piwik no script img

Geplante Küstenautobahn A 20Ökonomisch und ökologisch irre

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Das Projekt Küstenautobahn A 20 zeigt, wie wichtig ein Stopp aktueller Fernstraßenbauprojekte ist – und eine Überprüfung des Bundesverkehrswegeplans.

Küstenautobahn A 20: der ökologische Preis ist unverantwortlich hoch Foto: Carsten Rehder/dpa

K ein Autobahnprojekt ist in klimapolitischer Hinsicht zu wahnsinnig und gleichzeitig zu teuer, um in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen zu werden. Das zeigt der Plan für die Küstenautobahn A 20 von Bad Segeberg in Schleswig-Holstein bis nach Westerstede in Niedersachsen. Der Bau der Küstenautobahn ist nicht zu verantworten – weder ökonomisch noch ökologisch. Die Kosten fallen nach Berechnungen des Naturschutzbundes BUND doppelt so hoch aus wie veranschlagt und liegen mit 25 Millionen Euro pro Kilometer deutlich über den sonst üblichen 10 bis 15 Millionen. Allein in Niedersachsen müssten 145 neue Brücken gebaut werden, das ist teuer. Das dürfte den Planer:innen auch klar gewesen sein. Der Verdacht liegt nahe, dass die Kosten bei der Kalkulation, wie so oft, bewusst nach unten gedrückt wurden, damit das Projekt politisch durchsetzbar war. Das muss korrigiert werden. Aber nicht durch Etaterhöhung, sondern indem das Vorhaben zu den Akten gelegt wird.

Auch der ökologische Preis ist unverantwortlich hoch. Nicht nur, weil durch die neue Autobahn mehr Verkehr und damit eine Steigerung des klimaschädlichen Ausstoßes von CO2-Emissionen provoziert wird, sondern auch, weil die Hälfte der 217 Kilometer lange Strecke durch Moorgebiete geht. Moorgebiete sind enorm wichtige CO2-Speicher.

Das Projekt Küstenautobahn zeigt, wie wichtig ein Stopp der aktuellen Fernstraßenbauprojekte und eine Überprüfung des Bundesverkehrswegeplans ist – wie von Umweltverbänden und den Grünen gefordert. Der Verkehrswegeplan legt fest, welche Bundesfernstraßen gebaut werden sollen. Diese Aufstellung ist zu Zeiten entstanden, in denen das Thema Klima bei Weitem nicht den Stellenwert hatte, den es heute zum Glück hat. Ökologische Folgen sind dort nicht so eingepreist, wie es nötig ist. Stimmen die Voraussetzungen nicht mehr, unter denen der Plan aufgestellt wurde, werden viele Projekte keinen Bestand haben. Die Bundesregierung muss den Mut aufbringen, ihre eigenen Vorhaben kritisch prüfen zu lassen und Konsequenzen daraus zu ziehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • An der A20 wird seit 1997 gebaut und die Strecke ist zu ca. 2/3 fertiggestellt. Jetzt einen Abbruch des Projekts zu fordern ist vielleicht nicht so ganz der ideale Zeitpunkt dafür, in Anbetracht der bereits investierten Gelder schon gar nicht aus ökonomischen Gründen.

    • @Ingo Bernable:

      1/3 einzusparen ist eine Menge "Holz".



      Warum die Grünen dem Verkehrswegeplan nicht konstruktiver Widerstand leisten ist mir unverständlich und hängt wohl mit Wahlstategie zusammen.

      Wir werden das noch nicht investierte (verschwendete) Geld noch gut brauchen können, wenn die Schäden der zukünftigen Klimakatastrophen nicht nur im TV zu sehen sind, sondern vor der eigenen Haustüre spürbar werden, und die Reparationen nötig werden, um unseren Alltag in gewohnter Weise (!) weiterhin aufrecht zu halten. Wenn die Versicherungen die aufkommenden Schäden nicht mehr regulieren, dann wird es auch der letzte Ignorant verstanden haben.



      Der Preis der Unvernunft wird sehr hoch sein.



      Wie sagte Herr Spahn - frei formuliert - so treffend für dieses Thema übertragbar, wir werden uns noch für so manchen Fehler entschuldigen müssen. Das der Verkehrswegeplan von Hrn. Scheuer nicht überarbeitet wird, ist verständlich, da dies nach Analyse seines bisherigen politischen und persönlichen Wirkens auf diesem Planeten leider nicht zu erwarten.

    • @Ingo Bernable:

      Die bis 1997 geplante A20 ist vielleicht fast fertig, die heute beschriebene A20 reicht aber noch von Schleswig-Holstein bis Westerstede. Damit fehlen noch hunderte Kilometer - völlig unnötig, teuer und ökologisch wahnsinnig.