von Schädlingen führten zu Ernteeinbußen.

Doch können die Kläger wirklich die Bundesregierung dazu zwingen, dass diese ihre Anstrengungen auf das einst versprochene Maß erhöht? Zwar hat die Bundesregierung eine Schutzpflicht gegenüber den Bürgern und darf den Klimawandel nicht ignorieren. Aber 32 Prozent Reduzierung sind ja auch nicht nichts.

Greenpeace: „Verfahren des Jahres“

Zudem gibt es kein nationales Klima und Deutschland trägt jährlich nur zwei Prozent zum globalen CO2-Ausstoß bei. Selbst wenn Deutschland 2020 sein 40-Prozent-Ziel einhielte, hätte das nur sehr kleine Auswirkungen für die Bauern. Für Anwältin Verheyen ist aber jegliche „faktische Verschlechterung“ relevant.

Am Berliner Verwaltungsgericht ist die Greenpeace-Klage das „Verfahren des Jahres“, jedenfalls was den Medienrummel angeht. Schon am Donnerstagnachmittag soll das Urteil verkündet werden.

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