Gesetzentwurf für Corona-Notbremse: 284 Kreise mit Ausgangssperre?

Die Bundesregierung legt einen Entwurf für ein Notbremsen-Gesetz gegen die dritte Covid-Welle vor. AfD und FDP lehnen diesen ab.

Ein abgesperrter Steg am Starnberger See

Ausgangssperre, hier am Starnberger See: Der Bund will solche Maßnahmen zentraler regeln Foto: Peter Kneffel, dpa

BERLIN taz | In weiten Teilen Deutschlands soll bald eine Corona-„Notbremse“ mit Ausgangssperre und Shutdown gelten. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den die Bundesregierung am Samstag an Fraktionen und Länder zur Stellungnahme geschickt hat. Der Gesetzentwurf liegt der taz vor.

Konkret geht es um eine „Formulierungshilfe“ der Bundesregierung für die Koalitionsfraktionen. CDU/CSU und SPD sollen den Gesetzentwurf dann sofort in den Bundestag einbringen. Die Bundes-Notbremse soll in einem neuen Paragraf 28b des Infektionsschutzgesetzes geregelt werden.

Sobald in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt der Inzidenzwert (Zahl der Covid-Infektionen binnen 7 Tagen pro 100.000 EinwohnerInnen) über 100 steigt, sollen automatisch die im Gesetz festgelegten Maßnahmen in Kraft treten. Dies betrifft derzeit nach Daten des Robert Koch-Instituts 284 von 412 Landkreisen.

Folgende Maßnahmen sollen zu dieser Notbremse gehören:

• Ausgangssperre von 21 Uhr bis 5 Uhr (Ausnahme: „gewichtige und unabweisbare Gründe“ wie medizinische Notfälle oder berufliche Tätigkeiten)

• Einzelhandel ist geschlossen (Ausnahmen u. a.: Lebensmittel, Bücher, Gartenbedarf)

• Gastronomie ist geschlossen (Ausnahme: Takeaway)

• Freizeit- und Kultureinrichtungen sind geschlossen

• Sport ist untersagt (Ausnahme 1: Individualsport allein oder zu zweit oder mit dem eigenen Haushalt; Ausnahme 2: Profisport ohne Zuschauer)

• Private Treffen nur im eigenen Haushalt plus eine Person, maximal fünf Personen (Ausnahme: Demos und Gottesdienste)

Eine ursprünglich vorgesehene Pflicht zum Homeoffice wurde im zweiten Entwurf ersatzlos gestrichen. Ein höherer Inzidenzwert als 100 gilt nur für Schulen: Präsenzunterricht kann bis zu einem Inzidenzwert von 200 stattfinden.

Der Gesetzentwurf soll in der kommenden Woche im Bundestag beschlossen werden. Eine Zustimmung des Bundesrats ist bisher nicht vorgesehen. Bisherige Änderungen des Infektionsschutzgesetzes waren aber zustimmungspflichtig. Der neue Notbremsen-Paragraf 28b soll so lange in Kraft bleiben, wie eine „epidemische Lage nationaler Tragweite“ vorliegt. Darüber stimmt der Bundestag alle drei Monate ab.

AfD und FDP lehnen den Gesetzentwurf ab

Statt dieser gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen soll die Bundesregierung künftig bei einem Inzidenzwert über 100 per Rechtsverordnung auch andere Notbremse-Maßnahmen anordnen können. Diese Maßnahmen könnten strenger oder weniger streng sein. Außerdem könnte die Bundesregierung dabei Sonderregeln für Geimpfte und Getestete aufstellen. Erforderlich wäre dann die Zustimmung des Bundesrats, nicht aber die Zustimmung des Bundestags.

Nach der AfD hat am Sonntag auch die FDP-Fraktion das Notbremsen-Gesetz abgelehnt. Die Liberalen halten insbesondere die Ausgangssperre für unverhältnismäßig.

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