Küstenautobahn von Polen bis Holland: Straße durchs Moorgebiet

Einen Planungsstopp für die Autobahn A20, einst A22, fordern Grüne, Bürger- und Umweltinitiativen in Niedersachsen. Doch die CDU nennt die Piste "unverzichtbar".

Kann weg, wenn die neue Autobahn kommt: die Elbfähre bei Wischhafen. Bild: dpa

HAANNOVER taz | Neuer Streit ist in Niedersachsen um den Weiterbau der Küstenautobahn A20, ehemals A22, entbrannt. Einen Planungsstopp haben Landtagsgrüne und Bürger- und Umweltinitiativen am Donnerstag gefordert.

Kurz zuvor hatte die CDU-Fraktion die A20 in einem Positionspapier für "unverzichtbar" erklärt. Sie verbessere die Hinterlandanbindung der Seehäfen und komme der Bedeutung Niedersachsens "als Drehscheibe für den europäischen Reise- und Transitverkehr zugute", so Fraktionschef Björn Thümler. Ministerpräsident David McAllister (CDU) hält die A20 gar für "eines der entscheidenden Autobahn-Neubauprojekte für ganz Deutschland".

Auf 121 Kilometern soll die A20 in Niedersachsen entlang der Nordseeküste weitergebaut werden. Bislang führt sie vom brandenburgischen Schwedt entlang der Ostseeküste durch Mecklenburg-Vorpommern nach Bad Segeberg in Schleswig-Holstein. Geplant ist in Schleswig-Holstein eine Fortführung von Bad Segeberg nordwestlich vorbei an Hamburg bis nach Glückstadt. Durch einen Elbtunnel soll sie weiter nach Niedersachsen führen und dort von Drochtersen über Bremerhaven bis zur A28 bei Westerstede verlaufen. Bis 2020 soll das Projekt fertig gestellt sein.

Für den Verkehrspolitiker der Grünen, Enno Hagenah, sind das "Planungen aus dem vergangenen Jahrhundert". Statt in "Wolkenkuckucksheime" solle stärker in den Ausbau des Schienenverkehrs investiert werden. "Die Autobahn hat mit Niedersachsen eigentlich nichts zu tun", sagt er. Sie verbinde vor allem die niederländischen Häfen mit Osteuropa und Skandinavien.

79 Millionen Euro Landesmittel fließen bereits in die A20-Planungen. 1,4 Milliarden Euro soll der Bau des niedersächsischen Abschnitts kosten. Übernehmen soll die der Bund - hofft die CDU.

Auf die Schäden, die beim Bau der Autobahn vor Ort erwartet werden, verweist Susanne Grube vom Koordinierungskreis aus Bürgerinitiativen und Naturschutzverbänden: Fast die Hälfte der geplanten Strecke führe durch geschützte Moorgebiete, landwirtschaftliche Flächen würden zerschnitten, das Gebiet zersiedelt. Knapp 200 betroffene GrundstückseigentümerInnen haben bereits Absichtserklärungen unterzeichnet, dass sie ihr Land nicht für den Autobahn-Bau abtreten. Damit, so Grubes Hoffnung, könnten die KritikerInnen Zeit gewinnen.

Derweil laufen die Planungen weiter: In Schleswig-Holstein hat in diesen Tagen das Anhörungsverfahren zum A20-Teilstück zwischen Elmshorn und dem niedersächsischen Drochtersen begonnen. In Niedersachsen bereitet die zuständige Landesbehörde derzeit das Planfeststellungsverfahren vor. Den Startschuss hatte im vergangenen Herbst der CDU-Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums, Enak Ferlemann, gegeben: Er hatte die vom Bund abgesegnete Linienbestimmung vorgelegt und den ursprünglich als A22 geplanten Abschnitt in A20 umbenannt. Ganz so, wie es Industrie- und Handelskammern und FDP-Wirtschaftsministerium stets gefordert hatten.

Die GegnerInnen indes sprechen nach wie vor von der "A22/20". Als "weiterer Bedarf" läuft die A22 im aktuell gültigen Verkehrswegeplan des Bundesumweltministeriums. 2015, so die Ankündigung von Staatssekretär Ferlemann, soll sie als A20 zum "vordringlichen Bedarf" aufsteigen.

Dann wäre auch die Finanzierung der Autobahn gesichert: "Vordringlicher Bedarf" ist im Investitionsrahmen des Bundes disponiert.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.