Gesetzentwurf aus dem Justizministerium: Fußfessel für prügelnde Männer
Der neue Justizminister Volker Wissing legt einen Entwurf zur Überwachung von Gewaltschutzanordnungen vor. Ob die Union zustimmt, scheint fraglich.
Seit 2002 gibt es das Gewaltschutzgesetz. Es ermöglicht den Familiengerichten, bei Partnerschaftsgewalt den Täter aus der Wohnung zu weisen und ihm die Annäherung an das Opfer zu verbieten. Wer eine derartige Gewaltschutzanordnung missachtet, kann mit Geldstrafe oder bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft werden. Jährlich gibt es rund 7.000 derartige Strafverfahren.
Nun will Wissing das Gewaltschutzgesetz um die Möglichkeit einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung ergänzen. Der Täter bekommt hierbei einen GPS-Sender am Fußknöchel befestigt. Wenn er sich in Zonen bewegt, die er nicht betreten darf, wird die Polizei informiert. Die Überwachung wird für bis zu drei Monate angeordnet, kann aber beliebig oft verlängert werden, solange eine Gefahr besteht. Technisch soll die Maßnahme über die gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder (GÜL) abgewickelt werden.
In sieben Bundesländern, darunter Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen, gibt es bereits entsprechende Regelungen. Bei einer bundesrechtlichen Regelung könnte die elektronische Fußfessel gegen gewalttätige Männer also in neun weiteren Bundesländern, darunter Berlin, Baden-Württemberg und Niedersachsen, angeordnet werden. Der Justizminister rechnet mit rund 100 zusätzlichen Anwendungsfällen pro Jahr.
Einsatz gegen Gefährder und Schwerverbrecher
Wissing folgt damit einem Wunsch der Justizministerkonferenz und vieler Verbände. Wissings Vorgänger Marco Buschmann (FDP) hatte eine bundesweite Regelung zunächst abgelehnt, für Gefahrenabwehr seien die Länder zuständig. Er hatte seinen Widerstand aber im Sommer aufgegeben und eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet. Auf deren Vorschlägen beruht nun Wissings Gesetzentwurf, der zudem vorsieht, dass die Familiengerichte auch ein Anti-Gewalt-Training anordnen können.
Bis 13. Dezember haben Länder und Verbände Gelegenheit zur Stellungnahme. Im Januar soll der Gesetzentwurf im Kabinett beschlossen werden. Theoretisch könnte die Gesetzesänderung noch vor der geplanten vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar beschlossen werden. Es gibt aber noch keine Signale, dass FDP oder CDU/CSU dem Gesetzentwurf zustimmen wollen. Günter Krings, rechtspolitischer Sprecher der CDU/CSU, schlug vielmehr vor, dass SPD und Grüne einem entsprechenden Gesetzentwurf der CDU/CSU zur Mehrheit verhelfen. An diesem Mittwoch findet im Bundestag hierzu eine Expertenanhörung statt.
Neben dem Gewaltschutz gegen prügelnde Männer kann die elektronische Fußfessel bisher schon im Rahmen der Führungsaufsicht bei der Überwachung von strafentlassenen Schwerverbrechern genutzt werden. Auch der Einsatz gegen terroristische Gefährder ist nach dem BKA-Gesetz und vielen Landespolizeigesetzen bereits möglich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Habeck wirbt um Fachkräfte in Kenia
Gute Jobs, schlechtes Wetter
Gesetzentwurf aus dem Justizministerium
Fußfessel für prügelnde Männer
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style