piwik no script img

Geldwäsche bekämpfenDicke Bündel nur noch im Film

EU-Kommission will Barzahlungen über 10.000 Euro untersagen. Deutsche Verbraucherschützer sehen das kritisch.

Wohin mit den ganzen Scheinen? Foto: imago

Berlin taz | Um illegale Geldwäsche zu erschweren, will die EU-Kommission wohl 10.000 Euro als Obergrenze für die meisten Barzahlungen festlegen. Sollten die kommenden Verhandlungen zwischen Kommission, EU-Parlament und Regierungen diese Regelung bestätigen, müsste auch Deutschland sie einführen. Die Obergrenze ist hierzulande umstritten.

Der Vorschlag ist Teil eines Gesetzespakets gegen Geldwäsche, das EU-Kommissionsvize Valdis Drombovskis und Kapitalmarkt-Kommissarin Mairead McGuinness am Dienstag nach Redaktionsschluss vorstellen sollten. Dazu gehört die Einrichtung der neuen Anti-Geldwäsche-Behörde AMLA, die entweder in Frankfurt am Main oder in Paris sitzen soll. Beide Städte und ihre Lobbys plädierten für den Zuschlag. Im Paket steht auch, dass Banken künftig ab Bareinzahlungen von 10.000 Euro auf Konten die Finanzaufsicht informieren müssen. Außerdem sollen Dienstleister für Kryptowährungen und Crowdfunding in die Anti-Geldwäsche-Regulierung einbezogen werden.

Als Geldwäsche wird die Einspeisung kriminell erworbener Mittel in den sichtbaren Wirtschaftskreislauf bezeichnet – etwa als Einzahlung von Drogengeld auf Bankkonten oder Bar-Investition in Immobilien. Schätzungen der Polizeibehörde Europol zufolge belaufen sich die illegalen Transaktionen auf Hunderte Milliarden Euro jährlich.

In Artikel 59 des Entwurfs der EU-Regulierung hieß es: „Händler und Dienstleister sollen nur Barzahlungen bis zu einer Höhe von 10.000 Euro leisten oder annehmen.“ Auch beim Kauf von Autos, Wohnungen, Kunst, Schmuck oder Edelmetallen würde diese Grenze gelten. Höhere Beträge müssten von Konto zu Konto überwiesen werden, wodurch sie Spuren bei den Finanzinstituten hinterlassen. Ausgenommen sind allerdings Zahlungen zwischen Privatleuten zu nicht geschäftlichen Zwecken, etwa Geschenke.

Im Leben der meisten Menschen spielen Barzahlungen über 10.000 Euro keine Rolle. Trotzdem scheinen viele Leute diese grundsätzliche Möglichkeit zu schätzen, weil sie anonym erfolgt und vom Staat kaum zu kontrollieren ist. Klaus Müller, Chef des Verbandes der Verbraucherzentralen, warnte davor, „das Tor für eine absolute Kontrolle der Verbraucherinnen und Verbraucher“ zu öffnen.

Der Bundesverband der privaten Banken (BdB) begrüßte das Regulierungspaket grundsätzlich. „Es ist gut und wichtig, dass die EU wichtige Themen der Geldwäsche einheitlich regelt“, sagte Geschäftsführer Andreas ­Krautscheid.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
  • "Der Bundesverband der privaten Banken (BdB) begrüßte das Regulierungspaket grundsätzlich."



    Ja nee, klar. Ist aus Sicht der Banken natürlich ein Schritt in die richtige Richtung: Wenn das Bargeld erst mal abgeschafft ist, haben sie bei Gebühren und Negativzinsen freie Hand.

  • Das ist doch der logische Schluß: Selbst die Mafia braucht kein Bargeld mehr für ihre Geschäfte (Bitcoin läßt grüßen) und die Schwarzen Kassen der schwarzen Parteien werden traditionell in Schweizer Franken abgerechnet.

  • Ein Luxusproblem von Menschen mit sehr viel Geld. Die Mafia wird sich an dem Gesetz nicht stören, denn die kümmert sich eh nicht um Gesetze. Allenfalls für Politiker mit Geldkoffern (wie einst Herr Schäuble) wird es jetzt bequemer, weil sie nicht mehr so schwer tragen brauchen.

  • Na toll, wenn ich also in Zukunft gebrauchte Autos kaufen will, muss ich das digital abwickeln, damit irgendwer an irgendwelchen Provisionen und Gebühren verdienen kann, wenn's schnell gehen muss.

  • 9G
    91655 (Profil gelöscht)

    Ach je, was machen nur die armen Schwarzgeldbesitzer, die Mafia usw.

    Bargeld abschaffen!

