Gewerkschaften im Tarifkonflikt: Streit unter Schwestern

Die IG Metall setzt bei einem Airbus-Logistiker einen Haustarifvertrag durch. Ver.di ist sauer. Ein DGB-Schiedsgericht soll vermitteln.

„Klar die Regelungen verletzt“, finden die Kollegen von Ver.di. Bild: dpa

HAMBURG taz | Fünf Warnstreiks machen sich bezahlt: Die IG Metall „Küste“ und der Airbus Logistik-Dienstleister Stute haben sich in einem Haustarifvertrag für die 750 Beschäftigten an den Standorten Bremen, Hamburg und Stade auf 150 Euro mehr Gehalt geeinigt. Bis zum Ende der Laufzeit am 31. Dezember 2015 bekommen die Beschäftigten zusätzlich monatliche Einmal-Zahlungen von 100 Euro und künftig 28 Tage Urlaub. Leiharbeiter werden nach zwölf Monaten Anstellung unbefristet übernommen.

Trotz des Erfolgs gibt’s Ärger: Denn der von der IG Metall geführte Tarifkonflikt bei Stute hat beim Fachbereich Post und Logistik der Gewerkschaft Ver.di heftige Verärgerung ausgelöst. „Die IG Metall hat klar die Organisations-Abgrenzungsregelungen verletzt, was wir nicht hinnehmen“, sagt Ver.di-Bundessprecher Jan Jurczyk der taz.

Das Vorgehen verstoße gegen den Grundsatz der DGB-Gewerkschaften: „Ein Branche – eine Gewerkschaft“. Die Richtlinie soll verhindern, dass sich die Einzelgewerkschaften die Butter vom Brot nehmen. Ver.di hat deswegen das DGB-Schiedsgericht angerufen, das am 1. Oktober tagt. Dessen Spruch wird auf die Gültigkeit des Tarifvertrages aber keine Auswirkungen haben.

Die IG Metall Küste sieht sich in der Pflicht: Denn der Logistiker Stute ist zwar eine Tochterfirma des Logistikkonzerns Kühne + Nagel, arbeitet aber ausschließlich für den Flugzeugbauer Airbus. „Es gibt unterschiedlich Auffassungen darüber, wer zuständig ist“, sagt Heiko Messerschmidt, Sprecher der IG Metall Küste. „Für uns gehören die Kollegen eindeutig zur Metallindustrie.“

„Wir stehen kurz vor einem unbefristeten Streik“

Denn die Stute-Sparte sei aus dem Outsourcing der eigenen Airbus-Logistik hervor gegangen. Jahrelang habe es keinen Betriebsrat oder Tarifbindung gegeben. Erst als sich Beschäftigte in der IG Metall zu organisieren begannen, lenkte das Management ein und wandte in Form eines „Anerkennungstarifvertrags“ den Ver.di-Flächentarifvertrag Spedition und Logistik an, der weit von Metall-Tarifnormen abweicht. „Durch das Vorgehen zerschießt uns die IG Metall den Flächentarif“, kritisiert Ver.di-Sprecher Jurczyk.

Während Ver.di sich bei Stute nur auf eine Handvoll Mitglieder stützen konnte, ist es der IG Metall gelungen, mehr als 60 Prozent der Belegschaften zu organisieren. Das Stute-Management hatte zunächst noch den Streit zwischen IG Metall und Ver.di geschickt ausgenutzt, in dem es Verhandlungen verweigern wollte, bis die Gewerkschaften ihre Zuständigkeit geklärt hätten. Der Stute-Vorstoß, der IG Metall Warnstreiks zu verbieten, scheiterte jedoch vor dem Landesarbeitsgericht.

„Es bringt nichts, die Verhandlungen mit der IG Metall und eine Lösung zu blockieren“, sagte Bezirksleiter Meinhard Geiken vor einer Woche vor 350 Stute-Beschäftigten bei einer Warnstreik-Kundgebung vor der Kühne+Nagel-Zentrale in der Hamburger Hafencity. „Das Zeitfenster für eine Lösung schließt sich. Wir stehen kurz vor einem unbefristeten Streik“, drohte Geiken.

Das hätte ganz schnell auch Airbus wegen seiner „Just-in-Time-Produktion in die Bredouille bringen können. Deshalb nahm sich Geiken auch den Flugzeugbauer zur Brust. Stute sei fester Bestandteil vom Luftfahrtkonzern, es passe nicht zusammen, wenn Airbus Rekordauslieferungen und Rekordergebnisse feiere, aber die Situation bei direkten Dienstleistern und Zulieferern ignoriere, erklärte Geiken. „Auslagerungen auf Kosten der Beschäftigten werden wir nicht mehr akzeptieren.“

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