Gesetz für Anpassung an den Klimawandel: Deutschland fit für Extremwetter
Der Bund will Länder und Kommunen zu mehr Vorsorge für den Klimawandel verpflichten. Das Ziel: Schäden abmildern. Das Problem: Noch fehlt Geld.
Laut Studien könnten sich die Schäden durch die Erderhitzung je nach deren Ausmaß allein für Deutschland bis zur Mitte des Jahrhunderts auf bis zu 900 Milliarden Euro summieren. Heute gebe es bereits enorme Auswirkungen durch den Klimawandel, sagte Umweltministerin Steffi Lemke. Vor genau zwei Jahren, in der Nacht vom 14. zum 15. Juli 2021, starben über 180 Menschen bei den Überschwemmungen im Ahrtal. „Hitze und Dürre, Starkregen und Hochwasser – Wetterextreme werden in Zukunft häufiger und zwingen uns zur Vorsorge und Anpassung an die Folgen der Klimakrise“, betonte die Grünen-Politikerin. Deshalb brauche es einen verbindlichen Rahmen, der die Klimavorsorge von Bund, Länder und Kommunen abstimmt. Ziel: Klimaschäden vor Ort abmildern.
Das Gesetz soll Länder und Kommunen verpflichten, lokale Risikoanalysen und Anpassungspläne zu erstellen und umzusetzen. Der Bund verpflichtet sich außerdem, eine Vorsorgestrategie mit messbaren Zielen bis Ende 2024 zu beschließen. Zudem ist vorgesehen, regelmäßig Schadensdaten nach Wetterextremen zu erheben. Auch die Ausgaben des Bunds für die Klimaanpassung sollen analysiert werden.
Beim Geld liegt der Knackpunkt. Lemkes Gesetzentwurf kassierte zwar insgesamt Lob von vielen Seiten. Gleichzeitig hieß es, Ländern und Kommunen müsse bei der Vorsorge für den Klimawandel finanziell unter die Arme gegriffen werden. Die Anpassung an die Erderhitzung sei eine „Mammutaufgabe für Jahrzehnte“, kommentierte etwa der Deutsche Städtetag und forderte mehr Mittel.
„55 Milliarden Euro und 16.200 Stellen“
„Bund und Länder schätzen den Finanzbedarf für Klimaanpassungsmaßnahmen in Ländern und Kommunen bis 2030 auf insgesamt 55 Milliarden Euro und den Personalbedarf für die Umsetzung auf 16.200 Stellen“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. Derzeit sei es „unmöglich, diese nötigen Maßnahmen flächendeckend umzusetzen“. Und auch inhaltlich ging der Städtetag Lemkes Pläne an: „Schade ist es, dass das Klimaanpassungsgesetz die Minimierung von Versiegelung nicht konkret in den Blick nimmt“, erklärte Dedy. Es gehe aber „darum, möglichst viele Böden zu erhalten, in denen Wasser versickern kann“.
Um mehr Geld des Bunds – so dass „die kommunale Wasserwirtschaft auf Fördermittel für die Bewältigung dieser Aufgabe zugreifen kann“ – ging es auch dem Verband kommunaler Unternehmen, der bundesweit über 1.500 Stadtwerke vertritt. „Nur so können steigende Entgelte für die Bürgerinnen und Bürger durch die notwendigen zusätzlichen Investitionen abgefedert werden“, hieß es. Landkreistagspräsident Reinhard Sager forderte „eine „Finanzierungszusage der Länder, denn dies darf nicht an den Kommunen hängen bleiben“. Es sei „unbedingt notwendig“, dass die Finanzierung der neuen Klimaaufgabe gewährleistet sei.
Tatsächlich ist noch vage, wer wie für die Anpassung an die Extremwetter zahlen soll. Laut Umweltministerium müssten Bund und Länder eine langfristige Finanzierung noch diskutieren. Lemkes Gesetzentwurf wird nun an Bundestag und Bundesrat übermittelt. Das Gesetz soll 2024 in Kraft treten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles