Gewalt beim Eiskunst-Training: Angst vor den Ausrastern
Der 19-jährige Eiskunstläufer Isaak Droysen wirft seinem früheren Trainer Karel Fajfr vor, ihn misshandelt zu haben. Die Vorwürfe sind nicht neu.
Im Eiskunstlauf gibt es neue Vorwürfe eines ehemaligen Sportlers gegen seinen früheren Trainer. Der 19-jährige Isaak Droysen, der vor knapp zwei Jahren seine eigentlich hoffnungsvolle junge Karriere als Kufenkünstler beendet hatte, wirft seinem früheren Trainer Karel Fajfr vor, ihn immer wieder geschlagen und gedemütigt zu haben.
„Er hat mich auf Beine und Arme geschlagen, geohrfeigt und zwang mich unter anderem, in einer Trainingseinheit ohne Pause vier Wettkampfprogramme zu absolvieren, wohl wissend, dass das kein Läufer körperlich schaffen kann und dass das regelmäßig bei mir zu schweren Stürzen und Verletzungen führte. Danach brüllte er mich zusammen oder führte mich vor anderen mit hämischen Bemerkungen vor“, erzählt Droysen der taz.
Der damals 15-Jährige war aus Würzburg nach Oberstdorf gezogen, um mit Fajfr zu arbeiten, der ihm als Meistermacher vorgestellt wurde. Doch schnell hatte der Sportler vor allem Angst vor seinen Ausrastern. Auch Stunden nach dem Training hätte er noch am ganzen Körper gezittert. Als er sich mehrfach an eine andere Trainerin mit der Bitte um Hilfe gewandt hatte, hätte er „den Kürzeren gezogen“.
Karel Fajfr wurde bereits 1995 vom Landgericht Stuttgart zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und einem dreijährigen Berufsverbot verurteilt. Angeklagt war er wegen Misshandlung eines Schutzbefohlenen und sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen in elf Fällen und Körperverletzung in zwei Fällen. Er soll ein Mädchen begrabscht und andere Sportler geschlagen und gedemütigt haben. Der gebürtige Tscheche fühlte sich als Opfer einer Rufmordkampagne, ging aber vergeblich in Revision.
2002 war er zurück in den Eishallen. Nicht die Deutsche Eislauf-Union, sondern die 18-jährige Läuferin Susanne Stadlmüller hatte ihn als freiberuflichen Trainer engagiert. Auch weitere Sportler arbeiteten mit Fajfr. Nach sportlichen Misserfolgen hatte die damals 23-jährige mehrfache deutsche Meisterin Annette Dyrtr Fajfr 2006 engagiert. „Herr Fajfr schubst mich, ich brauche das“, hatte sie gesagt. Nur mit so einem harten Hund als Trainer traute sie sich ein Comeback zu, das dann auch gelang.
Dei DEU zieht sich aus der Verantwortung
Als Isaak Droysen aus Würzburg zu ihm nach Oberstdorf wechselte, hatte der damals 15-Jährige keine Ahnung von Fajfrs Vergangenheit. Erst sehr spät hatten seine Eltern einen Hinweis von anderen Eislaufeltern erhalten, im Internet Informationen über Fajfrs Vergangenheit gefunden.
Karel Fajfr selbst hat die Fragen, die die taz an seinen Verein in Oberstdorf geschickt hat, nicht beantwortet. Gegenüber der Main-Post, die zuerst über den Fall berichtet hatte, hatte der 75-Jährige allerdings alle Vorwürfe zurückgewiesen.
Der Präsident der Deutschen Eislauf-Union, Dieter Hillebrand, sagt der taz, sein Verband hätte einen Teil der Vorwürfe ihres Sportlers erst aus der Presse erfahren. Er will ihm jetzt ein Gespräch anbieten. Da Fajfr seine 1995 verhängte Strafe verbüßt hat, gelte ihm gegenüber allerdings „der rechtsstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung“. Zur Frage, ob der Verband diesen Grundsatz mit dem Kinder- und Jugendschutz abgewogen habe, sagt Hillebrand, dies würde die DEU „in strafrechtliche Probleme bringen“. Er erklärt: „Wir können keiner Person vorschreiben, bei Herrn Fajfr nicht zu trainieren, weil dieser in seiner Berufsausübung frei ist.“
Das stellt ein Trainer, mit dem die taz gesprochen hat, anders dar. „Im April hat die Leistungssportkommission unseres Verbandes beschlossen, dass minderjährige Kadersportler nicht mehr bei Fajfr trainieren dürfen. Ein Haupttrainer darf ihm allerdings Übungseinheiten übertragen, falls er selbst in der Verantwortung bleibt“, sagt der Mann, der anonym bleiben möchte. Er sagt, es gäbe bereits lange kontroverse Debatten in der Deutschen Eislauf-Union zum Umgang mit Fajfr.
Nachtrag:
Herr Karel Fajfr wurde am Montag, 08.02.2021, vom Amtsgericht Sonthofen wegen des verbliebenen Vorwurfs, er habe Herrn Droysen einmal geohrfeigt, freigesprochen.
Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Herrn Fajfr wegen der weiteren Vorwürfe von Herrn Droysen (Schläge auf Arme, Beine, Rücken und ins Gesicht) wurde zuvor von der Staatsanwaltschaft mangels Tatverdachts eingestellt.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
Absturz der Kryptowährung $LIBRA
Argentiniens Präsident Milei lässt Kryptowährung crashen