Gericht kippt Ablehnung von US-Antrag: Assange droht doch Auslieferung

Der Wikileaks-Gründer muss nun damit rechnen, an die USA ausgeliefert zu werden. Ein Londoner Gericht kippte eine vorherige Entscheidung.

Ein Teilnehmer der Demo «Journalismus ist kein Verbrechen - Freiheit für Julian Assange» hat ein Bild des Wikileaks-Gründers Julian Assange in der Brusttasche seines Hemdes

Assange-Unterstützer im Juli in Berlin Foto: dpa/Fabian Sommer

LONDON taz | Wikileaks-Gründer Julian Assange droht nun doch die Auslieferung an die Vereinigten Staaten: Das Berufungsgericht in London hat das Auslieferungsverbot für Assange an die USA aufgehoben. Damit ist ein voriges Urteil der Richterin Vanessa Baraitser hinfällig.

Sie hatte Anfang des Jahres befunden, dass Assange aufgrund seines psychischen Zustands bei strikten US-Haftbedingungen mit Isolation unter Suizidrisiko stünde – insbesondere, wenn er sich sogenannten administrativen Sonderbehandlungen unterziehen müsse. Zu diesen gehört, dass der Kontakt von Gefangenen selbst mit rechtlichen Ver­tre­te­r:in­nen mitgehört wird.

Am Freitagmorgen jedoch hieß es im Urteil des britischen Hochgerichts Royal Court of Jus­tice, Assanges Risiko eines Suizids sei durch die Zusicherungen der Vereinigten Staaten ausgeschlossen. Die US-Behörden hatten dem Vereinigten Königreich nach dem vorherigen Urteil diplomatische Zusicherungen gemacht, dass Assange nicht solchen Maßnahmen ausgesetzt werde, und dieser zudem sein Strafmaß nach erfolgreicher Verurteilung in Australien absitzen dürfe.

Man sei sich in der Folge sicher, dass die Richterin anders entschieden hätte, wären ihr damals schon diese Zusicherungen gemacht worden, verkündete Hochrichter Ian Duncan Burnett: „Diese Feststellung ist ausreichend, um diese Berufung als erfolgreich im Namen der USA auszusprechen.“

Keine sofortige Auslieferung

Eine sofortige Auslieferung As­sanges wird es jedoch nicht geben. Der Fall geht zunächst an das untere Gericht zurück und unterliegt dort weiteren Prüfungen sowie medizinischen Gutachten. Danach geht der Antrag an den britischen Innenminister Sajid Javid. Assanges Verteidigung hat die Möglichkeit, den Fall weiter ans höchste britische Gericht zu tragen.

Für Assanges Un­ter­stüt­ze­r:in­nen war das Urteil eine große Enttäuschung: Assanges Verlobte Stella Moris bezeichnete es als gravierenden Justizirrtum und kündigte an, in Berufung zu gehen. Craig Murray, ein britischer Ex-Diplomat und Assange-Unterstützer, bezeichnete das Urteil dennoch als teilweisen Sieg – weil die beiden Richter des Hochgerichts im Grunde zugaben, dass die Richterin der ersten Instanz Recht hatte, Assanges Auslieferung nicht zuzustimmen.

Lediglich die neuen Zusicherungen seien die Basis des Urteils in dieser Instanz. Und diese Zusicherungen kämen immerhin vom selben Staat, dessen Kriegsverbrechen Assange publik machte und der solche Zusicherungen in der Vergangenheit gebrochen habe, so Murray. Die Richter allerdings hatten in ihrer Begründung angegeben, dass es keine Gründe gebe, weshalb das Gericht die Garantien der USA nicht akzeptieren sollte.

Dem 50-jährigen Assange drohen in den USA bei einer Verurteilung zu insgesamt 18 Delikten mit Bezug auf den Zugang und die Veröffentlichung von Geheimakten des US-Militärs über die Einsätze im Irak und in Afghanistan bis zu 175 Jahre Gefängnisstrafe. Auf das Argument Assanges, er habe Kriegsverbrechen aufgedeckt, entgegnen die USA, dass er durch die Leaks das Leben von US-Kontakten gefährdet habe.

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