piwik no script img

Geplante Kühne-Oper in HamburgJetzt kostet sie die Stadt schon eine Viertelmilliarde

André Zuschlag
Kommentar von André Zuschlag

Höchstens 147,5 Millionen Euro würde Hamburg für die neue Oper bezahlen, hieß es im Februar. Nun kommt heraus: Die Stadt gibt mehr als 250 Millionen.

Von zusätzlichen 104 Millionen Euro für die Kühne-Oper war keine Rede: Carsten Brosda und Peter Tschentscher im Februar Foto: Christian Charisius/dpa

V ielleicht hat die versammelte Hamburger Presse, die taz eingeschlossen, ja einfach nur nicht gut genug aufgepasst – damals im Februar, als der Hamburger Senat feierlich bekannt gab, dass die Stadt eine neue Oper von Klaus-Michael Kühne geschenkt bekommt.

Er bezahlt sie. Punkt, aus. Einzig das ausgewählte Grundstück, eine wertvolle Brache an der Elbe, kommt dafür aus dem Eigentum der Stadt. Und, nun gut, die nötigen Vorbereitungs- und Erschließungsarbeiten der Fläche übernimmt die Stadt auch: 147,5 Millionen Euro und dann ist wirklich Schluss. Alles Weitere bezahlt der Milliardär.

So klang das aus den Mündern von Bürgermeister Peter Tschentscher und Kultursenator Carsten Brosda (beide SPD), so war es überall zu lesen. Hätte man damals die zeitgleich verschickte Pressemitteilung des Senats ganz genau gelesen, wäre an einer wichtigen Stelle das unscheinbare Wort „außerdem“ aufgefallen.

Will Hamburg die Kosten nur peu à peu bekannt geben?

Hat nur niemand so recht und deshalb wurde erst am Dienstag – mehr als ein halbes Jahr später – bekannt, dass die Stadt tatsächlich mehr als eine Viertelmilliarde Euro für den Bau der anvisierten neuen Oper hinzugibt.

In Wahrheit sind die 147,5 Millionen Euro nämlich gar nicht für vorbereitende Maßnahmen, sondern für den Opernbau selbst eingeplant. In den Worten des Senats: für die „standortspezifischen Mehrkosten“, die ein Gebäude direkt am Wasser mit sich bringt. Für Flutschutz, etwa. Die Erschließungsarbeiten indes fallen unter die nun erstmals genannten 104 Millionen, die – das hätte man damals nicht übersehen dürfen – „außerdem“ hinzukommen.

Mit diesen 104 Millionen Euro sollen auch der die Oper umgebende Freiraum und die Promenade bezahlt werden, erklärten die Se­na­to­r:in­nen für Kultur, Stadtentwicklung und Finanzen (alle SPD) am Dienstag. Das sei alles ein ganz normaler Vorgang, beteuerten sie, als sie die zuvor unbekannte Zahl im Munde führten. Auch davon, dass der Opernneubau ein „Geschenk“ von Klaus-Michael Kühne an seine Heimatstadt sei, ließen sie nicht ab.

Das kann man so sehen: Wenn die Stadt für 251,5 Millionen Euro eine nagelneue Oper bekäme, wäre das ein spottbilliger Preis – fühlt sich fast wie ein Geschenk an.

Andererseits: Wenn der Senat jetzt schon, lange bevor die Planung des Baus begonnen hat, die erfahrungsgemäß erhebliche Kostensteigerungen nach sich ziehen dürfte, versucht, die öffentlichen Kosten peu à peu und zeitlich ordentlich gestreckt bekanntzugeben – dann sollten alle Alarmglocken bei den Abgeordneten der Bürgerschaft schrillen. Die müssen nun nämlich dem Zuschuss zustimmen.

Und: Ist das wirklich ein Geschenk, wenn es Kosten verursacht? Oder viel mehr: Wenn zwei Partner sich den Preis teilen, bei dem der eine etwas mehr dazugibt als der andere? Selbst wenn Kühne für sein Denkmal am Ende eine seiner zahlreichen Milliarden bereitstellt, wäre das Verhältnis immer noch weit entfernt davon, ein Geschenk zu sein.

Vielmehr sieht das immer mehr nach einem für beide Seiten ordentlichen Deal aus, der da in Hinterzimmern ausgehandelt wurde: Kühne bekommt sein Denkmal, der Hamburger Senat finanzielle Hilfe. Mehr aber auch nicht – und ganz sicher ist das kein Geschenk.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

André Zuschlag
Redakteur taz nord
Jahrgang 1991, hat Politik und Geschichte in Göttingen, Bologna und Hamburg studiert. Von 2020 bis August 2022 Volontär der taz nord in Hamburg, seither dort Redakteur und Chef vom Dienst. Schreibt meist über Politik und Soziales in Hamburg und Norddeutschland.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Der Asterixkenner weiß: "Quidquid id est, timeo Danaos et dona ferentes."

  • Kultur, gemeint ist immer die Kunst und nicht die Agrikultur oder das Toilettenpapier, sei ja so wichtig für die Demokratie, da können Staat und Gesellschaft schon mal ein paar Milliarden pro Jahr springen lassen. Kunst- und Kulturförderung ist nach dem Grundgesetz in Deutschland in erster Linie Sache der Länder und Gemeinden, der Bund spielt aber auch mit. Was dem demokratischen Miteinander dienen soll, ist zum einen Teil von öffentlichem Standortmarketing, zum anderen Teil willkommene Subventionierung von Kulturschaffenden und auch ganz viel Selbstdarstellung von Stiftern und Sponsoren. Die Mächtigen und Vermögenden setzen schon lange Prunkarchitektur, Opernspektakel, kuriose Sammlungen, aber auch Sport und Militärparaden als Hilfsmittel der Machtpräsentation ein. Daran hat sich mit Umstellung auf liberale Demokratie nichts geändert. Im Gegenteil: So viel Kulturangebote wie heute, gab es nie. Eliten aus Politik und Wirtschaft wollen sich weiterhin repräsentieren und bitten dafür auch die Allgemeinheit zur Kasse.