    • @91655 (Profil gelöscht):

      Stehen sie darauf, dass bis zum letzten Cent nachverfolgt werden kann wofür sie ihr Geld ausgeben? Der Überwachungskapitalismus und die Geheimdienste werden die Korken knallen lassen wenn es soweit ist. Die "Mafia" wird es wenig jucken, weil die Finanzindustrie korrupt und kriminell genug ist, damit alles weiter läuft. Das wissen die Befürworter ganz genau. Es geht ihnen um den gläsernen Bürger. Unsere Freiheitsrechte stehen auf dem Spiel.

    • @91655 (Profil gelöscht):

      "Bargeld abschaffen!"



      Das Resultat wird sein, dass die OK andere Zahlungsmittel finden wird (Gold, Rohdiamanten, ...) während das komplette Konsumverhalten von Normalbürger*innen gläsern wird. Dass eine so angehäufte Datenbasis ein enormes Missbrauchspotential hat das bei allen möglichen Akteuren Begehrlichkeiten wecken wird ist da fast noch das geringere Problem gegenüber dem Umstand, dass einmal vorhandene Daten erfahrungsgemäß nicht wieder gelöscht werden. Schon heute haben wir es mit einer proto-faschistischen Partei zu tun die auf Landesebene bis zu 27% erzielt, lokal teils über 50%, und niemand kann mit Sicherheit vorhersagen ob wir es nicht in 10 oder 20 Jahren mit einer Regierung zu tun haben unter der der heute getätigte Einkauf eines Werks von Marx, Butler, Seyfried oder der taz-Redaktion Anlass genug für eine Einweisung ins Umerziehungslager ist. Besser also, man trägt Sorge dafür, dass entsprechenede Daten gar nicht erst anfallen. Ein vollständig überwachbares Zahlungssystem ist mit einer freiheitlichen Gesellschaft unvereinbar.

    • @91655 (Profil gelöscht):

      Volle Zustimmung von Big Brother!



      Die "armen Schwarzgeldbesitzer" hier in den Niederlanden haben schon zwangsweise ihr Geld nicht auf die Bank gebracht, weil sie dort schon ab geringen Beträgen Vermögenssteuer zahlen müssen. Dank Inflation und Nullzinsen haben sie jahrelang ihre Altersrücklage schrumpfen sehen, bis sie begonnen haben, das Versteck unter der eigenen Matratze als günstigere Geldanlage zu erkennen. Dank Corona sind diese Reserven bei vielen aber inzwischen aufgebraucht. Damit ihnen sowas Unverschämtes nicht erneut gelingt, brauchen wir dringend solche neuen Gesetze.

  • Bei Kryptowährungen hilft nur verbieten.



    Kryptowährungen erlauben per Definition ein anonymes bezahlen und sind deshalb insbesondere in der Unterwelt so beliebt

  • 0G
    02854 (Profil gelöscht)

    Bargeld ist ein Auslaufmodell. Und wer Probleme hat mit digitalen Zahlungsmethoden, wirft am besten sein Handy, seine Kreditkarte, sein Auto und eigentlich alles was ein Chip hat weg.

    • @02854 (Profil gelöscht):

      Sie werfen dafür ihre Bürgerrechte weg. Was glauben sie was die genaue Dokumentation wofür sie ihr Geld ausgeben bei wem Begehrlichkeiten weckt? Wer genau weiß wofür sie ihr Geld ausgeben, weiß alles über sie.

    • @02854 (Profil gelöscht):

      Na vielen Dank auch, alle, die ihr Bargeld schätzen sind in Ihren Augen also die "letzten ihrer Art" und verschwinden hoffentlich bald in der Versenkung!



      Schöne neue Welt - Orwell läßt grüßen!!

      • @MahNaMahNa:

        Mahnamatha,



        Orwell gibt es nur dort wo der demokratische Rechtstaat fehlt.



        Wo fehlt der ? Zum Beispiel in Mexiko, wo Drogenkartelle täglich Menschen entführen und sich das Lösegeld mit Kryptowährungen bezahlen lassen.



        Der demokratische Rechtstaat kann sich gegen die organisierte, globale Kriminalität nur wehren, wenn er deren Finanzströme unterbricht. Solange es Bitcoins gibt, solange ist das prinzipiell nicht möglich.

        • @Paul Rabe:

          "Der demokratische Rechtstaat kann sich gegen die organisierte, globale Kriminalität nur wehren, wenn er deren Finanzströme unterbricht. Solange es Bitcoins gibt, solange ist das prinzipiell nicht möglich."

          ..und das hat jetzt genau was mit Bargeld zu tun?

          • @Encantado:

            Ja, da hatte ich in der Tat etwas verwechselt. Aber die Argumentation gilt natürlich auch für Bargeld, denn wenn es kein Bargeld mehr gibt, dann sind Finanzströme auch Jahrzehnte später noch nachvollziehbar.



            Das steigert das Risiko für organisiertes Verbrechen enorm, denn keiner kann wissen ob die "Omerta" wirklich für viele Jahre funktioniert und ein einziger Zeuge zusammen mit dokumentierten Finanzströmen kann dann zB ganze Drogenringe bedrohen.